Meine Nachforschungen über den Gang der Natur in der Entwicklung des Menschengeschlechts

Rechtschreibung und Interpunktion entsprechen nicht der Kritischen Ausgabe von Pestalozzis Schriften, sondern der regularisierten Fassung auf der CD-ROM.

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Aufruhr

Er ist ein einfaches Benehmen meiner tierischen Natur, beim allgemeinen Fühlen oder auch beim allgemeinen Glauben des öffentlichen Unrechtleidens; Freilassung meines verdorbenen, verwilderten Instinkts beim Naturempfinden der Unerträglichkeit irgendeiner gesellschaftlichen Lage.

Also ist auch Tyrannei einfaches Benehmen meiner tierischen Natur beim individuellen Gefühl des Übergewichts meiner tierischen oder gesellschaftlichen Kraft über die tierischen und gesellschaftlichen Kräfte meiner Nebenmenschen; Freilassung meines verdorbenen, verwilderten Instinkts beim Naturempfinden der Möglichkeit, mein tierisches Wohl durch Unterjochung meines Geschlechts zu vergrößern.

Hinwieder ist Sklaverei das schiefe und falsche Benehmen meiner tierischen Entmannung beim Naturempfinden der Erträglichkeit, wohl auch der Behaglichkeit einer gesellschaftlich rechtlosen Lage, die Unterdrückung meines verdorbenen geschwächten Instinkts beim Fühlen des Mangels physischer Kraft, mein tierisches Wohl durch Widersetzung gegen physische Gewalt, unter der ich stehe, zu befördern.

Mit dem Aufruhr ist die Neigung zum Freilassen meines verdorbenen, verwilderten Instinkts wesentlich verbunden.

Diese Neigung aber lebt allgemein im erniedrigten rechtlosen Menschen, daher steht der Sklave immer an den Grenzen des Aufruhrs. Auch besteht die Kraft der Tyrannen wesentlich in der Kunst, die Vorstellung von der Unerträglichkeit einer rechtlosen Lage meinem Geschlecht aus seiner Einbildungskraft zu entfernen und ihm dagegen Vorstellungen von Glückseligkeit und sinnlichen Genüssen zu unterschieben.

Nebst Branntwein, Komödienhäusern, Bordellen, Feldmusik, unverhältnismäßigen Taxen, Justizverdienst, so auch zweckmäßige Leitung des Bonton und des Dienstglanzes, ist die Anpreisung von den Vorteilen eines blinden Gehorsams das beste Mittel zu diesem Zweck. Wenn eine Regierung einer solchen Lobpreisung auch nur ein wenig Ehre antut und den Glauben an die Vorteile der öffentlichen Blindheit der Bürger auch nur mit ein wenig Mäßigung begünstigt, so findet sie immer unzählige Mittel, die Völker, ohne Gefahr des Aufruhrs, zu ermüden, das ist: durch tierische Übung an die Unterjochung so zu gewöhnen, daß die Gefühle der Unerträglichkeit ihrer Lage bei ihnen nicht rege werden, bis die Kräfte der Selbsterhaltung bei ihnen verschwunden.

In diesem Fall freuen sich dann die Maitressen des Gouvernements über den Aufruhr, er wird dann ein Mittel, die Finanzen der Höflinge wiederherzustellen.

Der Aufruhr ist nie recht

Die Freilassung des verwilderten Instinkts schließt jeden Begriff eines Rechts aus.

Aber es ist gleich wahr, das Volk hat in Masse beim allgemeinen Fühlen des gesellschaftlichen Unrechts nie einen anderen Willen als zum Aufruhr, und es kann vermöge seiner Natur als Volk, als Masse, in diesem Fall keinen anderen haben.

Auch ist es eben um deswillen am Aufruhr höchst selten Schuld, das heißt: Der Grund, warum das Gefühl der gesellschaftlichen Rechtlichkeit in den Individuen der Masse verschwindet, liegt höchst selten in Umständen und Lagen, an deren Dasein diese Individuen als schuldtragende Ursachen können angesehen werden.
Ebenso wird es gar oft mit sehr viel Unrecht für den Aufruhr bestraft, das heißt: Es wird gar oft für die einfachen Folgen von Lagen und Umständen, in denen der Mensch in Masse keinen anderen Willen haben kann als zum Aufruhr, gestraft, als ob diese Umstände nicht da gewesen wären und als ob sie ihrer Natur nach anders auf die Masse des Volkes hätten wirken können, als sie wirklich getan haben.

Die Herrenknechte [Vorlage: fälschlich Herren Knechte; Pestalozzi meint die hohen Beamten], die den Schlüssel, mit dem man das Volk aufzieht und stillstellt, in den Händen haben, diese sind gewöhnlich allein Schuld, wenn es falsch schlägt oder falsch läutet, und diese sind es, die man nach meiner Meinung vor dem Aufruhr vorzüglich im Zaum halten und nach demselben vorzüglich bestrafen sollte.

Aber die Selbstsucht der Macht ist im Fall öffentlicher Gärungen immer auf die Bereitwilligkeit derber und arglistiger Menschen ängstlich aufmerksam und für die armselige Augenblickswirkung trügender Palliative [Notbehelf] schwachmütig dankbar; sie kommt deswegen auf diesem Wege natürlich immer auch dahin, Menschen, die ich wegen vorzüglichem Einfluß auf die Fundamentalquellen des Aufruhrs und namentlich wegen des Einflusses ihrer Derbheit und ihrer Arglist auf die Auslöschung der rechtlichen Gemütsstimmung der Landeseinwohner vorzüglich bestrafen würde, wegen vorzüglichen Dienstleistungen und Landestreue zu belohnen, ohne jedoch den kitzligen Punkt, was sie eigentlich Landestreue heißen, gar zu heiter zu machen.
Soviel ist gewiß: Alles was die gesellschaftliche Rechtlichkeit im Volk auslöscht, das ist immer die eigentliche und ursprüngliche Quelle des Aufruhrs.

Wer also in einem jeden Staat die meisten Sachen tut, durch die sich die gesellschaftliche Rechtlichkeit im Volk auslöscht, der ist es auch, der in demselben den Samen des Aufruhrs am meisten aussät, und ich denke, der ihn am meisten aussät, ist auch am meisten Schuld, wenn er aufgeht.

Ebenso, wer Umstände, Lagen in einem Land einlenkt und beschützt, die dem Recht des Volkes seine reine Kraft nehmen; hinwieder, wer Verhältnisse in einem Land ewig und allgemein erhalten wissen will, die den redlichen Mann im Lande empören, der bereitet den Aufruhr.

Man muß freilich oft Menschenalter zurückgehen, um den ersten Sämann dieses letzten Übels der Staaten zu entdecken und die erste Quelle zu finden, durch welche ein Volk nach und nach dahin gebracht worden ist, endlich in seiner Lage und in seinem Herzen gleich große Reize zum Aufruhr zu finden und zu der Stimmung zu gelangen, in welcher es dann die Staatsoberhäupter und das Gesetz für Spinnengewebe, das Recht für Betrug, die Ordnung für Unrecht und die Staatsdiener selbst, mittelbar oder unmittelbar, für Diebe an seiner Türe achtet und dahin kommt, die Vorteile von Glück und Ruhe zu mißkennen und sie als ein nichtiges Ding mit dir auf die Karten zu setzen.

