Meine Nachforschungen über den Gang der Natur in der Entwicklung des Menschengeschlechts
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Einige Resultate meines wesentlichsten Gesichtspunkts
Der gute Zustand meiner selbst als Werk der Natur ruht auf dem vollen Leben meines Instinkts.
Der gute Zustand meiner selbst als Werk des Geschlechts ruht auf der Kraft meines tierischen Gedankens gegen meinen Instinkt oder vielmehr auf der Kraft meines durch diesen Gedanken erhöhten und gebildeten Tiersinns.
Der gute Zustand meiner selbst als Werk meiner selbst ruht auf der Reinheit und Stärke meines Willens, die Kraft meines Gedankens nicht zur Verfeinerung meines Tiersinns, sondern zur Veredelung meiner Selbst gegen meinen Tiersinn zu gebrauchen.
Ich erhalte mich selbst als Werk der Natur in dem besten Zustand, in welchem ich als solches zu leben vermag, durch tierische Kraft.
Ich erhalte mich als Werk des Geschlechts in dem besten Zustand, in welchem ich als solches zu leben vermag, durch gesellschaftliche Kraft.
Ich erhebe mich als Werk meiner selbst durch meine sittliche Kraft zu der höchsten Würde, deren meine Natur fähig ist.
Die Unschuld meiner Natur thront an den Grenzen aller dieser Beschaffenheiten meiner selbst.
Auf der ersten Stufe meines Daseins stehe ich ihrem Bilde am meisten, aber in kindischer Schwäche und nur träumend, nahe.
Durch mein tierisches Verderben entferne ich mich von ihr ins Unendliche.
Treue und Glauben bringen mich ihr im gesellschaftlichen Zustand mit gebildeter Kraft wieder entgegen.
Durch Sittlichkeit erhebe ich mich zu der obersten Höhe, die meine Natur, nach Unschuld strebend, zu erreichen vermag.
Erziehung und Gesetzgebung müssen diesem Gang der Natur folgen.
Sie müssen dem Menschen als tierischem Wesen durch die Erhaltung seines tierischen Wohlwollens das Bild seiner Unschuld in Kindesschwäche und gleichsam träumend vor Augen halten.
Sie müssen in ihm als gesellschaftlichem Wesen durch Treue und Glauben die gesellschaftliche Zuverlässigkeit entwickeln, durch die er sich den Mangel der Unschuld, von der ihn der gesellschaftliche Zustand so gewaltsam entfernt, in demselben erträglich zu machen bestrebt.
Sie müssen ihn endlich durch Selbstverleugnung zu der Kraft emporheben, durch die er allein imstande ist, das Wesen der Unschuld in sich selbst wieder herzustellen und sich selbst wieder zu dem friedlichen, gutmütigen und wohlwollenden Geschöpf zu machen, das er in der Unverdorbenheit seines tierischen Zustands auch ist.
Fortsetzung dieser Resultate
Ich erscheine im gesellschaftlichen Zustand als solchem immer als ein verwirrtes, verdorbenes Mittelding zwischen meiner tierischen Schuldlosigkeit und meiner sittlichen Reinheit. Ich will auf der einen Seite in demselben jeden tierischen Lebensgenuß, den ich in meine Hand zu bringen vermag, mir selbst mit aller Kraft sicherstellen.
Auf der anderen Seite will ich freilich auch, daß die Einrichtungen und Verkommnisse dieses Zustands auf Regeln und Grundsätzen ruhen sollen, die dem Edelsten, das ich zu erkennen vermag, nicht widersprechen.
Aber mein Zweck selber und meine tierische Natur, in welcher dieser Zweck mit der ganzen Kraft meiner stärksten Triebe belebt ist, setzt diesem Edelsten, Besten, das ich zu erkennen vermag, in diesem Zustand als solchem unabänderliche Grenzen, indem mein Wille, edelmütig und rechtlich zu handeln, in demselben immer dem tierischen Bedürfnis der Selbsterhaltung in meiner Lage als untergeordnet erscheint.
Ich bin daher als Bürger immer aller Wahrheit und allem Recht entgegen, insofern es mir auch nur möglich scheint, daß die Sicherheit der wesentlichsten Vorteile meiner gesellschaftlichen Stellung durch dieselbe in Gefahr gesetzt werden könnte.
Die Repräsentation der Masse, die gesellschaftliche Gewalt, handelt hierin völlig wie die Individuen der Masse. Sie erscheint in jedem Fall, wo das Wesen ihrer gesellschaftlichen Stellung in Gefahr zu sein scheint, immer wie der Mensch, fest entschlossen, selbige mit jedem Mittel, das die Vorsehung in ihre Hand gelegt, gegen jedermänniglich zu beschützen und zu erhalten.
