Wie Gertrud ihre Kinder lehrt (1801)
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I. Brief
Mein teurer Gessner,
Du sagst: es sei einmal Zeit, mich über meine Ideen von dem Volksunterricht öffentlich zu äußern.
Nun ich will es tun, und Dir, wie einst Lavater Zimmermann seine Aussichten in die Ewigkeit, in einer Reihe von Briefen diese meine Aussichten, oder vielmehr diese meine Ansichten so klar machen, als es mir möglich sein wird.
Ich sah den Volksunterricht, wie einen unermeßlichen Sumpf vor meinen Augen, und watete mit einer Gewaltsamkeit in seinem Kot herum, bis ich endlich mit den Quellen seines Wassers, mit den Ursachen seiner Verstopfungen, und mit den Standpunkten, von denen sich die Möglichkeit sein nasses Verderben ableiten zu können, ahnen ließ, bekannt war.
Ich will dich jetzt selber eine Weile in den Irrwegen herumführen, aus denen ich mich mehr durch Zufälle, als durch meinen Kopf und meine Kunst endlich wieder herausfand.
Schon lange, ach, seit meinen Jünglingsjahren wallte mein Herz, wie ein mächtiger Strom, einzig und einzig nach dem Ziel, die Quelle des Elends zu stopfen, in die ich das Volk um mich her versunken sah.
Es ist schon über dreißig Jahre, daß ich Hand an das Werk legte, welches ich jetzt treibe. Iselins Ephemeriden bescheinigen, daß ich jetzt den Traum meiner Wünsche nicht umfassender denke, als ich ihn damals schon auszuführen suchte.
Ich lebte jahrelang im Kreise von mehr als fünfzig Bettlerkindern; teilte in Armut mit ihnen mein Brot; lebte selbst wie ein Bettler, um zu lernen, Bettler wie Menschen leben zu machen.
Das Ideal ihrer Bildung umfaßte Feldbau, Fabrik und Handlung. Ich war in allen drei Fächern voll hohen und sicheren Taktes für das Große und Wesentliche dieses Plans, und noch heute kenne ich keinen Irrtum in den Fundamenten desselben. Das ist denn aber hingegen auch ganz wahr, es mangelte mir ebenso in allen drei Fächern, die Fertigkeiten des Details und eine Seele, die sich an die Kleinigkeiten desselben mit Festigkeit anschloß; auch war ich nicht reich genug, und zu verlassen, um durch ein genügsames Personal unter mir auszufüllen, was mir mangelte. Mein Plan scheiterte.
Aber ich hatte in der unermeßlichen Anstrengung des Versuchs unermeßliche Wahrheit gelernt, und meine Überzeugung von der Richtigkeit desselben war nie größer als da er scheiterte; auch wallte mein Herz immer dennoch unerschütterlich nur nach dem nämlichen Ziel, und jetzt selbst im Elend, lernte ich das Elend des Volkes und seine Quellen immer tiefer und so kennen, wie sie kein Glücklicher kennt. Ich litt was das Volk litt, und das Volk zeigte sich mir, wie es war, und wie es sich niemandem zeigte. Ich saß eine lange Reihe von Jahren unter ihm wie die Eule unter den Vögeln. Aber mitten im Hohngelächter der mich wegwerfenden Menschen, mitten in ihrem lauten Zuruf: du Armseliger! du bist weniger als der schlechteste Tagelöhner imstande dir selber zu helfen, und bildest dir ein, daß du dem Volke helfen könnest? - mitten in diesem hohnlachenden Zuruf, den ich auf allen Lippen las, hörte der mächtige Strom meines Herzens nicht auf einzig und einzig nach dem Ziel zu streben, die Quellen des Elends zu stopfen, in das ich das Volk um mich her versunken sah, und von einer Seite stärkte sich meine Kraft immer mehr. Mein Unglück lehrte mich immer mehr Wahrheit für meinen Zweck. Was niemand täuschte, das täuschte mich immer; aber was alle täuschte, das täuschte mich nicht mehr.
Ich kannte das Volk, wie es um mich her niemand kannte. Der Jubel seines Baumwollverdienstes, sein steigender Reichtum, seine geweißten Häuser, seine prächtigen Ernten, selbst das Sokratisieren einiger seiner Lehrer, und die Lesezirkel unter Untervogtssöhnen und Barbieren täuschten mich nicht. Ich sah sein Elend; aber ich verlor mich in dem umfassenden Bild seiner zerstreuten isolierten Quellen, und rückte in der praktischen Kraft, seinen Übeln zu helfen nicht in dem Grade vorwärts, in dem sich meine Einsichten über die Wahrheit seiner Lage ausdehnten; und selbst das Buch, das mein Gefühl von diesen Lagen meiner Unschuld auspreßte, selbst Lienhard und Gertrud war ein Werk dieser meiner inneren Unbehilflichkeit, und stand unter meinen Zeitgenossen da, wie ein Stein, der Leben redet und tot ist. Viele Menschen gaben ihm einen Blick, aber fanden sich so wenig in mir und meinen Zwecken, als ich mich im Detail der Kräfte und Einsichten, die seine Ausführung voraussetzten, fand.
Ich vernachlässigte mich selber, und verlor mich im Wirbel des gewaltsamen Drangs nach äußeren Wirkungen, deren innere Fundamente ich nicht tief genug in mir selbst bearbeitete.
Hätte ich dieses Letztere getan, zu welcher inneren Höhe hätte ich mich für meinen Zweck emporheben können, und wie schnell wäre ich meinem Ziel entgegengekommen, das ich nie fand, weil ich seiner nicht wert war, indem ich es nur äußerlich suchte, und Liebe zur Wahrheit und zum Recht in mir selbst zur Leidenschaft werden ließ, die mich, wie ein losgerissenes Schilfrohr auf den Wellen des Lebens umhertrieb, und die ausgespülten Wurzeln meiner selbst Tag für Tag hinderte, in sicherem Boden wieder anzukeimen, und die Nahrung zu finden, die sie für mein Ziel so wesentlich bedurften. - Die Hoffnung war so eitel, daß ein anderer diesen losgerissenen Schilf den Wellen entreißen, und ihn in den Boden hineinsetzen würde, in den ich ihn selber hineinzusetzen versäumte.
