Nr. 72 (PSW 11, S. 139)
Gleich morgens sagte die Eiche zu ihrem Bodengras: du bist undankbar, daß du den Segen meiner Herbstblätter, die ich alle Jahre wie ein Winterkleid auf dich lege, nicht anerkennst. Aber das Gras antwortete ihr: du nimmst mir mit Stamm und Gipfel mein Recht an Sonne, Tau und Regen, und mit deinen Wurzeln meinen Anspruch an die Nahrung des Bodens, in welchem ich stehe; laß jetzt das genug sein, und plaudere mir nicht noch von dem Almosen des Winterkleides, das du um deiner Wurzeln willen, auf mein Elend zu legen, genötigt bist. So, so, die Eiche wollte noch Dankbarkeit von dem Grase, das unter ihrem Schatten zu serben gezwungen war. Diese Anmaßung ist fast so stark, als die Anmaßung des Dei von Algier, der von seinen Sklaven noch fordert, sie sollen bei dem Unrecht, das sie in der Sklaverei leiden, ihm dennoch für den Schutz danken, den sie dadurch genießen, daß sie die Luft seines Reiches einatmen und sich an der Sonne seines Reiches wärmen dürfen.