Sie ist als Gewalt, insofern sie nicht mehr ist, eben wie der Bürger, insofern er nicht mehr ist, unfähig, edelmütig, gerecht und menschlich zu handeln, sobald sie glaubt, daß eine solche Handlungsweise mit den Vorrechten, in deren Besitz sie sich nun einmal befindet, nicht bestehen könne. Als gesellschaftlicher Mensch tue ich in allen Verhältnissen immer alles Unrecht, damit mir nicht Unrecht geschehen könne. Die sanften Gefühle meines Wohlwollens, die mir im beruhigten tierischen Zustand so natürlich sind, verlieren sich augenblicklich in mir, wenn die Sicherheit des Fortgenusses sinnlicher Reize, die mir nun einmal zu Bedürfnissen geworden sind, in Gefahr zu sein scheint. Das ist vom Demokraten wahr wie vom Aristokraten, vom König wie vom Schneider, vom Schneider wie vom Gelehrten und vom Gelehrten wie vom Bauer. Die gesellschaftliche Menschheit tanzt den Zwischentanz ihrer tierischen Roheit und ihrer sittlichen Veredelung allenthalben auf die nämliche Weise. Sie singt allenthalben ihr altes Lied:
Mundus vult decipi – ergo decipiatur [Die Welt will betrogen sein, also soll sie berogen werden].
Der König kennt keine Wahrheit gegen sein Kronrecht, der Schneider keine gegen sein Nadelrecht, der Patrizier keine gegen sein Geschlechtsrecht, der Pfaff' keine gegen seine Kuttenrechte. Mach' ihn so weise wie du willst, er wird nur weise werden für seine Kutte, für sein Geschlecht, für seine Krone und für seine Nadel und, wo nicht rasend, doch gewiß selbstsüchtig und schief handeln, wenn er seine Nadel, seine Krone, sein Geschlecht oder seine Kutte in Gefahr sieht.
Darum findet auch der Narr, wo er immer hinkommt, es gehe allenthalben, wie bei uns.Allenthalben erscheint der gesellschaftliche Mensch, insofern er nicht mehr ist, als dem Werk seiner Natur unterliegend und das Recht seines Geschlechts nicht anerkennend.
Übereinstimmung meiner wesentlichsten Grundsätze mit den einfachen Gesichtspunkten, die mir beim ersten ins-Auge-Fassen meines Gegenstandes auffielen
Hiermit nähert sich mein Buch seiner Vollendung. Die Widersprüche die in meiner Natur zu liegen scheinen, finden in der dreifach verschiedenen Art alle Dinge dieser Welt anzusehen, deren meine Natur fähig ist, allgemein ihren Aufschluß. Sie sind alle in ihrem Wesen einfache und in der Art, wie sie wirklich in mir erscheinen, mehr oder minder verwickelte Folgen dieser inneren Verschiedenheit meiner Anschauungsart aller Dinge und der mir im gesellschaftlichen Zustand wesentlich einwohnenden und durch denselben millionenfach genährten und befestigten Neigung, auf der Stufe meiner gesellschaftlichen Ausbildung stehenzubleiben und mich bei der Art und Weise, wie die Gegenstände dieser Welt im Verderben dieses Zustands meiner Selbstsucht in die Augen fallen, zu beruhigen. Diese Widersprüche sind nichts anderes, als das Schwanken meiner selbst zwischen mir selbst als Werk der Natur und als Werk meiner selbst, zwischen meinen tierischen Ansprüchen und dem Recht meines Gewissens.
Der gesellschaftliche Mensch lebt und schwebt als solcher ganz in diesem Schwanken, und die Gewaltsamkeit, mit der die Menschen das Glück und die Ruhe ihres Geschlechts allgemein untergraben, ruht gänzlich auf der tierischen Neigung, auf dem Punkt der Ausbildung, auf welchem die Vollendung ihres Selbst nicht möglich ist, sich vollendet zu glauben und auf den Stufen dieser gesellschaftlichen Ausbildung stehenzubleiben.
Der Mensch muß vermöge seiner Natur immer entweder unter diesen Punkt seiner Ausbildung versinken oder sich über denselben erheben, das ist: Er muß als Werk des Geschlechts entweder dem Werk seiner Natur unterliegen oder sich über sich selbst als Werk des Geschlechts erheben. Und er rettet sich daher nur dadurch von dem Unglück, mitten im gesellschaftlichen Zustand dem ganzen Verderben seiner tierischen Natur zu unterliegen, wenn er als Werk seines Geschlechts in sich selbst geht und in sich selbst eine Kraft sucht, sowohl gegen das Unrecht seiner gesellschaftlichen Verhärtung als gegen den Irrtum seiner tierischen Natur, das ist: Er rettet sich im gesellschaftlichen Zustand nur als Werk seiner selbst vom Unterliegen als Werk des Geschlechts unter sich selbst als verdorbenes Werk der Natur. Da er aber als Werk seiner selbst nichts anderes ist als sein inneres Urteil von der Wahrheit und dem Wesen seiner selbst, so ist es klar: Er rettet sich nur durch eine Gemütsstimmung, die mit derjenigen, auf welcher das Wesen der Religion ruht, die nämliche ist, von der Gefahr, im gesellschaftlichen Zustand gegen das Verderben seiner tierischen Natur wesentlich kraftlos zu erscheinen, und findet nur durch eine solche Gemütsstimmung wirkliche Mittel, die Widersprüche, die in seiner Natur zu liegen scheinen, in sich selbst aufzulösen und unwirksam zu machen.
Ich finde mich hier also wieder vollends auf dem Punkt, auf welchem ich im Abschnitt Religion stand.