Teurer Freund! wer nur einen Tropfen von meinem Blut hat, der weiß jetzt, wohin ich sinken mußte. Und du, mein Gessner, ehe du weiterliest, weihest du meinem Gang eine Träne.
Tiefe Mißstimmung verschlang mich jetzt; was ewige Wahrheit und ewiges Recht ist, bildete sich in meiner Leidenschaft in Luftschlösser um; ich hing mit sinnlicher Verhärtung an Worten und Tönen, die in mir selbst den Fuß von innerer Wahrheit verloren, und sank so mit jedem Tag mehr zur Verehrung von Gemeinsprüchen, und zum Trommelschlag der Scharlatanrezepte hinab, mit welchen die neuere Zeit dem Menschengeschlecht helfen wollte.
Doch es ist nicht, daß ich dies Versinken meiner selbst nicht fühlte, und ihm nicht entgegenzuwirken trachtete. Ich schrieb drei Jahre lang mit unglaublicher Mühseligkeit an den "Nachforschungen über den Gang der Natur in der Entwicklung des Menschengeschlechts" wesentlich in der Absicht, über den Gang meiner Lieblingsideen mit mir selbst einig zu werden, und meine Naturgefühle mit meinen Vorstellungen vom bürgerlichen Recht und von der Sittlichkeit in Harmonie zu bringen. Aber auch dieses Werk ist mir selbst, wieder nur ein Zeugnis meiner inneren Unbehilflichkeit - ein bloßes Spiel meines Forschungsvermögens, einseitig ohne verhältnismäßige Kraft gegen mich selbst, und leergelassen von genügsamem Streben nach der praktischen Kraft, die ich zu meinen Zwecken so notwendig hatte. Die Unverhältnismäßigkeit meiner Kraft mit meinen Einsichten stieg nur desto mehr, und machte in mir die Lücke immer größer, die ich zu Erzielung meines Zweckes ausfüllen sollte, und immer weniger ausfüllen konnte.
Auch erntete ich nicht mehr als ich säte. Die Wirkung meines Buchs um mich her war wie die Wirkung all meines Tuns; es verstand mich bald niemand, und ich fand in meiner Nähe nicht zwei Menschen, die mir nicht halb zu verstehen gaben, daß sie das ganze Buch für einen Galimathias ansahen. Und noch neulich, noch jetzt drückte sich ein Mann von Bedeutung, der mich sonst liebt, mit schweizerischer Traulichkeit hierüber so aus: "Aber nicht wahr, Pestalozzi, Sie fühlen doch jetzt selber, daß Sie damals, als Sie dieses Buch schrieben, nicht recht wußten, was Sie wollten? -" Doch das war mein Schicksal, mißkannt zu sein und Unrecht zu leiden; ich hätte es benutzen sollen, aber ich benutzte es nicht; ich setzte meinem Unglück nur inneren Hohn und Menschenverachtung entgegen; dennoch wich ich nie von meinem Ziel; aber es war jetzt in mir sinnlich verhärtet, und lebte in einer zerrütteten Einbildungskraft und in einem mißstimmten Herzen; ich versank immer tiefer dahin, die heilige Pflanze des Menschenwohls auf entweihtem Boden nähren zu wollen.
Gessner! ich der ich soeben in meinen Nachforschungen die Ansprüche allen bürgerlichen Rechts als bloße Ansprüche meiner tierischen Natur erklärte, und insoweit als wesentliche Hindernisse des Einzigen, was für die Menschennatur einen Wert hat, als ein Hindernis der sittlichen Reinheit ansah, erniedrigte mich dahin, mitten unter Vorkehrungen äußerer Gewalt und innerer Leidenschaft, von dem bloßen Schall bürgerlicher Wahrheit und Rechtsbegriffe, eine gute Wirkung auf die Menschen meines Zeitalters zu erwarten, die, wenige ausgenommen, allerseits nur in Pausbackengefühlen lebten, Gewalt suchten, und nach wohlbesetzten Tischen haschten.
Ich war mit grauen Haaren noch ein Kind; aber jetzt ein tief in mir selbst zerrüttetes Kind; ich wallte zwar auch im Sturm dieser Zeit dem Ziel meines Lebens entgegen, aber einseitiger und irrender als ich es je tat; ich suchte jetzt in der allgemeinen Aufdeckung der alten Quellen der bürgerlichen Übel, in leidenschaftlichen Darstellungen des bürgerlichen Rechts und seiner Fundamente, und in der Benutzung des empörten Gewaltgeistes gegen einzelne Leiden des Volkes eine Bahn für mein Ziel. Aber die bessere Wahrheit meiner früheren Tage war für Menschen, die um mich her lebten, nur Schall und Worte; um wieviel mehr mußte ihnen also meine jetzige Ansicht der Dinge eine Torheit sein. Sie tunkten, wie immer, auch diese Art von Wahrheit in ihren Kot, blieben was sie waren, und handelten gegen mich, wie ich es hätte voraussehen sollen, und nicht voraussah, weil ich im Traum meiner Wünsche in den Lüften schwebte, und mir keine Selbstsucht die Augen über meine Menschen öffnete. Ich irrte mich nicht nur in jedem Schlauen, ich irrte mich in jedem Narren, und traute jedem, der vor meinen Augen stand, und ein gutes Wort redete, auch eine gute Meinung zu. Aber dennoch kannte ich das Volk, und die Quellen seiner Verwilderung und Entwürdigung vielleicht wie niemand; aber ich wollte nichts, gar nichts, als das Stopfen dieser Quellen, und das Aufhören ihrer Übel; und Helvetiens neue Menschen (novi homines), die nicht so wenig wollten, und das Volk nicht kannten, fanden natürlich, daß ich nicht zu ihnen paßte; diese Menschen, die in ihrer neuen Stellung, wie schiffbrüchige Weiber jeden Strohhalm für einen Mastbaum ansahen, an dem die Republik sich an ein sicheres Ufer treiben könne, achteten mich, mich allein für einen Strohhalm, an dem sich keine Katze anschließen könnte. - Sie wußten es nicht, und wollten es nicht, aber sie taten mir Gutes, sie taten mir mehr Gutes, als mir je Menschen Gutes getan haben. Sie gaben mich mir selbst wieder, und ließen mir im stillen Staunen über die Umwandlung ihrer Schiffsverbesserung in einem Schiffbruch nichts über, als das Wort, das ich in den ersten Tagen ihrer Verwirrung aussprach, "ich will Schulmeister werden". Dafür fand ich Vertrauen, ich bin es geworden, und kämpfe nun seit diesem Standpunkt einen Kampf, der mich auch wider meinen Willen genötiget, die Lücken meiner inneren Unbehilflichkeit auszufüllen, die meinen Endzwecken sonst entgegenstanden.