Wenn das Volk einmal dahin gebracht ist, so hat denn Wahrheit und Recht keine Wirkung mehr auf dasselbe und kann in dieser Stimmung keine haben.

Wenn du ihm denn schon predigst, es habe kein Recht zum Aufruhr, deine weisen, aber für dasselbe zu spät und zur Unzeit kommenden Sprüche sind ihm denn ein Galimathias [sinnloses, verworrenes Gerede], von dem es nichts versteht und nichts ahndet, als daß du um deiner Sorgen und um deines Unrechts willen ihm leere Worte hinwirfst und hinwerfen müssest.

Die menschliche Natur vermag es nicht anders, sie muß durch Rechtlosigkeit am Ende in diese Stimmung versinken. Wenn du deinem Nachbarn sein Haus anzündest und er dir hernach deine Bäume umhaut, sich wieder ein neues zu bauen, was meinst du, was er dabei denkt, wenn du ihm zurufst: Halt! Halt, Nachbar! Du hast kein Recht zu diesen Bäumen!

Wenn die Macht das Volk rechtlos gemacht hat, so ist kein Gefühl des Rechts mehr in seiner Brust, und in diesem Fall wirkt das Gefühl des Unrechtleidens auf die Individuen desselben als auf Geschöpfe, die den Zaum der Rechtlichkeit nicht mehr in ihrem Munde haben. Die Folgen sind klar: Rechtlosigkeit und Zaumlosigkeit gehen immer gepaart, und der Zaum des Trugs und des Schreckenssystems, den man dem Volk dann anzulegen versucht, ist eine stählerne Kette, die dir am ersten zerspringt, wenn du sie am stärksten an dich zu ziehen genötigt bist.

Daß sich doch Europa nicht länger blende; seine Kunst zu herrschen nährt den Sansculottismus, und seine Kunst zu zäumen die Zaumlosigkeit im innersten Busen der Menschen. Es macht mit seinem Herrschen und Zäumen das Volk in seinem Innersten lieblos, treulos, verwegen, stolz, erbittert und ehrlos, und wenn es einmal auf diesem Punkt ist, so braucht es dann nur einen Augenblick der Staatsschwäche und der Staatsnot, so hast du kein Vaterland mehr, und dein blendender Kunstzaum ist dann ein Spinnengewebe, mit dem du kein Kind mehr hältst. Und wäre er dann nur das! Er ist dann eine feurige Rute, mit der du den zaumlosen Gaul am Rande eines Abgrunds aufs Blut peitschst.

Du willst das Volk in deinem Dienst zu einer leidenden Rechtlosigkeit erniedrigen, aber es hat im Wesen seiner Natur die gleichen Zwecke wie du, es lenkt vermöge seiner ersten Triebe dahin, den luftigen weiten Rock der Rechtlosigkeit zu wenden und ihn in seinem eigenen Dienst und dir zum Trotz anzuziehen. Der rechtliche Mann im Lande sieht die Gefahr dieser Wendung, sobald sie sich nähert, und dringt, sie zu verhüten, auf die Sicherstellung des gesellschaftlichen Rechts der Bürger aus allen Ständen.

Aber die Macht, die als solche im gesellschaftlichen Zustand immer dem Verderben ihrer tierischen Naturansprüche oder – welches ebensoviel ist – sich selbst als Werk der Natur unterliegt, und das Gesindel, insofern es das Werk einer solchen Macht ist, vereinigen sich in diesem Fall gar oft, den Wunsch der Landesrechtlichkeit zu hintertreiben.

"Lieber gehe der Staat zugrunde, als daß die Frage an uns komme, wie weit das Mißvergnügen des Volkes in seiner Rechtlosigkeit seinen Grund habe und wie weit ihm etwa durch Gesetze vorgebeugt werden könnte, die dem Tiersinn der Willkür und seiner gleich verderblichen Gnadenfülle und Gnadenlosigkeit Einhalt tun könnten!"

Also spricht der Heldensinn der Staatskünstler in Süden und Norden.

Aber der Mensch beugt sich unter dem Geist dieser Rede nur, wo er blind ist und wo er muß. Er nährt im bodenlosen Elend der Rechtlosigkeit allenthalben eben die Gefühle, die in der gesetzlosen Macht diese Grundsätze erzeugen, und faßt gegen sie, eben wie sie gegen ihn, seine tierischen Ansprüche mit der ganzen Gierigkeit seines tierischen Verderbens ins Auge. Das Benehmen ihrer Gesetzlosigkeit kränkt ihn immer um so mehr, je deutlicher er es einsieht, was sie eigentlich will. Wenn der Mensch einsieht, daß er durch sie rechtlos ist, so macht es ihm keine Freude mehr, für sie rechtlich zu sein. Ebenso, wenn er einsieht, daß das gesellschaftliche Recht für ihn keine Kraft hat, so bekümmert er sich auch nicht darum, ob es für einen anderen Kraft habe; er nährt also unter diesen Umständen immer Gefühle, die ihn dahin lenken, wenn der Fall da ist, im Strom der Empörung mitzuschwimmen und in der Tierprobe, wer der Stärkste im Lande sei, seine Rolle mitzuspielen.

Nur als Werk seiner selbst, nur als sittliches Wesen lenkt sich der Mensch in dieser Lage nicht zum Aufruhr. Und wenn die Empörung dann doch ausbricht, so wird dieser fest stehen zwischen dem Unrecht der Macht und dem Toben des Volkes, seiner Wahrheit getreu, aber keiner Partei.

Es wird nichts nützen:
Die Macht wird zu ihm sagen: Du mußt nur so reden, wenn du willst, daß wir alles, was wir nun einmal besitzen, verlieren. Und das Volk hinwieder: Du mußt nur so reden, wenn du willst, daß wir von allem dem, was uns von Gott und von Rechts wegen gehört, nichts erhalten.

Also wird er in der Mitte stehen zwischen Menschen, die seine Wahrheit auf beiden Seiten nicht wollen, und gar leicht ein Opfer seiner Gutmütigkeit werden durch die Leidenschaften der einen wie der anderen. [Pestalozzi spielt hier auf seine Erfahrungen als Vermittler im sog. Stäfner Handel an.]

Staatsrecht

Ganz ein Werk meines Geschlechts. In seinem Zweck tierisch, in seinen Mitteln vernünftig, ein Geschöpf der Masse ohne den Geist der Individualität und ohne ihre Gefühle, folglich in seinem Wesen ohne Sittlichkeit, dennoch aber dem Recht meines Geschlechts unterworfen; in seinen Folgen Quelle der bürgerlichen Ordnung und in der Hand der Individuen fähig, durch sich selber sich über sich selbst und über das Wesen seiner ursprünglichen Natur zu erheben.

Aber die Gewaltordnung, die wir nicht einmal Tyrannenrecht nennen können, ist nichts anderes als eine Folge des Erliegens des Staatsrechts unter das tierische Verderben der Staatsmänner.