"Der Mensch findet in seiner Natur keine Beruhigung, bis er das Recht seiner tierischen Sinnlichkeit in sich selbst verdammt hat gegen sich selbst und gegen sein ganzes Geschlecht. Aber er scheint die Kraft nicht zu besitzen, diesem Bedürfnis seines Wesens ein Genüge zu leisten. Die ganze Macht seiner tierischen Natur sträubt sich gegen diesen ihm so schrecklichen Schritt, aber er setzt die Macht seines Willens der Macht seiner Natur entgegen. Er will einen Gott fürchten, damit er nach dem innersten Urteil seiner selbst für sich selbst recht tun könne. Er fühlt, was er kann, und macht sich das, was er kann, zum Gesetz dessen, was er will. Diesem Gesetz, das er sich selbst gab, unterworfen, unterscheidet er sich vor allen Wesen, die wir kennen.
Ihm allein mangelt die Schuldlosigkeit des Instinkts, durch dessen Genuß das Vieh beruhigt auf dem Punkt steht, den dieser ihm anweist.
Er allein vermag es nicht, auf diesem Punkt stehenzubleiben, er muß entweder unter denselben versinken oder sich über denselben erheben.
Ich gehe weiter, zu sehen, wie weit die einfachen Gesichtspunkte, die mir beim ersten Anblick meines Gegenstandes ins Auge fielen, mit den wesentlichsten Resultaten meiner Nachforschungen übereinstimmen.
Die Frage, kommt der Mensch in dem nichtigen Lauf seines Daseins auf Erden dahin, daß ihm die einzelnen Vorfälle des Lebens nicht Zauberauftritte sind, die ihm allen inneren Unterschied der Dinge wie mit einem ewigen Nebel umhüllen? Diese Frage beantwortet sich jetzt ganz einfach:
Als Werk der Natur kommt er nicht dahin, als solches verträumt er seine Tage; Leerheit des Geistes, Trunkenheit der Sinne und taumelndes Träumen ist ihm Wonne des Lebens.
Als Werk des Geschlechts kommt er insoweit dahin, als er als solches sich selbst als Werk der Natur nicht unterliegt.
Als Werk seiner selbst, ist er Herr über sich selbst und über allen Zauber seiner tierischen Natur.
Die Untreue am gesellschaftlichen Recht, die den König zu tyrannischen, den Patrizier zu oligarchischen, den Edelmann zu standesmäßigen, den Kaufmann zu monopolischen, den Reichen zu eitlen, den Armen zu standeslosen (sansculottischen), den Geistlichen zu vielvermögenden, den Gelehrten zu armseligen, den Amtmann zu verschmitzten, den Bürger zu steifen Heillosigkeiten hinführt, ist allgemein nichts anderes als das einfache Benehmen meiner selbst beim Unterliegen als Werk des Geschlechts unter mich selbst als ein verdorbenes Werk der Natur, und das allgemeine Umtaufen dieser Heillosigkeiten in die hohen Namen Souveränitätsrechte, Aristokratie, landesväterliche Sorgfalt, Menschenrechte, Freiheit, standesmäßige Aufführung, Liebe zur Wahrheit, Geistesprodukt, königliches Priestertum usw. sind alle wieder nichts anderes als einfache Folgen des Unterliegens meiner gesellschaftlichen Kraft unter das Verderben meiner tierischen Natur und der Täuschung, mit welcher das verdorbene Werk meiner Natur im gesellschaftlichen Zustand sein Spiel mit mir selbst treibt.
Mein Bild des Menschen, von dem Punkt an, wo er aus seiner Höhle herausgeht, bis auf denjenigen, wo die letzten Stützen der Staaten sinken und die Völker sich im Elend der Verwilderung auflösen, dieses Bild ist nichts anderes als ein Schatten meines Bildes, in dem dreifachen Unterschied meiner selbst.
Als Werk meiner Natur gehe ich ein Raub jeder Naturkraft dahin und siege dennoch über alle Übel der Erde.
Als Werk meines Geschlechts sehne ich mich nach der Vereinigung mit Menschen, die ich morde; als solches erkenne ich in meinem Wort den Grund meines Rechts und meiner Pflicht, ich mache daher alles aus demselben, ich will, daß es ewiglich lebe, ich grabe es in steinerne Tafeln und gieße es in ewiges Erz. Als Werk seines Geschlechts baut der Mensch seinen Weltteil.
Als Werk seiner selbst baut er sich selber, als solcher weint die jungfräuliche Röte des pflichttreuen Weibes über ein kränkendes Wort, das ihren Lippen entschlüpft, als solches dient sie in dunkler Vergessenheit einem verworfenen Mann, dessen Bosheit die Ruhe ihrer Lippen nicht zu wandeln vermag.
Die Kennzeichen der nahenden Auflösung der Staaten sind nichts anderes als einfache Folgen des Unterliegens der Masse des Volkes und ihrer Repräsentation, der bürgerlichen Gewalt, als Werk des Geschlechts unter sich selbst als Werk der Natur. Allenthalben erkennt in einem solchen Zeitpunkt das Volk und die Repräsentation des Volkes, die Obrigkeit, kein gesellschaftliches Recht gegen sich selbst.
Allenthalben mangelt in demselben, dem Menschengeschlecht und seiner Repräsentation, reine gesellschaftliche Kraft, und die Gefahr, die dem Staat in demselben droht, ist nichts anderes als das Vergehen desselben durch die Auflösung des Rechts meines Geschlechts und die Freilassung der Individuen und ihres verwilderten Instinkts gegen dieses Recht.