Freund! Ich will dir den Umfang meines Seins und meines Tuns seit diesem Zeitpunkt offen enthüllen. Ich hatte bei dem ersten Direktorium durch Legrand für den Gegenstand der Volksbildung Vertrauen gewonnen; und war auf dem Punkt einen ausgedehnten Erziehungsplan im Aargau zu eröffnen, als Stans verbrannte, und Legrand mich bat, den Ort des Unglücks für einmal zu dem Ort meines Aufenthalts zu wählen. Ich ging. - Ich wäre in die hintersten Klüfte der Berge gegangen, um mich meinem Ziel zu nähern, und näherte mich ihm wirklich; aber denke dir meine Lage - ich einzig; gänzlich von allen Hilfsmitteln der Erziehung entblößt; ich einzig - Oberaufseher, Zahlmeister, Hausknecht und fast Dienstmagd, in einem ungebauten Haus, unter Unkunde, Krankheiten und Neuheiten von aller Art. Die Kinder stiegen allmählich bis auf achtzig, alle von ungleichem Alter, einige von vieler Anmaßung, andere aus dem offenen Bettel; alle, wenige ausgenommen, ganz unwissend. Welch eine Aufgabe! sie zu bilden, diese Kinder zu entwickeln, welch eine Aufgabe!
Ich wagte es sie zu lösen, und stand in ihrer Mitte, sprach ihnen Töne vor, machte sie selbige nachsprechen; wer es sah, staunte über die Wirkung. Sie war freilich ein Meteor, der sich in der Luft zeigt, und wieder verschwindet, niemand kannte ihr Wesen, ich erkannte es selbst nicht. Sie war die Wirkung einer einfachen, psychologischen Idee, die in meinem Gefühl lag, der ich mir aber selbst nicht deutlich bewußt war.
Es war eigentlich das Pulsgreifen der Kunst, die ich suchte - ein ungeheurer Griff, - ein Sehender hätte ihn gewiß nicht gewagt; ich war zum Glück blind, sonst hätte ich ihn auch nicht gewagt. Ich wußte bestimmt nicht, was ich tat, aber ich wußte, was ich wollte, und das war: Tod oder Durchsetzung meines Zwecks.
Aber die Mittel zu demselben waren unbedingt nur Resultate der Not, mit der ich mich durch die grenzenloseste Verwirrung meiner Lage durcharbeiten mußte.
Ich weiß es selbst nicht, und kann es kaum begreifen, wie ich nur durchkam; ich spielte auf eine Art mit der Not, trotzte ihren Schwierigkeiten, die wie Berge vor mir standen, setzte dem Anschein der physischen Unmöglichkeit die Gewalt eines Willens entgegen, der den nächsten Augenblick, der ihm vorstand, nicht sah und nicht achtete; aber sich in den gegenwärtigen einklammert, wie wenn er allein wäre, und Leben und Tod an ihm hinge.
So arbeitete ich in Stans, bis das Nahen der Österreicher meinem Werk an das Herz griff, und die Gefühle, die mich jetzt niederdrückten, meine physischen Kräfte auf den Grad brachten, auf dem sie waren, da ich Stans verließ. Bis auf diesen Punkt war ich über die Fundamente meines Ganges noch nicht mit mir selbst einig; aber da ich das Unmögliche versuchte, fand ich möglich, was ich nicht ahnte, und da ich mich in weglose Gebüsche, die Jahrhunderte niemand betreten hatte, hineindrängte, fand ich hinter den Gebüschen Fußstapfen, die mich zu der Heerstraße führten, die auch Jahrhunderte niemand betreten hatte.
Ich will ein wenig ins Umständliche gehen. Da ich mich genötigt sah, den Kindern allein und ohne alle Hilfe Unterricht zu geben, lernte ich die Kunst viele miteinander zu lehren, - und da ich kein Mittel hatte, als lautes Vorsprechen, ward der Gedanke, sie während dem Lernen zeichnen, schreiben und arbeiten zu machen, natürlich entwickelt. Die Verwirrung der nachsprechenden Menge führte mich auf das Bedürfnis des Taktes, und der Takt erhöhte den Eindruck der Lehre. Die gänzliche Unwissenheit von allem machte mich auf den Anfangspunkten lange stehenbleiben, und dieses führte mich zu Erfahrungen von der erhöhten inneren Kraft, die durch die Vollendung der ersten Anfangspunkte erzielt wird, und von den Folgen des Gefühls der Vollendung und der Vollkommenheit auch auf der niedersten Stufe. Ich ahnte den Zusammenhang der Anfangspunkte eines jeden Erkenntnisfaches mit seinem vollendeten Umriß wie noch nie, und fühlte die unermeßlichen Lücken, die aus der Verwirrung und der Nichtvollendung dieser Punkte in jeder Reihenfolge von Kenntnissen erzeugt werden müssen, ebenso wie noch nie. Die Folgen der Aufmerksamkeit auf diese Vollendung übertrafen meine Erwartungen weit, es entwickelte sich in den Kindern schnell ein Bewußtsein von Kräften, die sie nicht kannten, und besonders ein allgemeines Schönheits- und Ordnungsgefühl; sie fühlten sich selbst, und die Mühseligkeit der gewöhnlichen Schulstimmung verschwand wie ein Gespenst aus meinen Stuben; sie wollten, - konnten, - harrten aus, - vollendeten, und lachten, - ihre Stimmung war nicht die Stimmung der Lernenden, es war die Stimmung aus dem Schlaf erweckter, unbekannter Kräfte, und ein geist- und herzerhebendes Gefühl, wohin diese Kräfte sie führen könnten und führen würden.