Der Mensch, als Bürger, kennt die Sittlichkeit nicht, folglich ist sie nie Pflicht des Staatsmannes als eines solchen. Aber wenn er durch innere Veredelung seiner Individualität als Mensch seiner Bestimmung näher kommt, so wird er dadurch unfähig, als Staatsmann auf dem Punkt der bloßen tierischen Kraftwirkung, auf der die ganze äußere Form des Staates eigentlich ruht, beschränkt zu bleiben; er wird als Mensch in sich selbst genötigt, für das Menschengeschlecht mehr zu sein, als er als Staatsmann eigentlich dafür sein soll. Er wird als solcher unwillkürlich durch sich selbst genötigt, seine Staatskunst den Grundsätzen, die ihm als Werk seiner selbst für das Menschengeschlecht die wichtigsten sein müssen, näher zu bringen. Er ist als sittliches Wesen in sich selbst unfähig, das für den Vorteil des Staates zu erkennen, was auf die Zerstörung der ersten Grundsätze der inneren Veredelung unserer Natur gebaut ist.

Er ist als solches unfähig, irgend etwas als Nachteil für den Staat anzusehen, was wesentlich geschehen muß, wenn dem Fortschritt der inneren Veredelung seines Geschlechts nicht immer und ewig von Staats wegen unübersteigliche Hindernisse in den Weg gelegt werden sollen.

Also ist es gleich wahr: Der Staatsmann als solcher kennt keine Sittlichkeit, aber wenn er ein sittlicher Mensch ist, so kann er dennoch in der Verwaltung des Staates nicht innerhalb den Grenzen der gesellschaftlichen Verhärtung stehenbleiben, auf welche der Staat als solcher gegründet ist.

Tierisches Wohlwollen

Reiner Sinnengenuß deiner höchsten tierischen Befriedigung, Gefühl des Einklangs ihrer harmonisch tönenden Saiten, Werk der Natur, ewig und unveränderlich, meine Natur selber in der Wonne ihrer Harmlosigkeit ruhend. Als Werk der Natur verdirbt sich dieses Wohlwollen durch den gesellschaftlichen Zustand. Aber in der Kraft dieses Zustands entkeimt aus der Hülle seines Vergehens das Werk meines Geschlechts, die Liebe. Diese erhebt sich durch Treue zum Werk meiner selbst und entwickelt als solches die mein Wesen in meinem innersten vollendende Selbstverleugnung.

Liebe

Das Werk meiner Natur, der Einklang ihrer harmonisch tönenden Saiten, mein tierisches Wohlwollen ist beim Sinnengenuß meiner tierischen Befriedigung allgemein. Die Liebe wählt sich den kleinen Ort, auf den sie scheinen will, alles übrige steht bei ihr im Schatten.

Sie ruht als Werk meines Geschlechts auf meiner Kraft, dem Augenblick Dauer zu verleihen.

Ohne diese Kraft erstickt sie im Verderben des tierischen Wohlwollens, aus dem sie entkeimt.

Wie ich auch meinen Sohn liebe: Wenn mein Leben seiner Wirtschaft schadet, das Band ist zerrissen.

Wie ich auch mein Weib liebe: Wenn ihr Leben um meinetwillen mühselig wird, das Band ist zerrissen.

Auch wie du dein Vaterland liebst: Wenn dir bürgerliche Geschicklichkeit und bürgerliche Kraft mangelt, so ist kein Band zwischen dir und ihm, das nicht schnell reißt.

Das ist freilich alles ganz anders, wenn die Liebe ein Werk deiner selbst ist. Dann weint dein Sohn ob deiner zerrütteten Wirtschaft und dein Weib ob deinem Elend mehr als ob dem ihrigen.

Das Unglück gibt deiner Selbstverleugnung Kraft, und du gewinnst in deiner Liebe durch dein Elend.

Aber die Welt kennt deine Liebe nicht, insofern sie ein Werk deiner selbst ist, sie will nur durch deine bürgerliche Kraft und deine bürgerliche Geschicklichkeit von deiner Liebe, sie dankt dir nur, insofern du ein Werk des Geschlechts bist, für das Werk deiner Natur, dein tierisches Wohlwollen. Ohne bürgerliche Kraft ist dieses Wohlwollen in der Welt eine Armseligkeit, mit der du dir selbst und anderen zur Last fällst; zu glücklich, wenn du die Verachtung der Welt nicht fühlst, bis du ihrer wert bist.

Religion

Als reines Werk der Natur hat mein Geschlecht keine; tierische Unschuld opfert nicht, betet nicht, segnet und flucht nicht.

Als Werk meiner verdorbenen Natur ist die Religion Irrtum.

Als Werk meines Geschlechts, als Werk des Staates ist sie Betrug.

Nur als Werk meiner selbst ist sie Wahrheit.

Als Werk der Natur in ihrem ersten Verderben ist sie eine Gefährtin meiner Blindheit auf dieser Stufe meines tierischen Daseins, meiner ängstlichen und immer betrogenen Selbstsucht in diesem Zustand.

Als solches ist sie ganz Aberglauben. Ihr Gott ist die Natur selber, insofern sie schauerlich, unerklärlich und wunderbar vor meinen Augen steht.

Meine Götter und meine Teufel sind in diesem Zustand meiner selbst Bilder der toten und schrecklichen Natur.

Als Werk meines Geschlechts ist sie ratgebend, helfend, kunsterfindend, als solches benutzt sie die Religion der Natur mit allem Verderben ihrer gesellschaftlichen Irrtümer und Ansprüche, dadurch aber wird sie nach den Bedürfnissen, Umständen und Vorteilen eines jeden Staates leicht selbstsüchtig, feindselig, rachgierig, gewalttätig und betrügerisch. Ihre Götter sind alle eifrige Götter, und ihre Teufel alle eifrige Teufel.
Je schauerlicher ein Naturgott, je größer ist er.

Je eifriger ein Nationalgott, je größer ist er.

Als Werk meines Geschlechts ist die Religion Dienerin der Verhältnisse, die ich selber erschaffen, Dienerin des Mittelpunkts dieser Verhältnisse der Staatsmacht. Als solche ist sie Mutter königlicher Mönchsmummereien und mönchischer Königsmummereien, selten Dienerin des gesellschaftlichen Rechts, allgemeine Hebamme des Unrechts der Macht; mit der Glorie des Heiligtums um das Gesicht der Selbstsucht strahlt sie Bann und schwingt sie das Schwert über das Haupt derer, die dem Tiersinn ihrer Offenbarung unbedingten Gehorsam, das ist, göttliche Verehrung versagen. Sie ist wilde Natur im Treibhaus der Kunst mit dem Zwang der Macht und der Kraft der Heuchelei in ihrer Hand.

Verwerfe ich damit die Religion, insofern sie ein Werk meines Geschlechts ist?

So wenig als ich sie als Werk der Natur verwerfe. Als solches ist sie eine unausweichliche Folge meiner tierischen Beschränkung und der Eindrücke, die die Natur auf dieser Stufe meines Daseins auf mich machen muß; ich bin auf dieser Stufe meines Daseins keiner anderen Religion fähig.

Ebensowenig bin ich als Werk meines Geschlechts einer wahren Religion fähig.

Aber ich bedarf als Werk der Natur und als Werk des Geschlechts sinnlicher tierischer Beweggründe, Reize und Mittel, um zu der Gemütsstimmung zu gelangen, welche das Wesen der wahren Religion voraussetzt.

Als Werk der Natur finde ich diese sinnliche Einlenkung zur Religion in dem Irrtum des Aberglaubens.