Goethes Lied [Das Göttliche: Edel sei der Mensch …, von Pestalozzi unter „Staatsrecht“ zitiert] sagt nichts anderes, als der Mensch als Werk der Natur sei unfühlend und tappe wie das Glück blind unter die Gegenstände, die seine Sinne berühren.
Als Werk des Geschlechts vermöge er das Unmögliche, er unterscheide, er richte, er könne dem Augenblick Dauer verleihen.
Kenntnis und Wissen
Die Quelle der Erkenntnis, an der sich der Mensch mit reinem Wasser labt, ist Unschuld. Aber er lebt im gesellschaftlichen Zustand nichts weniger als in der Unschuld. Das Wissen meiner Natur verwebt sich in diesem Zustand mit dem Wissen meines Geschlechts; darum trinke ich als Werk der Natur im gesellschaftlichen Zustand, nach Kenntnissen haschend, bald am Gestade wütender Ufer giftigen Schaum, wage mich bald in Untiefen, die ich nicht kenne, bald in den Strom, wo er Gebirge mit sich in den Schlund reißt, schweife, ungefesselt von Verhältnissen, deren Recht ich nicht anerkenne, zwar ermüdet von vielerlei Wissen, aber dennoch mitten im Forschen ein Liebhaber des taumelnden Träumens und der Leerheit des Geistes, mit fremdem Wissen belastet, unwissend in den Notwendigkeiten des Lebens, ungeschickt zu jeder Pflicht und unpassend in jedes Verhältnis, durch mein Wissen selber mein eigener Verderber und ein elendes Werk meines Geschlechts, an dem Gestade des Irrtums und des Unrechts herum. Freilich als Werk meines Geschlechts ohne meine Schuld.
Beides, das unnatürliche Treiben unseres Wissens durch Akademien, Hörsäle und Schulstuben und das unnatürliche Hemmen durch Edikte, Verbote, durch Schrecken, durch Ungnaden, vorzüglich aber durch das Lügen insinuierende und Wahrheit erstickende Benehmen des guten Tons und des geist- und weltlichen Dienstes, macht das Wissen der Masse des Volkes im alternden Weltteil bald zu allgemein stinkenden Sümpfen. In ihrem Moor thront die Guillotine des Wahns, in ihrem Nebel verbergen sich geistliche Menschenfresser, fällst du ihnen in die Hände, sie braten dir dein Herz und skalpieren dir deinen inneren Schädel.
Also bist du als Werk der Natur unwissend. Als Werk des Geschlechts ist es noch eine Frage, ob du dich durch dein Wissen allgemein in dem Grad gesellschaftlich besser setzt, als du dich durch dasselbe tierisch verdirbst. Soviel ist gewiß: Tierisch ins Auge gefaßt, ist unter der Sonne kaum ein elenderes Geschöpf als ein lesender studierender Mensch; und gesellschaftlich ins Auge gefaßt, ist er fast immer eine ziemliche Zweideutigkeit. Der Mensch geht als gesellschaftlicher Mensch in seinem Wissen selten einfach und rein von seiner Selbstsorge aus und kettet dasselbe selten an die Bedürfnisse seiner nächsten Verhältnisse, darum unterliegt er mit seinem schweifenden Wissen so allgemein dem Verderben seiner tierischen Natur. Aber als Werk seiner selbst, das ist, wenn sein Wissen nicht von dem ausgeht, was er gelüstet, sondern von dem, was er soll, kann er dann durch sein Wissen sich selber veredeln und sein Geschlecht beglücken.
Darum sprach Gott in Eden zu dir: Dein Wissen werde ein Werk deiner selbst; es werde nicht ein Werk der sinnlichen weiblichen Schwäche deines tierischen Verderbens und deines irregeführten und irreführenden Schlangengeschlechts.
Erwerb
Als Werk der Natur erkenne ich keinen, tierische Unschuld erwirbt nicht.
Als Werk meines Geschlechts nimmt der Erwerb eine ungleiche Richtung, wenn ich den Zweck und das Recht der gesellschaftlichen Vereinigung anerkenne, oder wenn ich ihn nicht anerkenne.
Im ersten Fall geht der Anspruch auf sein Recht bei mir von einer in mir selbst in gesellschaftlich rechtmäßige Schranken eingelenkten Selbstsorge aus und führt mich innerhalb diesen Schranken zur Befriedigung meiner selbst in meinen nächsten Verhältnissen.
Im anderen Fall mache ich auf ein Erwerbsrecht Anspruch, das ganz auf der Freiheit meiner tierischen Selbstsucht ruht, und erscheine in der bürgerlichen Gesellschaft ohne gesellschaftliche Kraft gegen mich selbst, ohne einen in gesellschaftliche Schranken eingelenkten gesellschaftlichen Willen, den tierischen Gefühlen meiner verdorbenen Natur, das ist, mir selbst als Werk der Natur unterliegend. *)
*) [Anmerkung Pestalozzis]: Ich will diese Beschaffenheit meiner selbst, die Schwerfälligkeiten der Wiederholung zu vermeiden, in den künftigen Abschnitten nur mit den Worten „dem Werk der Natur unterliegend“ bezeichnen.
Eigentum und Besitzstand
Als Werk der Natur kenne ich keinen, tierische Unschuld besitzt nichts.