Kinder lehrten Kinder, sie versuchten, was ich nur sagte. Auch hierzu führte mich die Not. Da ich keine Mitlehrer hatte, setzte ich das fähigere Kind zwischen zwei unfähigere, es umschlang sie mit beiden Händen, sagte ihnen vor, was es konnte, und sie lernten ihm nachsprechen, was sie nicht konnten.
Teurer Freund! Du hast das Gewühl dieses Zusammenlernens gehört, und seinen Mut und seine Freude gesehen. Sage selbst, wie war dir, als du es sahst - ich sah' deine Tränen, und es wallte in meinem Busen die Wut über den Menschen, der es noch aussprechen könnte: die Veredlung des Volkes ist nur ein Traum.
Nein, sie ist kein Traum; ich will ihre Kunst in die Hand der Mutter werfen, in die Hand des Kindes und in die Hand der Unschuld, und der Bösewicht wird schweigen, und es nicht mehr aussprechen: sie ist ein Traum.
Gott! wie dank ich dir meine Not! ohne sie spräche ich diese Worte nicht aus, und brächte ihn nicht zum Schweigen.
Meine Überzeugung ist jetzt vollendet; sie war es lange nicht, aber ich hatte in Stans auch Kinder, deren Kräfte noch ungelähmt von der Ermüdung einer unpsychologischen Haus- und Schulzucht sich schneller entfalteten. Es war ein anderes Geschlecht; selbst ihre Armen waren andere Menschen als die städtischen Armen, und als die Schwächlinge unserer Korn- und Weingegenden. Ich sah die Kraft der Menschennatur und ihre Eigenheiten in dem vielseitigsten und offensten Spiel, ihr Verderben war das Verderben der gesunden Natur, ein unermeßlicher Unterschied gegen das Verderben der hoffnungslosen Erschlaffung und der vollendeten Verkrüppelung.
Ich sah in dieser Mischung der unverschuldeten Unwissenheit eine Kraft der Anschauung und ein festes Bewußtsein des Anerkannten und Gesehenen, von der unsere ABC-Puppen auch nur kein Vorgefühl haben.
Ich lernte bei ihnen, ich hätte blind sein müssen, wenn ich es nicht gelernt hätte, - das Naturverhältnis kennen, in welchem Realkenntnisse gegen Buchstabenkenntnisse stehen müssen; ich lernte bei ihnen, - was die einseitige Buchstabenkenntnis, und das ohne einen Hintergrund gelassene Vertrauen auf Worte, die nur Schall und Laut sind, der wirklichen Kraft der Anschauung, und dem festen Bewußtsein, der uns umschwebenden Gegenstände für einen Nachteil gewähren könne.
So weit war ich in Stans. Ich fühlte meine Erfahrungen über die Möglichkeit den Volksunterricht auf psychologische Fundamente zu gründen, wirkliche Anschauungserkenntnisse zu seinem Fundament zu legen, und der Leerheit seines oberflächlichen Wortgepränges die Larve abzuziehen, entschieden. Ich fühlte, daß ich das Problem dem Mann von Tiefblick und unbefangener Kraft auflösen könne; aber der befangenen Menge, die, wie Gänse, welche, seitdem sie aus der Schale geschlüpft, im Stall und in der Küche gefüttert wurden, alle Flug- und Schwimmkraft verloren hat - dieser befangenen Menge konnte ich noch nicht weiß machen, was ich wohl wußte.
Es war Burgdorf vorbehalten, mich hierfür in die Schule zu nehmen.
Aber denke dir, du kennst mich, denke dir, mit welchen Gefühlen ich von Stans wegging. Wenn ein Schiffbrüchiger nach müden rastlosen Nächten endlich Land sieht, Hoffnung des Lebens atmet, und sich dann wieder von einem unglücklichen Winde in das unermeßliche Meer geschleudert sieht, in seiner zitternden Seele tausendmal sagt: warum kann ich nicht sterben? - und sich dann doch nicht in den Abgrund hinabstürzt, und dann doch noch die müden Augen aufzwingt, und wieder umherblickt, und wieder ein Ufer sucht, und wenn er es sieht, alle seine Glieder wieder bis zum Erstarren anstrengt. Also war ich. –
Gessner! denke dir das alles, denke dir mein Herz und meinen Willen, meine Arbeit und mein Scheitern - mein Unglück, und das Zittern meiner zerrütteten Nerven und mein Verstummen - So, Freund! so war ich.
Fischer zeigte mir Zehender, und ich fand im Gurnigel Tage der Erholung. Ich hatte sie nötig; es ist ein Wunder, daß ich noch lebe. Aber es war nicht mein Ufer, es war ein Stein im Meer, auf dem ich ruhte, um wieder zu schwimmen. - Ich vergesse diese Tage nicht, Zehender! so lang' ich lebe; sie retteten mich, aber ich konnte nicht leben ohne mein Werk, selbst in dem Augenblick, da ich auf des Gurnigels Höhe das schöne unermeßliche Tal zu meinen Füßen sah, denn ich hatte noch nie eine so weite Aussicht gesehen, und dennoch dachte ich bei diesem Anblick, mehr an das übel unterrichtete Volk, als an die Schönheit der Aussicht. Ich konnte und wollte nicht leben ohne meinen Zweck.