Als Werk meines Geschlechts finde ich dieselbe in dem Hofbetrug des Eiferglaubens und der Staatsreligion, die in ihrem Wesen als solche nie keine wahre Religion sein kann.

Also ist auf Irrtum gegründeter Aberglauben und auf Betrug gegründeter Eiferglauben dem Menschengeschlecht in verschiedenen Stufen seines Daseins dennoch wesentlich notwendig. Sie verleihen beide dem Keim der Sittlichkeit und der wahren Religion allgemein seine erste Nahrung.

Wie der Mensch die Täuschung des Sinnengenusses und den Zwang der Lehrlingsjahre bedarf, also bedarf er auch die Täuschung des Aberglaubens und den Zwang des Eiferglaubens, bis Anstrengung, Treue und Gewalt über sich selbst ihm zur anderen Natur geworden und die gereiften Früchte seiner Sittlichkeit an dem Stamm, an dem sie entkeimten, keine Nahrung mehr finden und keine Nahrung mehr brauchen.

Ich erkenne also die Schonung der Nationalreligion als die Pflicht aller gesellschaftlich vereinigten Menschen, aber ich erkenne zugleich die Grenzen dieser Schonung.

Der Mensch muß die Nationalreligion um der wahren Religion willen schonen.

Er muß das Unrecht des Mittels um der Wichtigkeit des Zwecks willen tragen.

Aber er darf nicht den Zweck zugrunde richten, damit sich das Mittel erhalte.

So wie ein Meister den Lehrling täuschen darf, damit er ein guter Meister werde, aber nicht, damit er, durch seine Täuschung entkräftet, für sein Leben von dem Meister, der ihn also betrogen, abhänglich werde.

Hinwieder, wie der Staat die Naturfreiheit des Bürgers beschränken darf, damit er ihn dadurch gesellschaftlich frei, aber nicht, damit er ihn bürgerlich ehrlos und rechtlos machen könne.

Also darf die Nationalreligion den Menschen durch Zwang oder Täuschung zu der Gemütsstimmung hinlenken, die das Wesen der Religion ist, aber sie darf ihn nicht durch Zwang oder Täuschung von dieser Stimmung ablenken. Der Mensch muß also den Irrtum der Naturreligion und den Betrug der Staatsreligion respektieren, insoweit durch dieselbe diese Gemütsstimmung erzeugt und erhalten wird, er muß sie aber nicht respektieren, insofern das Gegenteil dadurch erzeugt wird. Die Natur führt den Menschen selber auf diesen Pfad, sie gab ihm eine Kraft, jede Religion in sich selbst zum Werk seiner selbst zu machen.

Kennt er den Irrtum seiner Naturreligion und den Betrug seiner Staatsreligion nicht, so ist er insoweit unfähig, in irgendeiner anderen Form als in dieser die sinnliche Handbietung zu genießen, die das Gottesdienstliche der Religion dem Menschen in tausend Gestalten gegen die Quelle seiner Sinnlichkeit anbietet.

Kennt er aber den Irrtum des Aberglaubens und den Betrug des Eiferglaubens oder der Staatsreligion und sieht, daß selbige dem Wesen der wahren Religion oder der inneren Veredelung seines Geschlechts wirklich im Wege steht, so darf er nicht nur sein Geschlecht auf das Verderben einer solchen Religionsform aufmerksam machen, sondern er ist es noch zu tun schuldig; freilich aber auf eine Weise, die dem Wesen der Religion nicht etwa mehr schadet als der Irrtum, den er dem Volk aufdeckt. Indessen ist die Religion, insofern sie wirkliche und wahre Religion ist, wie die Sittlichkeit, gänzlich nur die Sache des einzelnen Menschen; ihre Wahrheit geht den Staat eigentlich nichts an als nur insofern er schuldig ist, das Recht der Individuen, ihrer Überzeugung auf jeden Fall getreu zu sein, zu beschützen und zu erhalten.

Die Religionsvorkehrungen im Staat sind deswegen an sich selbst und in ihrem Wesen nicht Vorkehrungen des Staates, sondern Vorkehrungen der Individuen, die das Recht, ihrer Überzeugung getreu zu sein, in demselben mit Freiheit ausüben sollen und wollen.

Der rechtliche Staat oder das gesellschaftliche Recht begehrt auch nichts mehr, wohl aber das gesellschaftliche Unrecht, die willkürliche Gewalt. Diese gönnt dem Menschengeschlecht die Freiheit des Gewissens so wenig als die Sicherheit des Brotes und des Atems.

Sie kann nicht, sie hat immer ein überwiegendes Interesse dafür, daß das Volk sich niemals von dem Geist der Barbarei entferne, in welchem es ihm allein möglich ist, die tierische Willkür der Macht als das Fundament irgendeiner für das Menschengeschlecht schicklichen Regierungsform zu erkennen. Darum strebt sie auch allenthalben dahin, veralterte Religionsformen lange über die Zeit hinaus zu erhalten, in welcher diese Formen, mit dem ganzen Zustand der Völker harmonisch, wirklich geschickt [geeignet] waren, dieselben dem Wesen der Religion und ihrer inneren Veredelung in dem Grad näherzurücken, als sie selbige jetzt wieder von demselben entfernen.

Aber wenn dieses Näherrücken zur inneren Veredelung der Völker von dem Aberglauben und dem Eiferglauben gehindert wird, so wird selbiges durch den Unglauben soviel als ganz unmöglich gemacht.
Dieser ist gänzlicher Mangel des Gefühls, daß die Erkenntnis der Irrtümer meiner tierischen Natur und des Unrechts meiner gesellschaftlichen Verhärtung sowie das Dasein psychologischer Mittel, diese Erkenntnis in mir lebendig zu erhalten, meinem Geschlecht wesentlich notwendig seien. Er ist tiefes Versinken in sinnliche Gedankenlosigkeit und führt daher das Menschengeschlecht noch weit mehr als der Aberglauben und der Eiferglauben von der Gemütsstimmung ab, die das Wesen der Sittlichkeit und der auf derselben ruhenden inneren Veredelung unseres Geschlechts ausmacht. Er ist Sorglosigkeit des Naturstandes mitten in dem verfeinerten Genuß aller gesellschaftlichen Verbrechen.

Es ist daher ganz etwas anderes, wenn die tierische Unschuld nicht weiß was Gott und was Sünde ist und wenn der gebildete Bürger es ausspricht: Es ist kein Gott. Die tierische Unschuld tut um ihrer Religionslosigkeit willen niemand nichts Böses und verliert um ihretwillen weder die Harmlosigkeit noch das Wohlwollen ihrer Natur. Aber der Bürger, der Gott leugnet, erklärt sich dadurch, daß er mitten in der bürgerlichen Gesellschaft die Freiheit seines Instinkts anspreche und diesen als den sicheren Führer seines Lebens erkenne; damit aber stellt er jede Kraft, die die innere Veredelung seiner selbst sowie die Sicherheit seiner gesellschaftlichen Ausbildung möglich macht, in sich selbst still.

Ein solcher Unglauben setzt eine Gemütsstimmung voraus, die für alle Empfänglichkeit von Wahrheit und Recht eben das ist, was ein Acker, in den weder Pflug noch Samen gekommen, für die Hoffnung der Ernte; sein Zustand schließt sogar die Möglichkeit derselben ganz aus.

