Kindermord! Träum' ich oder wach' ich? Ist sie möglich, die Tat? Geschieht sie? Geschieht das Namenlose - nein, nicht das Namenlose, das Genannte, das in Worte gebrachte Verbrechen? Verhüll' dein Antlitz, Jahrhundert! Beug' dich nieder, Europa! Von deinen Richterstühlen erschallt die Antwort: Zu Tausenden werden meine Kinder von der Hand der Gebärenden erschlagen.
Verhüll' dein Antlitz, Jahrhundert! Beug' dich nieder, Europa! Die Antwort deiner Richterstühle erschüttert die Menschheit! Barbaren im Orient, Barbaren im Norden, Barbaren im Westen und Süden haben Richterstühle, in denen namenlos ist dieser Greuel deiner Richterstühle, Europa!
Europa! Was bringt deine Gebärerin zum Mord ihrer Kinder? Woher quillt die Verzweiflung im Busen des Mädchens, daß es, o Gott, vor der Stunde des Gebärens erbebt und im Fieber seiner Schmerzen ausstreckt die Hände der Wut und erwürgt das Kind seiner Schmerzen.
Bei seinen Sinnen tötet ein Mensch sein Fleisch und Blut nicht, und ein Mädchen, das bei seinen Sinnen ist, streckt seine Hand nicht aus gegen sein Kind und erwürgt nicht seinen Geborenen am Hals, bis er erblaßt. Steck ein das Schwert deiner Henker, Europa! Es zerfleischt die Mörderinnen umsonst! Ohne stilles Rasen und ohne innere verzweifelnde Wut würgt kein Mädchen sein Kind, und von den rasenden Verzweifelnden allen fürchtet keine dein Schwert.
Keine, keine von allen erspiegelt sich an dem Blut, das auf deinen Gerüsten herabfließt, o Gott, oft von dem Hals der betrogenen Verführten, die gestern noch unmündig scherzten und im Taumel gereizter Lüste umarmten einen Jüngling, der ihnen Treue, ewige Treue, Brot und Freuden und Seide und Gold zuschwor - beim Eide Gottes ihnen zuschwor und nichts im Sinn hatte zu halten.
Vergebens fließt das Blut deiner Kindermörderinnen, Europa! Laß deine Herrscher aufheben die Ursache ihrer Verzweiflung, so wirst du ihre Kinder erretten. Dein Schwert tötete viele bei meinem Gedenken, aber nur die Geschichte der ersten Ermordeten, von der ich reden hörte, will ich erzählen:
Sie blühte wie die reinste Rose des Gartens. Kaum war ihre Knospe entfaltet, als ein Verderber sie abriß von ihrem Stock, roch ihren Wohlgeruch, und sie dann hinwarf in den Kot, zertrat mit seinen Füßen und dann forteilte vom Garten, wo die Rose aufwuchs, sich enthüllte und einen Morgen bloß ihren Wohlgeruch duftete.
Er war hin, der Verderber, Meere und Königreiche trennten jetzt den Verbrecher von der Verführten, von der edlen und reinen Verführten; denn bei Gott im Himmel: das war sie, ehe der Verführer der lachenden heiteren wonnevollen Unschuld Schlingen legte und Fallstricke, ehe sie von ihm hörte das Lob ihres Herzens, ehe er ihr schwor, daß sie im größten Reiche die Erste der Angebeteten sein werde, ehe sie ihn sah auswerfen das Geld an Elende und Bettler, ehe sie seinem Herzen traute, ehe sie hinsank von Dankempfindung in seine Arme, da er ihren Vater mit einer Wohltat erquickt hatte. Bei Gott im Himmel, sie war edel und rein, bis er sie mit allem diesem verführt und dann am Abend des Gastmahls geschwächt hat, am schrecklichen Abend, wo der Wagen zur Abreise schon aufgepackt war, der dann am frühen Morgen den Verführer dem Auge der klagenden Unschuld entriß! Gott! du weißt, sie war geschaffen zu den reinsten Mutterfreuden, zu hängen am Kind ihres Herzens mit der Wonne und Liebe, mit der sie hing an dem Verbrecher, den sie edel und gut glaubte.