Mein Verreisen von Stans, das, ungeachtet ich dem Tode nahe war, nicht eine Folge meines freien Entschlusses, sondern eine Folge militärischer Maßregeln und einer einstweiligen gänzlichen Unmöglichkeit der Fortsetzung meines Plans war, erneuerte das alte Gewäsch über meine Unbrauchbarkeit und gänzliche Unfähigkeit, bei irgendeinem Geschäft auszuharren. "Ja so fünf Monate lang, sprachen selbst meine Freunde, ist es ihm möglich, sich so zu stellen, als wenn er arbeiten könnte, aber in den sechsten hinein geht's gewiß nicht. Man hätte es vorauswissen sollen, er kann nichts ganz, und war im Grunde nie zu etwas Wirklichem tüchtig, als einmal zu einem Roman, allein er hat sich auch hierin überlebt". Man sagte mir ins Gesicht: Es sei eine Torheit um deswillen, daß ein Mensch in seinen dreißiger Jahren etwas vernünftiges geschrieben, ihm darum auch zuzutrauen, daß er in seinen fünfziger Jahren etwas vernünftiges tun könne. Man sagte es laut, das Höchste, das man zu meinem Vorteil eingestehen könne, sei dieses: ich brüte über einem schönen Traum, und habe, wie alle Narren, die über etwas brüten, hie und da über meinen Traum und über mein Steckenpferd einen lichtvollen Gedanken. Es versteht sich, daß mich niemand verhörte; indessen war man im Urteil einstimmig, es sei nichts anderes, als die Sachen seien mir in Stans wieder verleidet, und es werde mir wirklich alles verleidet.
F.... hat mir in dieser Hinsicht ein sonderbares Freundesgespräch zu Ohren gebracht; es geschah in einer offenen Gesellschaft, aber ich beschreibe das Nähere davon nicht. Der erste sagte:.
Hast du gesehen, wie entsetzlich er aussieht? Der Andere. Ja, der arme Narr dauert mich. Der Erste. Mich auch, aber es ist ihm nicht zu helfen. Allemal, wenn er einen Augenblick einen Schein von sich wirft, daß man glaubt, er könne wirklich etwas, so ist's den Augenblick darauf wieder dunkel um ihn her, und wenn man näher hinzu kommt, so hat er nur sich selber verbrannt. Der Andere. Hätte er es nur einmal ganz getan! Es ist ihm doch nicht zu helfen, bis er Asche ist! Der Erste. Man muß weiß Gott das bald für ihn wünschen!
Das war der Lohn meiner Arbeit in Stans, einer Arbeit, die noch kein Sterblicher in diesem Umfang und unter solchen Umständen versuchte; einer Arbeit, deren innerer Erfolg mich wesentlich auf den Punkt brachte, auf dem ich jetzt stehe.
Man erstaunte, als ich vom Gurnigel mit meinem alten Willen, und mit meinem vorigen Zweck wieder herabkam, und nichts anderes wollte und nichts anderes suchte, als den Faden in irgendeinem Winkel und ohne irgendeine Nebenrücksicht wieder anzuknüpfen, wo ich ihn gelassen.
Rengger und Stapfer freuten sich; der Oberrichter Schnell riet mir nach Burgdorf zu gehen, und in ein paar Tagen war ich dort, und fand am Statthalter Schnell und am Doktor Grimm Männer, die den lockeren Sand, auf dem unsere alten morschen Schulstuben jetzt stehen, kannten, und es nicht unmöglich fanden, daß unter diesem Riessand dennoch fester Boden zu finden sei. Ich bin ihnen Dank schuldig. Sie schenkten meinen Zwecken Aufmerksamkeit und halfen mir mit Tätigkeit und Wohlwollen die Laufbahn gründen, die ich suchte.
Sie war aber auch hier nicht ohne Schwierigkeiten. Zum Glück achtete man mich gleich im Anfang so ungefähr wie jeden anderen Schulmeister, der mit Herumlaufen sein Brot sucht. Einige reiche Leute grüßten mich freundlich; einige Geistliche wünschten mir Gottes Segen zu meinem Vorhaben; einige kluge Menschen glaubten, es könnte für ihre Kinder doch etwas Nützliches dabei herauskommen; - alles schien sich gar ordentlich dahin zu bescheiden, warten zu wollen, bis es sich zeige, was etwa herausgucken wolle.
Aber der Hintersassen-Schulmeister in der unteren Stadt, an dessen Stube ich eigentlich angewiesen war, packte die Sache etwas tiefer. Ich glaubte er ahnte, der letzte Zweck meines eifrigen ABC-Krähens sei am Ende: seinen Posten mit Haut und Haar in meinen Sack zu kriegen. Einmal verbreiteten sich gar bald in den Gassen, die an ihn stoßen, die Gerüchte, der Heidelberger sei in Gefahr. Dieser aber ist in den reformierten Städten der Schweiz noch immer die Speise, an der man die Jugend der gemeinen Bürger und Hintersassen wohlbedächtlich so lange stehen läßt, als immer die verwahrlosesten Bauerntölpel auf den Dörfern, und du weißt es, daß man diese bei uns daran stehen läßt, bis sie zum Heera ga bäta müend, d.i. bis zu ihrem Eheversprechen.
Doch der Heidelberger war nicht das einzige. Man raunte sich in diesen Gassen noch in die Ohren: ich könne selber nicht schreiben, nicht rechnen und nicht einmal recht lesen.
Nun mein Freund, du siehst, es ist an den Gassengereden nicht immer alles unwahr; ich konnte wirklich weder recht schreiben, noch lesen, noch rechnen. Aber man schließt aus solchen wirklichen Gassenwahrheiten immer zuviel. Du hast es in Stans gesehen, ich konnte schreiben lehren, ohne selbst recht schreiben zu können, und gewiß war mein Nichtkönnen von allen diesen Dingen wesentlich notwendig, um mich zu der höchsten Einfachheit der Lehrmethode, und dahin zu bringen, Mittel zu finden, durch die auch der Ungeübteste und Unwissendste, hierin mit seinen Kindern zum Ziel kommen könne.
Inzwischen war es den Hintersassen in Burgdorf auch nicht zuzumuten, daß sie das alles zum voraus annehmen, noch weniger daran glauben sollten. Sie taten es auch nicht. Sie erkannten bei einer Zusammenkunft: sie wollen mit der neuen Lehre die Probe nicht an ihren Kindern machen, die Bürger sollen es an ihren eigenen probieren.