Dem Werk der Natur unterliegend, suche ich im Besitz des Eigentums mein Recht weiter auszudehnen, als es der Zweck der gesellschaftlichen Vereinigung zu erlauben vermag; es kümmert mich in diesem Zustand meiner selbst gar nichts, die Lasten, der mir durch mein Eigentum untergeordneten Menschen ohne Rücksicht auf wesentliche Befriedigung, die den Bewerbern des gesellschaftlichen Eigentums wie den Eigentümern gebührt, zu erhöhen. Es ist mir in diesem Zustand meiner selbst nicht genug, daß die mir untergeordneten Nutznießer meines Eigentums das ursprüngliche Unrecht des Besitzstandes gut und recht sein lassen, ich will noch, daß sie mir im Gebrauch desselben eben die tierische Freiheit gestatten, durch die das Eigentum in der Welt fast allgemein seinen Ursprung erhalten.
Wenn ich daher, das Recht meines Geschlechts anerkennend, das größere Eigentum mit der Notdurft des kleineren belaste, so belaste ich, dem Werk der Natur unterliegend, das kleinere Eigentum mit den Gelüsten des größeren.
Hinwieder, wenn ich, das Recht meines Geschlechts anerkennend, den Menschen, die keinen Teil an der Welt haben, einen sie befriedigenden Ersatz ihrer Naturrechte zu geben suche, so verweigere ich ihnen, dem Werk der Natur unterliegend, ihr gesellschaftliches Recht.
Als Werk meines Geschlechts und sein Recht anerkennend, ist Eigentum und Besitzstand die Grundsäule des gesellschaftlichen Zustands und der Kräfte, die unser Geschlecht entwickeln und bilden.
Dem Werk der Natur unterliegend, ist es aber Pandoras Büchse, aus der alle Übel der Erde entsprangen.
Als Werk meiner selbst, erkenne ich den Besitzstand eines jeden, in meiner Hand aber selber ist er soviel als nicht Besitzstand, sondern vielmehr ein Mittel, auch auf Gefahr meines Rechts und meiner Benutzung, mich selbst zu veredeln und mein Geschlecht zu beglücken.
Recht
Das Recht meines Instinkts ist in seinem Wesen nichts anderes als ein Gefühl meines tierischen Bedürfnisses und meiner tierischen Kraft, selbiges befriedigen zu können.
Das gesellschaftliche Recht ist in seinem Wesen ein Gefühl meiner gesellschaftlichen Bedürfnisse und meiner gesellschaftlichen Kraft, selbige befriedigen zu können. Das Recht der Besitznehmung ist in seinem Wesen eine einfache Folge meines Instinkts, ohne Rücksicht auf irgendeine Pflicht.
Eigentum, Gesetz, Kultur, gesellschaftlicher Zustand sind in ihrem Wesen nichts anderes als einfache Folgen der Besitznehmung, das ist: des selbstsüchtigen Gebrauchs meiner tierischen Kraft ohne Rücksicht auf Recht oder Pflicht.
Der Besitzstand und mit ihm der gesellschaftliche Zustand ruht also auf dem einfachen tierischen Gefühl, alle Mittel der Selbsterhaltung benutzen zu dürfen, und der tierischen Kraft, selbige benutzen zu können.
Daher ist auch der Anspruch an die freie Benutzung der Erde meiner tierischen Natur wesentlich; sie hat als solche keine Kraft in sich selbst, diesen Anspruch für sich selbst oder für ihr Geschlecht jemals zu veräußern.
Das tierische Gefühl des Unrechts einer solchen Veräußerung bleibt daher in uns, solange wir hungern, dürsten und frieren.
Es hat in den ersten Bedürfnissen unserer Natur, so wie in ihren ersten Grundgefühlen, seine unaustilgbare Kraft. Also wäre die Ungleichheit der Güter und alle Folgen der verteilten Erde an sich selbst ein positives Unrecht gegen unsere tierische Natur? Das ist gewiß, aber sollte um deswillen die Erde nicht geteilt sein und die Ungleichheit der Güter nicht stattfinden? – Das folgt nicht.
Unsere tierische Natur bewerkstelligt diese Verteilung vermöge eben der Grundgefühle, die uns hernach vermögen, über das zu klagen, was wir selbst getan haben, und augenblicklich wieder tun würden, wenn es noch nicht geschehen wäre. Diese Verteilung ist eine unausweichliche Folge unseres tierischen Verderbens, ein Übel, das der Kampf unserer tierischen Kraft und unserer tierischen Ohnmacht vollendet, ehe wir zu wissen vermögen, ob ein Recht in der Welt ist oder ob eines darinnen sein soll. Sie ist eine einfache Folge der Ungleichheit meiner physischen Kraft, die Ohnmacht unserer Natur muß jeder größeren Kraft weichen. Der Mensch muß vermöge dieser Natur notwendig der Kraft des Stärkeren, der List des Schlaueren, und den Hilfsmitteln des Glücklicheren unterliegen, und hiermit ist die Erde via facti geteilt.
Indessen ist es immer eine Torheit, daß wir die Noteinrichtungen unseres tierischen Verderbens an sich selbst ein Recht heißen und Begriffe von so geheißenen unveräußerlichen Naturrechten auf das Fundament offenbar rechtloser tierischer Gewalttätigkeiten gründen.