Aberglauben und Eiferglauben sind hingegen in dieser Rücksicht, was ein schlecht bearbeiteter und unordentlich angesäter Acker. Sein Zustand schließt die Möglichkeit der Ernte nicht aus, sie beschränkt nur die Hoffnung derselben.

Ganz anders ist der Fall, wenn der Aberglauben beim Unglauben im Dienst steht und bloß eine Staatsmanipulation zu Gunsten der Macht wider das Volk ist.

Ein solcher Aberglauben ist denn freilich nicht mehr bloß einem schlecht bearbeiteten, er ist einem Acker zu vergleichen, über den der Satan in einer Fürstenstunde Nesseln und Schierling gesät.

Ein solcher manipulierter Aberglauben ist denn freilich das Nonplusultra alles kirchlichen Verderbens.

Die Religion muß die Sache der Sittlichkeit sein, als Sache der Macht ist sie in ihrem Wesen nicht Religion, und das Finanzgeschrei der durch ihre philosophischen Irrtümer und durch ihre politischen Gewalttätigkeiten bankrott gewordenen Staatskünstler, daß wir wieder zu Religiosität zurückgestimmt werden müssen, dieses Finanzgeschrei einer Staatskunst, die, nachdem sie das Menschengeschlecht auf das Äußerste gebracht hat, sich nun auch selber auf diesem Äußersten findet, wird uns, so wie es ist, weder zur Religion noch zur Sittlichkeit noch irgendwohin bringen.

Wir sind durch die Gewaltsamkeit und das Naturleben ihrer Selbstsucht selber aller Empfänglichkeit für ihre Großmütterkünste beraubt worden und wären nun, wenn wir auch wollten, nicht mehr imstande, an diesem Seil, das sie uns selber verächtlich gemacht haben, für sie forthin zu tanzen und für sie forthin Brot zu verdienen.

Ich lenke wieder in meine Bahn.

Als Werk der Natur, in ihrer Unschuld kenne ich Gott nicht.

Als Werk der Natur, in ihrem Verderben, diene ich ihm berauscht von meiner sinnlichen Natur in seiner Furcht und in seinem Dienst.

Als Werk meines Geschlechts eifere ich für das Gesetz meines Gottes wie ein tapferer, aber die Welt nur in seinen Mauern kennender Schildbürger für das Recht seiner Munizipalität [Stadtobrigkeit].

Als Werk meiner selbst ist meine Religion ebenso unberauscht von meiner Sinnlichkeit als frei von jeder Schildbürgerhärte, als solches strebe ich in der vollen Kraft meines sittlichen Wesens nach dem Edelsten, das ich zu erkennen vermag.

Als Werk der Natur oder vielmehr als Werk meines tierischen Verderbens führt mich die Religion zum Beten, zum Singen, zum Opfern, zum Zaubern und zum Fluchen.

Als Werk meines Geschlechts oder meines gesellschaftlichen Verderbens führt sie mich gegen die Ungläubigen in Streit.

Als Werk meiner selbst führt sie mich zur inneren Veredelung meiner selbst.

Die Religion ist mir selbst ein Werk der Natur, ein Werk des Geschlechts und ein Werk meiner selbst, so wie ich in mir selbst ein Werk der Natur, ein Werk des Geschlechts oder ein Werk meiner selbst bin. Göttlich ist die Religion einem jeden Menschen nur insoweit, als sie in ihm selbst ein Werk seiner selbst ist; insoweit sie in ihm ein Werk seines tierischen und seines gesellschaftlichen Verderbens, insoweit ist sie nur gottesdienstlich und insoweit mit sinnlichen Neigungen und tierischen Begierden innigst verwoben.

Die beste Religion für das Menschengeschlecht ist daher diejenige, die in ihrem Wesen am meisten göttlich, in ihrer Form aber am wenigsten und doch genugsam gottesdienstlich ist, um meinem Geschlecht in jedem Grad der Kultur, auf dem es stehen mag, dennoch durch ihre Sinnlichkeit Handbietung zu leisten gegen den Tiersinn seiner Natur. Das ist ein aufrichtiges Opfer auf den Altar Jesu Christi, aber ich muß ihm beifügen: Der Irrtum und das Unrecht der Juden und der Griechen mußten der Lehre Jesu Christi vorhergehen, um die Menschen für sie empfänglich zu machen.

Das Christentum ist ganz Sittlichkeit; darum auch ganz die Sache der Individualität des einzelnen Menschen.
Es ist auf keine Weise das Werk meines Geschlechts, auf keine Weise eine Staatsreligion oder ein Staatsmittel zu irgendeinem Gewaltzweck.

Wenn es das wäre, so müßte es in Eiferglauben ausarten und blind werden gegen alles Unrecht des Staates und gegen allen Betrug derer, die es für ihren Vorteil achten, die bürgerlichen und religiösen Irrtümer der Völker bis in alle Ewigkeit aufrecht zu erhalten.

Darum haben wir auch noch kein Christentum und werden und sollen als Nationen keines haben. Die Nationalreligionen, die den Fischerring und das Kreuz zu ihrer Staats- und zu ihrer Standesfarbe erwählt haben, diese Christentümer sind nicht die Lehre Jesu. Alles Äußere des Christentums, Hostie, Taufe, Priesterweihe, Prozessionen, Gelübde sind wie das Kreuz und der Fischerring Folgen der Religion, insofern sie nur ein Werk der Natur und ein Werk des Geschlechts ist.

Das wirkliche Christentum scheint immer noch durch eben das Unrecht und durch eben die Irrtümer verdrängt zu werden, die ihm bei seinem Ursprung im Wege standen.

Es scheint, die Welt sei durch die Nationalunchristlichkeiten unserer Nationalchristentümer auf eben den Punkt gekommen, auf den sie durch die Nationalausartung der Juden und Griechen gebracht worden ist, ehe ein Galiläer den Versuch wagen konnte, die Masse der gesellschaftlichen Menschheit bald allgemein aus dem Kreis ihrer gesellschaftlichen Verhältnisse herauszuführen und mit stoischer Kraft der inneren Selbständigkeit durch den Glauben an ihn näherzubringen.

Glauben vermag es. – Aber nun nicht mehr, wir haben keine andere Hoffnung als auf Wahrheit und Recht.

Wahrheit und Recht

Ich hätte also durch alle Abschnitte, in welchen ich den Gang der Natur in der Entwicklung des Menschengeschlechts verfolgte, gefunden, Wahrheit und Recht haben für den Menschen nur insoweit einen wirklichen Wert, als er sich aus Wahrheit und Recht etwas macht.

Beides, Wahrheit und Recht, sind für mein Geschlecht nur Täuschung und Schein, insofern er bloß tierisch handelt, bloß physische Kraft ist. Der freie menschliche Wille, das ist die Kraft meiner inneren Natur, mich durch eigenes Streben von dem Irrtum und dem Unrecht meiner tierischen Natur loszumachen, ist also für den Menschen die einzige Quelle seiner wirklichen Wahrheit und seines wirklichen Rechts.

Als Werk der Natur habe ich diesen reinen Willen gar nicht, weder in meiner tierischen Unschuld noch in meinem tierischen Verderben.

Ich erliege als Werk der Natur in jedem Fall der Gewaltsamkeit meines Instinkts, dessen Wesen der Empfänglichkeit meiner Natur für Wahrheit und Recht geradezu entgegensteht.