Das geschah auch. Gönner und Freunde brachten es mit aller Kunst, die an einem solchen Ort und für einen solchen Zweck nötig ist, endlich dahin, daß ich den Zutritt in den untersten Lehrschulen der oberen Stadt erhielt.
Ich schätzte mich glücklich. Doch ich war im Anfang wie verscheucht, ich fürchtete alle Augenblicke, man schicke mich noch einmal aus meiner Schulstube. Das machte mich wahrlich noch ungeschickter, als ich sonst bin, und wenn ich mir das Feuer und das Leben denke, mit dem ich in Stans in den ersten Stunden mir gleichsam einen Zaubertempel baute, und dann das Zagen, mit dem ich in Burgdorf handwerksmäßig in ein Schuljoch hineinkroch, so begreife ich fast nicht, wie der gleiche Mensch beides, das erste und das andere tun konnte.
Es war hier Schulordnung, Schein von Verantwortlichkeit, etwas Pedanterie und Anmaßung. Das alles war mir fremd; ich hatte so etwas in meinem Leben nicht getragen, aber ich wollte meinen Zweck, und trug es jetzt; krähte wieder täglich mein ABC vom Morgen bis zum Abend; und fuhr planlos in dem empirischen Gang fort, den ich in Stans abbrechen mußte. Ich setzte unermüdet Silbenreihen zusammen, ich beschrieb ganze Bücher mit ihren Reihenfolgen und mit Reihenfolgen von Zahlen, und suchte auf alle Weise die Anfänge des Buchstabierens und Rechnens zu der höchsten Einfachheit und in Formen zu bringen, die das Kind mit der höchsten psychologischen Kunst vom ersten Schritt nur allmählich zum zweiten, aber dann ohne Lücken, und auf das Fundament des ganz begriffenen zweiten, schnell und sicher zum dritten und vierten hinaufbringen müssen. Aber anstatt der Buchstaben, die ich die Kinder in Stans mit dem Griffel zeichnen machte, ließ ich sie jetzt Winkel, Vierecke, Linien und Bogen zeichnen.
Bei dieser Arbeit entwickelte sich allmählich die Idee von der Möglichkeit eines ABC der Anschauung, das mir jetzt wichtig ist, und mit dessen Ausführung der ganze Umfang einer allgemeinen Unterrichtsmethode mir in seiner ganzen Umfassung, aber freilich jetzt noch dunkel vor Augen stand. Es dauerte noch lange, bis er mir heiter ward, und es ist dir unbegreiflich, aber es ist gewiß wahr: ich hatte alle Anfangspunkte des Unterrichts schon monatelang bearbeitet, und alles getan, sie zur höchsten Einfachheit zu bringen; dennoch kannte ich ihren Zusammenhang noch nicht, oder war mir wenigstens desselben noch nicht deutlich bewußt; doch fühlte ich mit jeder Stunde mehr, daß ich vorwärts rückte, und stark vorwärts rückte.
Man hat mir in meinen Knabenschuhen schon geprediget, es sei eine heilige Sache um das Von-unten auf Dienen, aber ich habe jetzt erfahren, um Wunder zu leisten, muß man mit grauen Haaren von unten auf dienen. Ich will keine leisten, ich bin auch auf keinen Präliminarartikel dafür eingerichtet, und werde ewig weder ihre Wahrheit noch ihre Scharlatanerie in meine Hände bringen; aber, wenn Männer, die in meinem Alter noch ihren ganzen Kopf und unzerrüttete Nerven hätten, in einer Sache, wie die meinige, also von unten auf dienen wollten oder müßten, sie würden auf beiden Wegen dahin kommen. Doch nein, solche Männer suchen in meinem Alter, wie billig und recht ist, ihre Armsessel. Mit mir hat es nicht diese Bewandtnis, ich muß jetzt in meinen alten Tagen noch froh sein, daß man mich nur von unten auf dienen läßt. Ich tue es gerne, aber nach meiner eigenen Weise. Ich suche mit all meinem Tun und mit all meinem Streben nur die Heerstraße, deren Vorteile darin bestehen, daß ihre gerade Richtung, und ihr offener Lauf den Zauber aller Winkelwege, auf denen die Menschen sonst gewöhnlich zur Ehre und auch zu Wundern gelangen, verschwinden macht. Wenn ich das Äußerste leiste, was ich suche, so brauch' ich es nur auszusprechen, und der Einfältigste macht es nach. Aber trotz meinem deutlichen Voraussehen, daß ich es weder zu Ehre noch zu Wundern bringen werde, achte ich es doch für die Krone meines Lebens, jetzt noch so in meinen alten Tagen in diesem Geschäft jahrelang von unten auf gedient zu haben. Die Vorteile davon fallen mir mit jedem Tag mehr auf. Indem ich also alle Teile der staubichten Schulpflichten nicht bloß oberflächlich in die Hand nahm, sondern vom Morgen acht Uhr bis abends sieben Uhr, wenige Stunden unterbrochen, immer forttrieb, stieß ich natürlich alle Augenblicke auf Tatsachen, die das Dasein der physisch-mechanischen Gesetze, nach welchen unser Geist alle äußeren Eindrücke leichter oder schwerer aufnimmt und behält, bescheinen. Ich organisierte auch meinen Unterricht täglich mehr auf das Gefühl solcher Regeln, aber ich war mir ihres Grundsatzes wahrlich so lang nicht bewußt, bis der Vollziehungsrat Glayre, dem ich das Wesen meines Tuns vorigen Sommer einmal verständlich zu machen suchte, zu mir sagte: Vous voulez mécaniser l'éducation.
Er traf den Nagel auf den Kopf, und legte mir bestimmt das Wort in den Mund, welches das Wesen meines Zweckes und aller seiner Mittel bezeichnete. Ich wäre vielleicht noch lange nicht darauf gefallen, weil ich mir bei meinem Gang über nichts selber Rechenschaft gab, sondern mich ganz dunklen, aber lebendigen Gefühlen überließ, die meinen Gang zwar sicherten, aber mich ihn nicht selbst kennen lehrten; - ich konnte nicht anders. Ich habe seit dreißig Jahren kein Buch mehr gelesen und konnte keines mehr lesen; ich hatte für abstrakte Begriffe keine Sprache mehr, und lebte nur in Überzeugungen, welche Resultate unermeßlicher, aber meistens vergessener Intuitionen waren.