Wir müssen den Besitzstand sicher respektieren, aber nicht darum, weil die ersten Besitznehmer ein Recht hatten, sondern weil der Mensch tierisch und rechtlos Besitz nimmt und Besitz nehmen muß und weil wir die Folgen dieses tierisch eingelenkten und tierisch vollendeten Naturschritts weder durch ein gesellschaftliches noch durch ein sittliches Recht aufheben können und aufheben wollen.
Gesellschaftlicher Zustand
Als Werk der Natur erkenne ich keinen, tierische Unschuld ist pflichtlos, ungefesselt und unbestimmt [nicht fremdbestimmt]; dem Werk der Natur unterliegend, will ich in demselben leben wie im Stande der Wildheit. Ich hasse Gesetz und Recht, das mich einschnürt zu einer Wespengestalt.
Also beschaffen, will ich nicht, daß der gesellschaftliche Zustand, soweit ich darin wirke, anspreche und wandle, ein Recht habe; aber soweit jeder andere darin wirkt, anspricht und wandelt, soweit möchte ich denn freilich gern, daß er einem strengen Recht und einem harten Gesetz unterworfen wäre. Wenn mein Geschlecht gutmütig und träge meiner tierischen Kraft weicht und sein gesellschaftliches Recht leicht und ohne Mühe in meine Hände kommt wie die Frösche in den Schnabel des Storches, so trage ich es, dem Werk der Natur unterliegend, mit mir in den Lüften herum, wohin es mir beliebt, oder verschlinge es mit meinen Lieblingen in meinem Nest. Ich muß im gesellschaftlichen Zustand, dem Werk der Natur unterliegend, beim Besitz unverhältnismäßiger Kräfte notwendig dahin kommen, das Recht meines Geschlechts nichts zu achten, im Gegenteil: alles das zu untergraben, zu schwächen, zu zernichten und aufzulösen, was immer die von mir gekränkten und mißbrauchten Menschen dahin bringen könnte, in gesetzlicher Selbständigkeit Sicherheit gegen den Unfug und das Unrecht meiner Ansprüche zu suchen.
Macht
Als Werk der Natur erkenne ich wohl die Gewalt der Macht, aber nicht ihr Recht.
Dem Werk der Natur unterliegend, lasse ich im Besitz der Macht die Frage nicht an mich kommen, was ich dem Volk schuldig sei; ich gebe ihm aus Gnade, was es braucht, sich, in Rechtlosigkeit und Ehrlosigkeit eingewiegt, einen guten Tag zu machen.
Als solche verberge ich mich immer gegen den Anspruch des Volkes auf irgendein Recht entweder hinter mein Militär oder hinter meine Gnadenlügen oder hinter meine Schreckenswahrheit.
Aber das Recht meines Geschlechts anerkennend, weiß ich, daß ich im Besitz der Macht Gesetz und Recht und bindende Stricke gegen den Sirenengesang meines Tiersinns notwendig habe, eben wie das Volk.
Als Werk meines Geschlechts soll ich im Besitz der Macht freilich kein Recht zur Gesetzlosigkeit suchen. Aber nur als Werk meiner selbst will ich keines suchen.
Ehre
Als Werk der Natur kenne ich die Ehre nicht, tierische Unschuld lebt in einer namenlosen Ehrlosigkeit, aber im tierischen Verderben des gesellschaftlichen Zustands bringt mich die Neigung zur Ehre dahin, daß ich in meine Haut wie in ein hölzernes Brett schneide, daß ich Nasen und Ohren durchsteche, daß ich die Schleppe meines Kleides höher achte als mich selbst und für einen jeden Beinorden und für jeden Kreuzorden das Menschengeschlecht totschlage.
Als Werk meines Geschlechts und sein Recht anerkennend, gibt sie mir Kraft gegen mich selbst und nährt in mir Gefühle, die mich durch Achtung meiner selbst gegen mich selbst, gegen mein Geschlecht, und dadurch zur Anerkennung des sittlichen Rechts hinführen.
Unterwerfung
Als Werk der Natur kenne ich keine; tierische Unschuld und Unterwerfung nebeneinander gehören ins Reich der Träume, wo der Wolf und das Lamm nebeneinander auf einer Wiese weiden.
Dem Werk der Natur unterliegend, sträube ich mich gegen ihr Recht und gegen ihr Unrecht. Das Recht meines Geschlechts anerkennend, sträube ich mich nur gegen ihr Unrecht; ich will nämlich in dieser Beschaffenheit meiner selbst, daß die Unterwerfung gesellschaftlich rechtmäßig sei.
Dem Werk der Natur unterliegend, erkenne ich die Pflicht der Unterwerfung gar nicht.
Das Recht meines Geschlechts anerkennend, soll ich die Pflicht der Unterwerfung anerkennen. Als Werk meiner selbst will ich sie anerkennen.
Im ersten Fall verwildere ich durch den Zwang der Unterwerfung. Im anderen durch das Unrecht der Unterjochung. Im dritten erhebe ich mich durch mich selbst über alle Gefahr, durch irgendeinen Irrtum und durch irgendein Unrecht des gesellschaftlichen Zustands in mir zu verwildern.