Als Werk des Geschlechts habe ich diesen Willen ebensowenig.

Der gesellschaftliche Zustand ist eine bloße Modifikation des Naturstandes.

Bürgerliche Anmaßungen treten in demselben an die Stelle des Instinkts, diese ruhen aber eben wie er auf tierischen Bedürfnissen und tierischen Zwecken, die der Reinheit aller Wahrheit und alles Rechts nicht weniger als er selber entgegenstehen.

Wahrheit und Recht sind daher für mein Geschlecht unzweideutig das ausschließende Eigentum seiner Sittlichkeit. Aber ich habe als tierisches Wesen eine Kraft in mir selbst, entblößt von aller wirklichen Wahrheit und von allem wirklichen Recht, mir als Wahrheit und als Recht vorzustellen, was meinem tierischen Sinn in der Zwanglosigkeit seiner tierischen Verwilderung und in der Gewaltsamkeit seiner bürgerlichen Verhärtung als Wahrheit und Recht vorkommt. Zufolge der dreifach verschiedenen Art, mir alle Dinge dieser Welt vorzustellen, welcher meine Natur fähig ist, kann ich nicht anders. Das Faustrecht, der Machiavellismus, die willkürliche Gewalt, der Sansculottismus und der Terrorismus ist mir Wahrheit und Recht, wenn ich mich für nichts anderes als für ein tierisches Wesen erkenne und mich und mein Geschlecht bestimmt glaube, auf dieser Stufe meines Daseins stehenzubleiben.

Das gesellschaftliche Recht ist mir Wahrheit, wenn ich mich selbst als Geschlecht und verbunden mit meinem Geschlecht fähig und bestimmt glaube, das Recht meines Geschlechts, das nicht in meiner Natur liegt, von dem ich aber fühle, daß ich es durch meinen Willen in die Natur hineinbringen könne, wirklich in dasselbige hineinzubringen.

Das sittliche Recht ist mir Wahrheit, wenn ich mich selbst als Individuum und getrennt von meinem Geschlecht fähig und bestimmt glaube, das Recht meiner selbst, das nicht in meiner Natur liegt, von dem ich aber fühle, daß ich es durch meinen Willen in meine Natur hineinzubringen vermag, wirklich in dieselbe hineinzubringen.

Ich kann als Tier oder als Bürger oder als sittlicher Mensch leben; ich kann die Heerstraße der tierischen Verwilderung betreten, ich kann in den Schranken des gesellschaftlichen Rechts bürgerliche Selbständigkeit behaupten und endlich mich zur Anerkennung alles Irrtums meiner tierischen Natur und alles Unrechts meiner gesellschaftlichen Verhärtung emporheben.

Aber nur im letzten Fall ist Wahrheit und Recht das Teil meines Geschlechts, und es ist hinwieder gänzlich nur durch Sittlichkeit möglich, die Widersprüche die in meiner Natur zu liegen scheinen, verschwinden zu machen.
Ach sie verschwinden so selten. Wahrheit und Recht sind so selten das Teil meines Geschlechts, es erhebt sich so selten dahin, die erste zu wollen und das zweite zu verdienen. Es geht lieber allenthalben irrend und rechtlos dahin, als sich über sich selbst zu einer wirklichen Veredelung seiner Natur zu erheben.

Von den Reizen seiner tierischen Natur hingerissen und von den Genüssen seiner gesellschaftlichen Vorzüge verhärtet, ist es meiner Natur in allen Verhältnissen des Lebens großer tierischer Selbstgenuß, täglich fortzuschwimmen im Meer der Sinnlichkeit und des Selbstbetrugs, der schweifenden Einbildungskraft ihr physisches Übergewicht über die Vernunft ruhig zu lassen und das Unterliegen meiner selbst als Werk des Geschlechts unter mich selbst als Werk der Natur nicht zu ahnden. Mein Geschlecht wiegt sich in allen Lagen gern in diesen Schlaf ein, der in Rücksicht auf Wahrheit und Recht und wirkliche Veredelung sein Tod ist und der sich mir beim ersten Ins-Auge-Fassen meiner Gesichtspunkte also darstellte:

"Voll Wohlwollen liebt er seine Gazelle, seine Marmotte, sein Weib, sein Pferd, seinen Hund, er weiß nicht, was Gott und was Sünde ist, einen Teufel fürchtet er nicht [in der Vorlage fälschlich: leicht], Wald und Flur ist ihm heilig, wie sie Gott schuf, die aufgebrochene Erde ein Fluch; er wechselt seine Stunden zwischen Schlaf und Sinnengenuß; Trunkenheit des Geistes, Leerheit des Kopfes, und das Versinken in taumelndes Träumen ist ihm Wonne des Lebens; er liebt Spiel, Tanz, Wein, Mädchen und Märchen; den fremden Mann führt er in seine Hütte und fragt ihn, nachdem er gegessen und getrunken, woher er komme und wie es in seinem Land gehe?

Für den morgenden Tag steht er dir heute nicht vom Stuhl auf und kauft dir das Leben des künftigen Jahres nicht mit der Pfeife Tobak, die er im Mund hat."

Und im „Bild des Menschen“: "Sein Leichtsinn ist unaussprechlich; wo ihm nichts mangelt, da schläft er; wo er nichts fürchtet, da sonnt er sich; und wo er sich nicht sonnt, da geht er auf den Raub aus; allenthalben trieft er von dem Blut seines Geschlechts; er schützt seine Höhle wie ein Tiger und tut unter der Sonne, was er will; er kennt kein Recht und keinen Herrn, und von der Sünde fragt er: Was ist sie?"

Allenthalben sträubt sich mein Geschlecht mit der ganzen Kraft seiner tierischen Grundanlagen dagegen, aus diesem Schlaf zu erwachen.

Noch ist das Bild meiner bürgerlichen Verhärtung gegen Wahrheit und Recht nicht vollendet. Die Gewaltsamkeit, die dem gesellschaftlichen Zustand wesentlich ist, führt den Menschen in diesem Zustand zu einer Verhärtung, zu der er in der Unschuld des Naturlebens und in seinem anmaßungslosen Sinnengenuß nicht hingeführt wird.

Was bei diesem Schlaf seiner Unschuld ist, das wird beim anderen taumelndes Wachen eines berauschten Mannes; der Mensch verficht im gesellschaftlichen Zustand die Ansprüche seiner tierischen Natur mit der ganzen Fieberstärke seines Rausches, und die unschuldige Handlungsweise seines unentwickelten tierischen Zustands wird durch tierische Ausbildung im gesellschaftlichen zur Untreue und zum Verbrechen. – Sie kann nicht anders.

Der Egoismus der gesellschaftlichen Kräfte ruht in seinem Wesen auf innerer Verhärtung gegen das tierische Wohlwollen meiner Natur und führt daher in seinen Folgen unausweichlich zur Untreue am gesellschaftlichen Recht.