So fing ich jetzt auch, ohne daß ich mir des Grundsatzes, von dem ich ausging, bewußt war, an, in den Gegenständen, die ich den Kindern erklärte, mich an die Nähe, mit welcher diese Gegenstände ihre Sinne zu berühren pflegen, zu halten, und so wie ich die Anfänge des Unterrichts bis auf ihre äußersten Punkte verfolgte, suchte ich jetzt auch die Anfangszeit des unterrichteten Kindes bis auf seinen ersten Punkt zu erforschen und ward bald überzeugt: die erste Stunde seines Unterrichts ist die Stunde seiner Geburt. Von dem Augenblick, in dem seine Sinne für die Eindrücke der Natur empfänglich werden, von diesem Augenblick an unterrichtet es die Natur. Die Neuheit des Lebens selbst, ist nichts anderes, als die eben gereifte Fähigkeit, diese Eindrücke zu empfangen; sie ist nichts anderes, als das Erwachen der vollendeten physischen Keime, die jetzt mit all ihren Kräften und mit all ihren Trieben nach Entwicklung ihrer Selbstbildung haschten; es ist nichts anderes, als das Erwachen des jetzt vollendeten Tieres, das Mensch werden will, und Mensch werden soll.
Aller Unterricht des Menschen ist also nichts anderes, als die Kunst: diesem Haschen der Natur nach ihrer eigenen Entwicklung Handbietung zu leisten, und diese Kunst ruht wesentlich, auf der Verhältnismäßigkeit und Harmonie der dem Kind einzuprägenden Eindrücke, mit dem bestimmten Grad seiner entwickelten Kraft. Es gibt also notwendig in den Eindrücken, die dem Kind durch den Unterricht beigebracht werden müssen, eine Reihenfolge, deren Anfang und Fortschritt dem Anfang und Fortschritt der zu entwickelnden Kräfte des Kindes genau Schritt halten soll. Ich sah also bald die Ausforschung dieser Reihenfolgen in der ganzen Umfassung der menschlichen Erkenntnisse, und vorzüglich in den Fundamentalpunkten, von denen die Entwicklung des menschlichen Geistes ausgeht, sei der einfache und einzige Weg, jemals zu wahren, unserer Natur und unseren Bedürfnissen genugtuenden Schul- und Unterrichtsbüchern zu gelangen. Ich sah ebenso bald, daß es in der Verfertigung dieser Bücher wesentlich darauf ankommen müsse: die Bestandteile allen Unterrichtes nach dem Grad der steigenden Kräfte der Kinder zu sondern, und in allen drei Fächern mit der größten Genauigkeit zu bestimmen, was von diesen Bestandteilen für jedes Alter des Kindes passe, um ihm einerseits nichts von dem vorzuenthalten, wozu es ganz fähig, anderseits es mit nichts zu beladen, und mit nichts zu verwirren, wozu es nicht ganz fähig ist.
Das ward mir heiter: das Kind ist zu einem hohen Grad von Real- und Sprachkenntnissen zu bringen, ehe es vernünftig ist, mit ihm zu buchstabieren; und mit diesem Urteil war es in mir entschieden, die Kinder bedürfen in ihrem frühesten Alter eine psychologische Führung zur vernünftigen Anschauung aller Dinge. Da aber eine solche Führung ohne Mitwirkung der Kunst bei den Menschen, wie sie sind, nicht denkbar und nicht zu erwarten ist, so mußte ich notwendig auf das Bedürfnis von Anschauungsbüchern verfallen, die den ABC-Büchern vorausgehen, um den Kindern die Begriffe, die man ihnen durch die Sprache beibringen will, durch wohlgewählte und wohlgerichtete Abzeichnungen zum voraus klarzumachen.
Die Erfahrung bestätigte mein Urteil ganz. Eine gefühlvolle Mutter vertraute ihren kaum dreijährigen Knaben meinem Privatunterricht. Ich sah ihn eine Weile alle Tage eine Stunde, und griff auch mit ihm eine Weile der Methode nur nach dem Puls; ich probierte an Buchstaben, Figuren und allem, was mir an der Hand lag, ihn zu lehren, das heißt: durch alle diese Mittel in ihm bestimmte Begriffe und Äußerungen zu erzielen. Ich machte ihn bestimmt benennen, was er an einer jeden Sache kannte, Farbe, Glieder, Stellung, Form und Zahl. Ich mußte auch die erste Qual der Jugend, die elenden Buchstaben bald liegenlassen, er wollte nur Bilder und Sachen, und drückte sich bald über Gegenstände, die in seinem Erkenntniskreis lagen, bestimmt aus, er fand auf der Gasse, im Garten und in der Stube allgemeine Belege zu seinen Kenntnissen, und kam bald dahin in Buffons Naturgeschichte auch die unbekanntesten Tiere, und die schwierigsten Namen in ganzen Reihenfolgen zu kennen, und an denselben sowie an Pflanzen und an Menschen sehr vieles mit Bestimmtheit zu bemerken und zu unterscheiden.
Indessen war auch diese Probe nicht einmal für die Anfangspunkte des Unterrichts entscheidend. Auch dieser Knabe hatte schon ganze drei ungenutzte Jahre hinter sich, und ich bin überzeugt, die Natur bringt die Kinder schon bis auf diese Zeit zum bestimmtesten Bewußtsein unermeßlicher Gegenstände; es braucht nur, daß wir mit psychologischer Kunst, Sprache an dieses Bewußtsein anketten, um dasselbe ihnen zu einem hohen Grad von Klarheit zu bringen, und sie dadurch in den Stand zu setzen, beides die Fundamente vielseitiger Kunst und vielseitiger Wahrheit an das, was sie die Natur selber gelehrt, anzuketten, und hingegen wieder das, was sie die Natur selber gelehrt, als Erläuterungsmittel aller Fundamente der Kunst und der Wahrheit, die man ihnen beibringen will, zu benutzen. Beides, ihre Kraft und ihre Erfahrung, ist in diesem Alter schon groß; aber unsere unpsychologischen Schulen sind wesentlich nichts anderes, als künstliche Erstickungsmaschinen von allen Folgen der Kraft und der Erfahrung, die die Natur selber bei ihnen zum Leben bringt.