Im ersten Fall empört sich mein Innerstes darüber, daß meine Lebensgenüsse und Lebensansprüche von irgendeiner fremden Kraft abhängen. Im zweiten, daß selbige ohne gesellschaftliches Recht von einer fremden Kraft abhängen. Im dritten suche ich, mitten in allem Unrecht der Gesetzlosigkeit mich selbst zu veredeln und meinem Geschlecht nützlich zu sein.
Im ersten Fall greife ich das Recht des Eigentums an. Im zweiten das Unrecht seines Gebrauchs. Im dritten suche ich den Zweck des Eigentums auch mitten im Chaos seines gesetzlosen, ungesellschaftlichen, unrechtmäßigen Gebrauchs mir selbst und meinem Geschlecht durch Weisheit und Mäßigung sicherzustellen.
Wenn ich im ersten Fall, tierische Selbständigkeit, im zweiten einen befriedigenden Ersatz derselben fordere, so gebe ich im dritten mir selbst dieses alles, indem ich den Hungrigen speise, den Gefangenen besuche und mich nicht fürchte vor denen die den Leib töten können.
Aber also über das Recht meines Geschlechts durch mich selbst erhaben, vergebe ich dennoch meinem Geschlecht als solchem gar nichts; ich trenne die innere Hoheit meiner Sittlichkeit von allen Verhältnissen, in denen die Menschen gesellschaftlich gegeneinander stehen; ich weiß, daß diese Verhältnisse nicht auf Sittlichkeit gegründet sein können; ich weiß, daß wenn nur zwei Menschen zusammenstehen, um sittlich zu sein, sicher eine Lüge zwischen ihnen den Bund trennt.
Selbst ein sittliches Wesen, erkenne ich dennoch kein Land, keine Stadt, kein Dorf für sittlich und fordere als solches, auch selbst in gesellschaftlichen Verbindungen lebend, dennoch von keinem Dorf, von keinem Land, von keiner Stadt, Sittlichkeit als gesellschaftliche Pflicht.
Ich weiß in dieser Beschaffenheit meiner selbst, daß das gesellschaftliche Recht eine bloße Modifikation des tierischen Rechts ist, und halte deswegen Sittlichkeit, Zutrauen, Dankbarkeit, usw., insofern selbige als Werk der Masse oder der Repräsentation der Masse zum Vorschein kommen, für nichts anderes als für einen frommen Betrug.
Beherrschung
Als Werk der Natur erkenne ich sie nicht; tierische Unschuld beherrscht nicht.
Dem Werk der Natur unterliegend, finde ich im Besitz der Macht einen unauslöschlichen Reiz, die Menschen, deren Lebensgenüsse von mir abhängen, als bloße Mittel zur Befriedigung meines Tiersinns anzusehen.
In diesem Fall kann es nie mein Wille sein, nach den Grundsätzen eines wirklich gesellschaftlichen Vertrags und dessen Recht selbst unterworfen zu herrschen, so wenig, als den Menschen, die keinen Teil an der Welt haben, mit Beschränkung meiner eigenen großen Kräfte einen befriedigenden Ersatz ihres Naturrechts zu verschaffen. Aber das Recht meines Geschlechts anerkennend und dem Werk meiner Natur nicht unterliegend, setze ich die Grenzen meines gesellschaftlichen Rechts weder bis an die Gewaltgelüste übergroßer Herrn noch bis an die Erschlaffungsdemütigkeiten überschwacher Knechte. Als Werk meiner selbst, als sittliches Wesen, erkenne ich das Recht der Herrschaft nicht für mein Recht, aber brauche seine bestehende Ordnung zur Veredelung meiner selbst und zur Beglückung meines Geschlechts.
Adel
Tierische Unschuld kennt ihn nicht; er ist, wie das Eigentum, ein Werk meines tierischen Verderbens. Insofern er Rechte fordert, die die Lebensgenüsse und den ganzen Zustand der seinem höheren Besitzstand unterworfenen Menschen prekär, ehrlos und rechtlos machen, ist er Werk des Geschlechts, dem Werk der Natur unterliegend, und insoweit gesellschaftlich unrechtmäßig.
Aber innerhalb gesetzlicher Schranken, die verhüten, daß der Zustand der sein Eigentum bearbeitenden Menschen nicht prekär, ehrlos und rechtlos werde – Werk des Geschlechts und sein Recht anerkennend –, ist er gesellschaftlich rechtmäßig. Ein Edler oder vielmehr ein Territorialeigentümer, der diese Rechtschaffenheit gegen die sein Eigentum bearbeitenden Menschen zeigt, ist ein sittlicher Mann.
Handlung
Als Werk der Natur kenne ich keine; tierische Unschuld handelt nicht.
Der Kaufmann, der die von ihm abhängenden Arbeiter als bloße in seiner Hand befindliche Mittel zur Bearbeitung seiner Fonds ansieht, ist ein Werk des Geschlechts, dem Werk der Natur unterliegend.
Der Kaufmann, der durch den Zwang der Gesetze genötigt wird, seine Arbeiter als selbständige, einen befriedigenden Ersatz ihrer Naturansprüche mit gleichem Recht fordernde Geschöpfe anzusehen, ist ein Werk des Geschlechts, das dessen Recht anerkennt.
Der Kaufmann, der ohne Zwang der Gesetze sie also ansieht; ist ein sittlicher Mann.
Also ist Handlung mit monopolisch erblichen Rechten gesellschaftlich unrechtmäßig wie der Adel mit gleichen Ansprüchen.