Dadurch erscheint er in seinem Wesen als Quelle aller bürgerlichen Verbrechen, und es ist also ganz heiter, wie der Mensch im gesellschaftlichen Zustand durch die Beibehaltung seines Instinkts mit sich selbst nicht bloß in Widerspruch kommt, sondern gänzlich der Härte und Gewaltsamkeit unterliegen muß, mit der er, als Naturmensch in diesem Zustand lebend, heute Sinnengenuß für sein Recht und morgen sein Recht für Sinnengenuß dahin gibt, heute das Wohlwollen seiner Natur verachtet und morgen sich ihm unbedingt überläßt, mit der er in einem ewigen Wechsel heute Treue fordert und morgen sein Wort bricht, heute Recht und Vertrag für heilig erklärt und morgen sie als unbedeutend und durch seinen Willen kraftlos unter den Tisch wirft. Die Vorstellungen von Recht und Pflicht wirbeln in diesem Zustand nur leidenschaftlich in seiner zerrütteten Einbildungskraft und haben weder in seinem Kopf noch in seinem Herzen einen reinen Gehalt.
Ich finde mich hier noch einmal auf dem Punkt wie oben:

"Die Widersprüche, die in meiner Natur zu liegen scheinen, sowie der Mangel von Wahrheit und Recht, dem mein Geschlecht im gesellschaftlichen Zustand als solchem allgemein unterliegt und unterliegen muß, sind beides Folgen meiner sinnlichen tierischen Neigung, auf einem Punkt der Ausbildung, auf dem ich nur ein Werk meines Geschlechts und nicht ein Werk meiner selbst bin, stehenzubleiben und mich auf diesen Punkt, auf dem die innere Veredelung meiner selbst nicht erzielt werden kann, vollendet zu glauben."

Daraus folgt nun ganz einfach

Das endliche Resultat meines Buches

Der Mensch ist nur insoweit fähig, die Widersprüche, die in seiner Natur zu liegen scheinen, in sich selbst aufzuheben und die Folgen derselben, die ihn im gesellschaftlichen Zustand so vielseitig drücken, zu mildern, als er einsieht, daß dieser Zustand selbst seiner inneren Veredelung wesentlich entgegensteht und als er seine Ansprüche als bloße Ansprüche seiner tierischen Natur erkennt und selbige insoweit verdammt, gegen sich selbst und gegen sein ganzes Geschlecht.

Der Grundsatz, Menschenwohl und Menschenrecht ruht ganz auf der Unterordnung meiner tierischen und meiner gesellschaftlichen Ansprüche, unter meinem sittlichen Willen, ist bloß eine verschiedene Art, das obige Resultat meines Buches auszudrücken.

Menschenwohl und Menschenrecht ruht wesentlich auf der Unterordnung meiner selbst als Werk der Natur und als Werk des Geschlechts unter mich selbst als Werk meiner selbst, auf der Unterordnung meiner selbst als Tier und Bürger unter mich selbst als Mensch.

Menschenwohl und Menschenrecht fordert daher ebenso bestimmt die Unterordnung der öffentlichen Willkür, die nichts anderes ist als die Vereinigung der tierischen Ansprüche der Masse mit den Privatgelüsten derer, die die physische Kraft, die Ansprüche der Masse geltend zu machen, in ihrer Hand haben, unter die wesentlichen Mittel, mein Geschlecht mitten im Verderben des gesellschaftlichen Zustands für Wahrheit und Recht dennoch empfänglich zu erhalten und es dadurch seiner ursprünglichen Beschaffenheit, das ist: einer friedlichen, gutmütigen und wohlwollenden Gemütsstimmung wieder näher zu bringen.

Ich schließe mein Buch mit diesem Gesichtspunkt. Mein Zweck ist vollendet; ich habe, soviel als ich es zu tun vermochte, in mir selbst erforscht, was der Gang meines Lebens, wie er war, aus mir gemacht hat, und dadurch zu erforschen gesucht, was der Gang des Lebens, wie er ist, aus dem Menschengeschlecht macht. Ich habe, soviel als ich es zu tun vermochte, in mir selbst Aufschluß gesucht, von welchen Fundamenten mein Tun und Lassen und von welchen Gesichtspunkten meine wesentlichsten Meinungen eigentlich ausgehen.

Ich habe, soviel als ich es zu tun vermochte, in mir selbst Aufschluß gesucht, von welchen Fundamenten das Tun und Lassen meines Geschlechts und von welchen Gesichtspunkten seine wesentlichsten Meinungen eigentlich ausgehen.

Männer meines Zeitalters, nehmt diesen Beitrag der Eindrücke, den die letzte Hälfte dieses Jahrhunderts auf die Wahrheitsliebe, auf die Menschenliebe und auf die Freiheitsliebe eines Mannes gemacht hat, dessen Lagen und Umstände auf eine seltene Art zusammentrafen, die Gefühle eines zwanglosen und ungebogenen Naturlebens mitten durch eine gehemmte und unbefriedigte Tätigkeit bis an sein nahendes Alter lebhaft zu erhalten, für das auf, was er ist und sein soll. Und wenn ihr auf gebahnten Wegen in der Erkenntnis der Wahrheit und des Rechts weitergekommen seid als ich auf den dornigen Pfaden meines Lebens und in einem gänzlichen Mangel des Gebrauchs aller Zeitmittel der wissenschaftlichen Ausbildung, so gönnt meinem geraden Sinn, gönnt meiner Offenheit dennoch eure Aufmerksamkeit und meinem Irrtum eure Widerlegung. Würdigt selbst meine Anmaßung, der Haufen der lebenden Menschen trage die Fundamente meiner Wahrheit und meiner Irrtümer, mit gleichen Gefühlen belebt wie ich, in seinem Busen, würdigt selbst diese Anmaßung, wenn sie unrichtig ist, eurer Widerlegung.

Ich habe den Gang meines Lebens für mein Geschlecht redlich und ernst zu benutzen gesucht, ich werde jede Belehrung redlich und ernst zu benutzen trachten und fasse zum Beschluß die drei Gesichtspunkte: was bin ich als Werk der Natur? was bin ich als Werk meines Geschlechts? was bin ich als Werk meiner selbst? noch einmal ins Auge.

Was bin ich als Werk der Natur?

Ist es wahr, daß ich als solches außer meinem Sinnengenuß weder Wahrheit noch Recht kenne und deswegen in den wesentlichsten Verhältnissen des gesellschaftlichen Zustands als solches als ein elendes, unbrauchbares, verächtliches und verachtetes Geschöpf erscheine? Ist es wahr, daß ich als solches in diesem Zustand durch mein Wissen selber zum Schurken, Bettler und Träumer versinke, daß ich im Besitz der Ehre die Menschen, die mich umschwärmen, wie das Licht trauliche Mücken verbrenne, daß ich im Besitz der Macht den unterworfenen Mann auch rechtlos mache usw.? Das alles ist wahr, ich bin als Werk der Natur physische Kraft, Tier, als solches ein Werk der Notwendigkeit, ewig unveränderlich das gleiche tierische Wesen, das nach Jahrtausenden kein Haar auf seinem Haupt und keine – auch die leisesten – seiner Triebe auszulöschen vermochte.

Ich bin als Werk der Natur ein reiner, aber ein roher und harter Marmor, tief in den Felsen meiner Tierart eingeschichtet, aber dennoch mit einer Kraft begabt, als Geschlecht und in Verbindung mit ihm und als Individuum außer Verbindung mit ihm mich von meinem Felsen loszumachen und von meinem Geschlecht als Geschlecht und von mir selbst als Individualität bearbeitet zu werden. Meine tierische Natur ist dieser gedoppelten Bearbeitung meiner selbst gleich entgegen. Aber die Welt bliebe eine Wüste ohne die erste und ich selbst das elendeste Geschöpf dieser Wüste ohne die zweite, darum lechzt mein Geschlecht allgemein nach den Genüssen, die Folgen dieser Bearbeitung meiner selbst sind, während meine tierische Natur derselben mit aller ihrer Gewaltsamkeit entgegenstrebt.