Aber der Verführer hat ihr den Abgrund der Greuel der Menschheit eröffnet und die Unerfahrene hingestürzt in Tiefen und Elend und Sorgen, daß ihre ganzen Monate durch ihr Herz zitterte, bebte und klopfte, stärker bebte, zitterte und klopfte, als es zitterte, bebte und klopfte am Tage ihrer Enthauptung. Ihre ganzen Monate durch verfolgte die Elende das Bild des Verführers, an dem ihr Herz gehangen und dem sie jetzt fluchte in ihrem greulichen Jammer.
Der Menschheit Stützen sinken dahin beim Mädchen, welches dem Jüngling, an dem sein Herz gehangen, jetzt fluchen muß. Bei ihm stirbt jede Hoffnung, und jeder Gedanke an die Freuden der Mutter ist ihm erschütterndes Elend. Wie eine Giftbeule, die Tod und Verderben droht, wächst in ihr das Kind des Verbrechers. Sie trägt's und fühlt keine Mutterempfindung, sie fühlt nicht, daß das Kind ihres Herzens dennoch Gottes heilige Gabe und auch ihr Kind ist. Sie fühlt nur den Greuel des Vaters und der Ängstigungen Menge und der Erwartungen Schrecknisse.
So gingen der Elenden ihre Monate vorüber; sie schmachtete nach Hilfe und Rat, aber Verzweiflung im Herzen nahm ihr in jedem Augenblicke Kraft zum Entschluß und zernichtete jeden Vorsatz zur Rettung. Scham und Angst und inneres Beben des Herzens hemmten den Mund. Sie durfte nicht reden, vor ihren Gespielen, vor ihrer frommen Mutter durfte sie's nie wagen, hierüber den Mund zu öffnen. Zehnmal versuchte sie es und wollte es wagen, der liebsten Gespielin ihren Jammer zu klagen. Aber allemal erstarrte auf ihrer Zunge das Wort, sie konnte nicht reden. Tränen flossen von ihren starren Augen und rollten über ihre blassen kalten Wangen, dann entfloh sie ihren Gespielen. Sie entfloh dem Antlitz der innig geliebten Mutter und dem Auge des gefürchteten Priesters, trug's mit sich selber, wollt's immer noch sagen, schob's immer doch auf.
Und plötzlich war sie da, die Stunde des Schmerzes der Mutter und die Stunde der letzten Verzweiflung. Die stählte den Arm der Mutter, zu würgen das Kind und zu stampfen mit ihrem Fuß gegen sein Herz. Ihr war's, das zeugte sie bei Gott in der Stunde des Todes, ihr war's, als sie würgte und stampfte, sie würgte mit der Hand den Verbrecher und stampfte mit dem Fuß gegen sein Herz. Jetzt war's geschehen, das Kind ihres Herzens war tot. Sie sah's und sank mit Todesgeschrei und der ersten Mutter- und Mörderempfindung in Ohnmacht!
Als sie wieder erwachte, nannte sie schauernd und bebend den Namen des Verbrechers, bat um den Tod und schmachtete nach der Erlösung aus ihrem Leiden und nach der Umarmung des getöteten, des erretteten, des ermordeten Kindes.
Das ist die Geschichte von der ersten Kindermörderin, von der ich reden hörte. Die Hand des Henkers schlug ihr das Haupt ab. Wie bang! wie bang! wie bang war's allen, die umherstanden, als sie fiel, die Enthauptete, von ihrem Stuhl. Wessen Herz schlug Unschuld und wessen Inneres zeugte dem Frömmsten und Besten: ich bin reiner als diese?
Sie war's nicht allein, in meinem Leben sah ich mehrere diese Strafe leiden. Zwar schien mir keine so rein, so edel, so in ihrer Unschuld geschlachtet wie diese. Alle, alle, von denen ich hörte, waren hingerissen zur Tat von Bildern grausamer Schrecknisse und marternder Beängstigungen.
Allenthalben, allenthalben ruft der Mörderinnen Geschichte, daß es unendlich wenig brauche, den Kopf eines verlassenen Mädchens zu verwirren, und daß, wenn sein Herz geängstigt und seine Sinnen verwirrt, eine solche Elende unaussprechlich schnell und leicht zu dieser schrecklichen Tat hingerissen werde.