Handlung mit Gebräuchen, Gewohnheiten und Anmaßungen, welche den Zustand der von ihrem hohen Besitzstand abhängigen Menschen prekär, ehrlos und rechtlos machen, ist insoweit gesellschaftlich unrechtmäßig wie der Adel mit gleichen Gewohnheiten und Anmaßungen.
Handlung, innerhalb gesetzlicher Schranken, die dieses verhüten, ist gesellschaftlich rechtmäßig, wie der Adel innerhalb gleicher Schranken.
Kronrecht
Tierische Unschuld weiß nicht was dieses Recht ist; die Natur kennt keine Krone.
Der Kamm auf dem Kopf der Schlange ist so wenig eine Krone als der auf dem Kopf eines Hahns. Als Anspruch auf den unbedingten Gebrauch der Staatskräfte und als Stand der erblichen Willkür ist es ein Werk des Geschlechts, dem Werk der Natur unterliegend und das Recht des Geschlechts nicht anerkennend und ist insoweit gesellschaftlich unrechtmäßig wie alles, was in diesem Zustand das Recht und den Zweck der gesellschaftlichen Vereinigung gegen sich selbst nicht anerkennt.
Innerhalb solcher Schranken, die vermögend sind, die gesellschaftliche Menschheit vor dem Gebrauch der Staatsmacht gegen das Recht und den Zweck der gesellschaftlichen Vereinigung zu verhüten, ist es gesellschaftlich rechtmäßig, wie alles, was die Bande der Gesellschaft untereinander vereinigt und sichert.Der König, der ohne Zwang der Gesetze das gesellschaftliche Recht gegen sich selber erkennt, dieser König wird angebetet werden, wann er erscheint, aber seine Krondiener werden mit ihm handeln wie die dreifachen Krondiener [Pestalozzi spielt auf die päpstliche Krone, die Tiara, an] mit dem edelmütigen Papst. Vielleicht aber ist es nicht möglich, daß er jemals erscheint, vielleicht ist es nicht möglich, unter der Last der Krone nicht in den Sumpf der Rechtlosigkeit zu versinken.
Gesetzliches Recht
Dem Werk der Natur unterliegend, will ich keines; also beschaffen, will ich Sansculotte, standeslos und gesetzlos sein. Mein Geschlecht wird nur durch den Zwang und die Zucht des Gesetzes zur Anerkennung des Rechts gebracht. Ohne Zwang wird es in allen Verhältnissen des gesellschaftlichen Lebens dem Endzweck der gesellschaftlichen Vereinigung, bei jedem Vorteil, den es dadurch erhaschen kann, ungetreu.
Freiheit
Als Werk der Natur mache ich Anspruch auf tierische Freiheit. Als Werk meines Geschlechts auf bürgerliche. Als Werk meiner selbst auf sittliche.
Der tierische Anspruch an Freiheit ist ursprünglich nicht gewalttätig. Tierische Unschuld kennt keine Gewalttätigkeit. Sobald dieser Anspruch gewalttätig ist, ist er eine Folge des tierischen Verderbens, folglich ein Werk des Geschlechts, gesellschaftlich. Als solcher ist er entweder dem Werk der Natur unterliegend, Sansculottismus, oder das Recht meines Geschlechts anerkennend, rechtlich.
In beiden Fällen spreche ich die Freiheit mit der ganzen Gewaltsamkeit meiner tierischen Natur an.Als sittliches Wesen suche ich dem tierischen dieses Anspruchs in mir selbst diejenige Grenzen zu setzen, die das Wesen der Sittlichkeit ihm unabänderlich setzt.
Tyrannei
[Dieser Titel fehlt irrtümlich in der Vorlage]
Tyrannei ist Naturleben im Besitz der Macht. Sklaverei tierisches Dulden dieses Lebens. Aufruhr, tierisches Widerstreben gegen dasselbe.
Dem Werk der Natur unterliegend, bin ich immer entweder Tyrann oder Sklave oder Aufrührer.
Das Recht meines Geschlechts anerkennend, soll ich keines von allen sein.
Als Werk meiner selbst will ich keines von beiden sein.
Im ersten Fall überlasse ich mich im Besitz der Macht den tierischen Reizen der Trägheit, der Gewalttätigkeit, der Windbeutelei und Gedankenlosigkeit, die einfache Folgen des freien Spiels meiner tierischen Selbstsucht sind.
Der Macht selbst unterworfen aber, trage ich in diesem Fall das gesellschaftliche Unrecht ihrer tierischen Selbstsucht mit der Gleichgültigkeit meiner tierischen Entkräftung und suche soviel mir möglich, selbst an den Sinnlichkeitsgenüssen ihres Verderbens teilzunehmen; oder ich neige mich wie sie zur gesetzlosen Gewalttätigkeit hin, suche mit ebenso verdorbenem Tiersinn das Unrecht, das sie mir tut, über ihren Kopf zu bringen und setze zum Dienst meiner sinnlichen Gelüste die Ruhe und das Glück des Landes aufs Spiel, wie sie es darauf gesetzt hat.
Im zweiten Fall soll ich das alles nicht tun, ich soll weder Tyrann noch Sklave noch Aufrührer sein. Im dritten will ich es nicht tun, als sittliches Wesen will ich weder Tyrann noch Sklave noch Aufrührer sein.