Ich muß mich als Werk meiner selbst durch mich selbst zu jeder Vollkommenheit erheben, der meine Natur fähig ist. Ich muß mich als Werk der Welt passend machen, für eine jede Ecke der Welt, in die mich mein Los wirft.

Als Werk der Natur passe ich in keine Ecke der Welt und findet mich die Welt also, ob durch meine Schuld oder durch die Schuld eines anderen, das fragt sie mich nicht; genug, findet sie mich also, so zerschlägt sie mich wie der Maurer einen unbrauchbaren Stein mit seinem eisernen Hammer und braucht mich zum Lückenfüller zwischen die schlechtesten Brocken.

Das ist das Schicksal des Naturmenschen im gesellschaftlichen Zustand, es kann ihn in demselben kein besseres treffen. In den Bau der Welt taugt nur der abgeschliffene Stein.

Was bin ich als Werk meines Geschlechts?

Ist es wahr, daß ich als solches schwankend stehe zwischen dem Werk meiner Natur und dem Werk meiner selbst? Ist es wahr daß ich als solches keinen festen Standpunkt finde, weder für meine tierische Befriedigung noch für meine sittliche Veredelung?

Wahr, daß ich, in meinen Grundlagen verhärtet, als ein verdorbener Naturmensch in die bürgerliche Gesellschaft trete? Daß dieser Zustand ganz auf der Verstümmelung meiner tierischen Natur ruht und daß mir in diesem Zustand als solchem, beides, die Harmonie meiner tierischen Kraft und diejenige meiner sittlichen Veredelung, gleich mangelt; daß ich in diesem Duodezzustand meiner selbst meine Menschlichkeit bald meinem Fürfell [Handwerkerschurz], bald meiner Nadel, bald meiner Hausfarbe, bald meiner Kutte, bald meiner Krone aufopfere und aufopfern müsse?

Das alles ist wahr; ich vermag so wenig auf dem Punkt meiner gesellschaftlichen Ausbildung stehenzubleiben als auf demjenigen des bloßen Sinnengenusses. Ich muß im gesellschaftlichen Zustand tief unter die Behaglichkeit des befriedigten tierischen Naturlebens versinken oder mich hoch über das Verderben seiner gesellschaftlichen Verhärtung emporheben.

Ich muß entweder im Verderben der gesellschaftlichen Verhärtung meine Menschlichkeit verlieren oder in demselben auf den Trümmern meines Instinkts die Erfahrungen sammeln, die mich von allem Unrecht seiner Verhärtung überzeugen und auf dieser Bahn zur Anerkennung des sittlichen Rechts hinführen.

Was bin ich als Werk meiner selbst?

Ist es wahr, daß Naturzustand, bürgerliche Bildung und Sittlichkeit sich gegeneinander verhalten wie Kinderzustand, Lehrlingsjahre und Männeralter?

Wahr, daß ich ohne den Irrtum meines Sinnengenusses und ohne das Unrecht meiner gesellschaftlichen Ansprüche nicht zu der Gemütsstimmung gelangen würde, die die Sittlichkeit voraussetzt? Ist es wahr, daß Wahrheit und Recht das ausschließende Eigentum dieser Gemütsstimmung sind? Wahr, daß sie ganz ausschließend die Sache des Individuums ist; daß Sittlichkeit unter zweien als Sache dieser zwei nicht zu bestehen vermag; daß der Naturstand sie nicht kennt und der gesellschaftliche nicht auf ihr ruht? Wahr, daß die tierische Nähe und Ferne sittlicher Gegenstände die bestimmte Natureinlenkung zur wahren Sittlichkeit ist? Wahr, daß die bürgerliche Pflicht als solche mich nicht sittlich macht? Wahr, daß alles was ich als Zunft, als Masse schuldig bin, in sich selbst Reize zur Unsittlichkeit für mich hat?

Das alles ist wahr!

Die Sittlichkeit ist beim Individuum innigst mit seiner tierischen Natur und seinen gesellschaftlichen Verhältnissen verbunden. In ihrem Wesen aber ruht sie ganz auf der Freiheit meines Willens, das ist auf der Beschaffenheit meiner selbst, durch die ich mich selbst in mir selbst unabhängig von meiner tierischen Begierlichkeit fühle.

Als sittliches Wesen wandle ich ausschließend der Vollendung meiner selbst entgegen und werde als solches ausschließend fähig, die Widersprüche, die in meiner Natur zu liegen scheinen, in mir selbst auszulöschen.
Tausende gehen, als Werk der Natur, im Verderben des Sinnengenusses dahin und wollen nichts mehr. Zehntausende erliegen unter der Last ihrer Nadel, ihres Hammers, ihrer Elle und ihrer Krone und wollen nichts mehr.

Ich kenne einen Menschen der mehr wollte [Pestalozzi meint sich selbst], in ihm lag die Wonne der Unschuld und ein Glauben an die Menschen, den wenige Sterbliche kennen; sein Herz war zur Freundschaft geschaffen, Liebe war seine Natur und Treue seine innigste Neigung.

Aber er war kein Werk der Welt, er paßte in keine Ecke derselben.

Und die Welt, die ihn also fand und nicht fragte, ob durch seine Schuld oder durch die eines anderen, zerschlug ihn mit ihrem eisernen Hammer wie die Maurer einen unbrauchbaren Stein zum Lückenfüllen zwischen den schlechtesten Brocken. Noch zerschlagen glaubte er an das Menschengeschlecht, mehr als an sich selber, setzte sich einen Zweck vor und lernte unter blutigem Leiden für diesen Zweck, was wenige Sterbliche können.

Allgemein brauchbar konnte er nicht mehr werden, und er wollte es auch nicht. Aber für seinen Zweck wurde er es mehr als irgendeiner. Er erwartete jetzt Gerechtigkeit von dem Geschlecht, das er noch immer harmlos liebte. Er erhielt sie nicht. Leute, die sich zu seinen Richtern aufwarfen ohne ein einziges Verhör, beharrten auf dem Zeugnis, er sei allgemein und unbedingt unbrauchbar.

Das war das Sandkorn auf der stehenden Waage seines Elends. Er ist nicht mehr, du kennst ihn nicht mehr. Was von ihm übrig ist, sind zerrüttete Spuren seines zertretenen Daseins. Er fiel. So fällt eine Frucht, wenn der Nordwind sie in ihrer Blüte verletzt und nagende Würmer ihre Eingeweide zerfressen, unreif vom Baum.Wanderer, weihe ihr eine Zähre. Sie neigte noch im Fallen ihr Haupt gegen den Stamm, an dessen Ästen sie ihren Sommer durchkrankte, und lispelte dem Horchenden hörbar: „Ich will dennoch auch in meinem Vergehen seine Wurzeln noch stärken." Wanderer, schone die liegende sich auflösende Frucht und laß den letzten Staub ihres Vergehens die Wurzeln des Baumes noch stärken, an dessen Ästen sie ihren Sommer durchkrankte.