Die Beschwerden des schwangeren Weibes sind an sich groß, und der Zustand einer verlassenen Geschwächten ist ohne alle Vergleichung ermattend. Die Vaterliebe und das frohe Sehnen nach der wachsenden Hoffnung, dieses Gegengewicht der Beschwerden einer gesegneten Mutter, mangelt den armen Verlassenen; darum erschöpfen ihnen die Beschwerden des Zustands so leicht ihre Kraft und ihren Mut, darum verwirren sie ihnen so leicht Gedanken und Sinne.
Meist tragen die Elenden ihren Jammer mit sich selber alleine und ersticken ihre Unruhe unter dem wallenden Busen, lassen Tage und Monate ohne einen Entschluß vorüber und leben in Angst, Sorgen und Unwissenheit ihres Schicksals, bis der Augenblick des letzten Entsetzens nun da ist, in dessen bebender Verwirrung sie dann morden.
Zahllos sind die Leiden ihres Zustands und unaussprechlich das Entsetzen ihrer Sorgen, und der Trost der Elenden auf Erden, das Gefühl der Erbarmungen Gottes, wird im leichtsinnigen lachenden Leben der Jugend nicht mächtig in ihnen gebildet, und die schwache Jugendlehre des Volkes wird von der Verführungen Anzahl, von der Lästerungen Greuel, von der Reizung namenloser Menge und von dem allgewaltigen Beispiel des ungöttlichen Lebens der Zeit früh in ihnen erloschen. Sie faßt bei wenigen Menschen im Innern ihres Herzens Wurzel, bei wenigen keimt sie mit Kraft und wächst zur reineren warmen Kinderempfindung empor, die in Elend und Not in Gottes Vaterarme hinfällt, seine Erbarmungen findet und sich rettet.
Das ist der Zustand der zahllosen Menge der verführten Mädchen; ihre Kräfte sind ungleich, und viele unter ihnen sind in jeder Absicht [Hinsicht] unendlich zu schwach, die Last ihres Elends zu tragen.
Gottes Erbarmen rettet unzählige Schwache, die sich in ihrem Elend erheben und durchdringen zum Gefühl seiner Liebe. Aber viele erliegen auch unter der Last ihres Elends und des bebenden Jammers, vergessen Gottes, des Vaters der Menschen, schlucken in sich Verzweiflung und fressen stille Wut und grimmige Rache lange geängstigte Tage, und hundert harte schlaflose Nächte fressen sie in sich die giftvolle Speise, die ihre Sinne verwirrt und oft langsam verbreitet den Gedanken des Mordes, oft aber ihn auch blitzschnell erzeugt in dem Entsetzen der letzten Verzweiflung und im Fieber der Mutterschmerzen.
Versunken im Meer ihrer Verzweiflung sieht dann die Elende auf den ängstigenden Fluten vor ihren verirrten Augen einen Strohhalm. Er scheint ihr ein Mastbaum, er scheint ihr ein rettendes Schiff. Hastig streckt die Elende nach ihm die Hand aus - sie bebt, die Hand, die sie ausstreckt, das Auge ist starre Verzweiflung und die Gebärerin mordet.
Gott ist diejenige Stütze des bebenden Elends, und alle Menschheit, die sich im hohen ängstigenden Jammer nicht gegen ihn neigt, sinkt unaussprechlich leicht hinab in die Tiefen der Verzweiflung, und diese gebiert dann unaufhaltsam die erbarmungswürdigen Taten, die wir Greuel heißen, die aber in Vergleichung mit kaltblütigen Taten, die so oft bei uns auf das mindeste nicht entehren, nicht Greuel sind.
Mit eherner Brust vergiftet der Verführer dem Mädchen die Quellen aller Genießungen dieses Lebens und lacht. Das verzweifelte Mädchen tränkt mit dem Giftquell sein Kind, weiß nicht, was es tut, und stirbt vor Jammer und mordet sein Kind!
Menschen! Wägt die Verbrechen, ehe ihr die Tat einer Verzweifelnden einen Greuel heißt Nicht bloß eine mit Rasen geäußerte Wut ist Verzweiflung; die Verzweiflung äußert sich oft gar nicht in wilden Taten, oft nicht einmal im wilden starren Blick, sie ist oft bloße Verwirrung des Kopfes, bloße Abschwächung der Kräfte, der Gedanken und Sinne.
Bei dem Schwachen, bei dem Entkräfteten, bei dem Unverständigen wird Verzweiflung nur größere Schwäche und größere Entkräftung des Verstandes und des Herzens. Darum sagt nicht, Menschen, daß ein Mädchen, welches seine Verzweiflung nicht heftig geäußert, darum sicher mit Vorsatz gehandelt habe, wenn es sein Kind ermordet.
Die Wirkung der Verzweiflung des Schwächsten ist gedankenloser Unsinn, namenlose Verstockung und tierischer Mangel an Vorsicht, und wo ihr dieses seht, mit tiefer Beklemmung und Schwäche begleitet, so sagt nicht, daß wirklicher Vorsatz die Hand der Elenden geleitet, die ihr Kind getötet.Es ist menschlicher, die Quellen der Verzweiflung dieser Elenden zu erforschen, als sie einer starken inneren Bosheit anzuklagen, die vergleichungsweise oft so auffallend nicht da ist.
Schwärzer, weit schwärzer ist, wenn du die innere Lasterhaftigkeit von Handlungen abwägen willst, die Bosheit und die Untreue der meisten Verführer, die das Herz der Elenden überwältigen und zu Handlungen des Leichtsinns verleiten, deren Folgen diese Elenden in den weit mehreren Fällen nur um der Hartherzigkeit der Verführer willen zum Kindermord verleitet. Des Mädchens Handlung ist gar nicht eine solche schwarze kaltblütige Bosheit wie diejenige, mit welcher der Jüngling seine Betrüge spielt. Ach die Elende mordet nur, weil sie verzweifelt, und verzweifelt nur, weil sie einem Verbrecher anhing, und sie mordet, weil ihr der gute tröstende Glaube an die Vatergüte Gottes, der alle Menschheit im Elend rettet, mangelt.
Wäre dieser Trost in ihrem Herzen, die Verlassene würde nicht verzweifeln und in ihren Tiefen dennoch rettende Mutterempfindungen fühlen. Aber wenn einmal der Grund der Verzweiflung gelegt ist und monatelang in der Tiefe des Herzens das letzte Gefühl der Menschlichkeit zernichtet und nun hin ist der letzte Funke der Liebe zu Gott und des rettenden Glaubens an Ihn, dann mordet, ja, dann mordet das Mädchen. Dann mordet, ja, dann mordet das Mädchen, und die sanfte, furchtsame, schüchterne Tochter, die vom Blut einer erschlagenen Taube erblaßt, würgt - ihr Kind.
In der schwarzen schauervollen Finsternis dieser Lage werden dann kleine unbeträchtliche Umstände, äußere Veranlassungen der Tat. In der angstvollen Verwirrung seines Jammers werden die Vorstellungen von zufälligen Gefahren und Sorgen, die auf ihns warten, zum Riesengebirge, das auf ihns fallen will. Hier gibt einer Geschwächten die Furcht vor den Strafen der Unzucht den schrecklichen Gedanken ins Herz.
Sie ist auch nicht weise an vielen Orten, diese Strafe. Hier muß ein armes Mädchen den Wert eines Jahrlohnes zahlen an edle Herren, die Gericht halten über die Unzucht, und die Summe eines halben an ihre scheckigen Knechte, Weibel, Läufer und Wächter, bis auf den Pfarrer. Und ist das Elend des Mädchens recht groß, hat der Verführer sich nicht dem Mädchen allein, hat er sich auch den Gerichten entzogen, so muß die elende Verlassene die Kosten und Sportelgebühren allein und ohne Entschädigung zahlen, denn auch die Sittengerichte sind in den Sporteln genau und nehmen meistenteils den Fehlenden ab, soviel sie fordern dürfen.
Darum aber sind arme verführte Mädchen oft übel dran, denn diese genauen Gerichte finden ihre Gebühren nicht beim Entlaufenen, sie dürfen sie beim Soldaten nicht suchen, und beim Empfohlenen ist immer nur das arme Mädchen im Fehler.
Aber es ist ein gerades schreiendes Unrecht, daß ein Mädchen, welches von einem Verführer verlassen oder von einem Krieger, vom schönen, reizenden, in allen Verführungskünsten geübten Krieger geschwächt wird, ein Mädchen, das, o Gott! von dem Mann, dem sein Stand kein Weib läßt, von dem Mann, den sein Fürst seinem Vater ins Haus einquartiert, mit dem der Arme sein Bett teilen, dem er die Kammer seiner Kinder einräumen muß - o Gott! es ist Unrecht, daß das Mädchen, das von einem solchen Verführer verlassen, oder von einem Junker, der den Gerichten nicht antwortet, geschwächt ist, den Gerichten an Sportelgebühren so viel bezahle als das glücklichere, welches der antwortende Jüngling entschädigen muß.
Dieses Unrecht ist um so viel schreiender, wenn diese Sportelgebühren groß sind, und sie sind wahrlich noch an vielen Orten recht groß und den meisten Verlassenen unerschwinglich, denn die guten Jünglinge verlassen die Mädchen fast immer nur um der Armut willen. Ich darf fast nicht fortschreiben und erzählen, was dann an vielen Orten auf die Elenden wartet, die den Lohn für die Sittengerichte am Bußtag nicht mit sich im Sack bringen.
Hier wird eine solche Unglückliche fortgeschleppt, von Eltern, von Verwandten, von Nachbarn, welche die Umstände kannten, Mitleiden hätten und milde und hilfreich an ihr handeln würden, in ein Zuchthaus, zu wohnen unter dem Abschaum von Menschen, zu ersticken in ihm selber den letzten Funken der Liebe zu Gott und zu den Menschen, zu verhärten in ihm selber sein Herz. Dort werden der Elenden um den Hals eiserne Ringe geschmiedet, klingende Schellen hangen ihr hoch über dem Kopf und sie muß als ein Vorwurf des unsittlichsten Spotts die Straßen der stolzen Gerichtsstadt reinigen und mit den Händen ihren Kot wegtragen, bis der Wert dessen mit ihrer Arbeit bezahlt ist, was sie am frommen Bußtag nicht im Sack hatte.
Dort werden sie mit von Stroh geflochtenen Kränzen und Zöpfen, mit Trommeln und Pfeifen zum Schauspiel des Mutwillens herumgeführt, und man erzählt von Orten, in denen die Bürgersknaben das Recht haben, ihnen eine Stunde lang Kot und Hühnereier, soviel sie wollen, ins Antlitz zu werfen; doch setzt man hinzu, der Edle Rat am Ort habe so viel Güte, daß er einen Wächter mit der Stadtfarbe hinzustelle, zu sorgen, daß die Knaben nicht etwa auch Steine nehmen, wozu sie keine Bewilligung haben.
Dort wird das Mädchen gebüßt mit der Strafe eines schwarzen greuelvollen Gefängnisses, in dessen finsterer Nacht es wochenlang bei Wasser und Brot hungert, friert, zittert und bebt. Dort reißt ein roher Gefängnisknecht diesen Elenden die Kleider vom Rücken und schlägt sie mit harten Rutenstreichen aufs Blut, die Sünde zu büßen. Das alles sind gerichtliche Strafen armer Huren, daß aber alle, die Geld haben, sich davon loskaufen können, das versteht sich von selbst.
Von den stilleren Schleichwegen, und dem Gerechtigkeitsspott, den sich besonders an kleinen ehrbaren Orten oft selbst die Gerichte gegen Mädchen erlauben, die einen Geehrteren des Ortes als ihren Verführer anklagen, will ich nicht reden, sie sind so entsetzlich, so allgemein, und so bekannt, daß die armen unglücklichen Mädchen, die an Ort und Stelle in eine so mißliche Lage geraten, fast nirgends mehr klagen, sondern meistenteils lieber sonst alles tun, was sie können und mögen. Das aber, was sie können und mögen, ist leider, Gott erbarm! nicht selten das Unglück, dem wir nachforschen.
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Name:
Dr. Arthur Brühlmeier
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