Du weißt es, mein Freund. Aber stelle dir doch einen Augenblick wieder das Entsetzen dieses Mordes vor. Man läßt die Kinder bis ins fünfte Jahr im vollen Genuß der Natur; man läßt jeden Eindruck derselben auf sie wirken, sie fühlen ihre Kraft, sie sind schon weit im sinnlichen Genuß ihrer Zwanglosigkeit und all ihrer Reize, und der freie Naturgang, den der sinnlich glückliche Wilde in seiner Entwicklung nimmt, hat in ihnen schon seine bestimmteste Richtung genommen. Und nachdem sie also fünf ganze Jahre diese Seligkeit des sinnlichen Lebens genossen, macht man auf einmal die ganze Natur um sie her vor ihren Augen verschwinden; stellt den reizvollen Gang ihrer Zwanglosigkeit und ihrer Freiheit tyrannisch still; wirft sie wie Schafe in ganze Haufen zusammengedrängt in eine stinkende Stube; kettet sie Stunden, Tage, Wochen, Monate und Jahre unerbittlich an das Anschauen elender, reizloser und einförmiger Buchstaben, und an einen mit ihrem vorigen Zustand zum rasend werden abstechenden Gang des ganzen Lebens.
Ich höre auf zu beschreiben, ich käme sonst noch an das Bild der Schulmeister und an den entsetzlichen Kontrast ihres Seins und ihres Tuns und ihrer Lage und ihres Elends mit der lieben Natur!
Aber Freund, sage mir: kann der Schwertschlag, der durch den Hals geht, und den Verbrecher vom Leben zum Tode bringt, auf seinen Leib eine größere Wirkung machen, als ein solcher Übergang von der langgenossenen schönen Naturführung zum erbärmlichsten Schulgang, auf die Seele der Kinder? –
Werden die Menschen ewig blind sein, werden sie ewig nicht zu den ersten Quellen emporsteigen, aus denen die Zerrüttung unseres Geistes, die Zerstörung unserer Unschuld, der Ruin unserer Kraft und all ihre Folgen entspringen, die uns zu einem unbefriedigten Leben und Tausende von uns zum Sterben in den Spitälern, und zum Rasen in Ketten und Banden hinführen? –
Lieber Gessner! Wie wohl wird mir in meinem Grab sein, wenn ich etwas dazu werde beigetragen haben, diese Quellen erkennen zu machen! Wie wohl wird es mir in meinem Grab sein, wenn ich es dahin bringe: Natur und Kunst im Volksunterricht so innig zu vereinigen, als sie jetzt gewaltsam in demselben getrennt sind! Ach! wie empört es mein Innerstes, Natur und Kunst sind in demselben nicht nur getrennt, sie sind in demselben von bösen Menschen bis zum Rasen unter sich selber entzweit.
Es ist, wie wenn ein böser Geist es unserem Weltteil und unserem Zeitalter seit Jahrhunderten aufgespart hätte, uns mit der raffiniertesten Kunst dieser höllischen Trennung zu beschenken, um uns im philosophischen Jahrhundert kraftloser und elender zu machen, als je noch Selbstbetrug, Anmaßung und Eigendünkel das Menschengeschlecht in irgendeinem Weltteil, und in irgendeinem Zeitalter gemacht hat.
Wie gern vergesse ich eine Welt, in der es so aussieht! und wie wohl ist mir in dieser Lage der Dinge an der Seite meines lieben kleinen Ludwigs, dessen Launen mich selber noch zwingen, immer tiefer in den Geist der Anfangsbücher für die Unmündigen hineinzudringen. Ja, mein Freund, diese sind es, die den eigentlichen Ausschlag gegen den Unterrichtsunsinn unseres Zeitalters geben werden und geben müssen; ihr Geist wird mir immer klarer, sie müssen von den einfachsten Bestandteilen der menschlichen Erkenntnisse ausgehen; sie müssen die wesentlichsten Formen aller Dinge den Kindern tief einprägen; sie müssen früh und deutlich das erste Bewußtsein der Zahlenverhältnisse in ihnen entwickeln; sie müssen ihnen über den ganzen Umfang ihres Bewußtseins und ihrer Erfahrungen, Worte und Sprache geben, und überall die ersten Stufen der Erkenntnisleiter, an die uns die Natur selber zu aller Kunst und zu aller Kraft führt, umfassend ausfüllen.
Welch eine Lücke macht uns der Mangel dieses Buchs! E mangelt uns nicht nur insofern wir es uns durch unsere Kunst selber geben sollten, es mangelt uns auch, insofern wir es uns nicht einmal geben sollten. Auch sein Geist, mit dessen Leben uns die ganze Natur ohne unser Zutun selber umgibt, auch dieser Geist mangelt uns, und wir brauchen gegen uns selber Gewalt, indem wir durch unsere erbärmlichen Volksschulen, und durch ihre einseitige Buchstabenlehre die letzte Spur des Flammengriffels, mit dem sie ihn in unseren Busen prägen will, in uns selber auslöschen.
Doch, ich lenke wieder in meinen Pfad.
Indem ich also für die Methode selbst und für die Kinder, welche von der Wiege auf nach ihr gebildet werden sollten, den ersten Anfangspunkten allen Unterrichts und aller Kraft nachspürte, nahm ich mit den Schulkindern, die außer der Methode gebildet, jetzt in meine Hände fielen, Maßregeln, die meinen Grundsätzen und hauptsächlich den psychologischen Reihenfolgen in Sach- und Sprachkenntnissen, an deren Faden die Begriffe der Kinder entwickelt werden sollten, geradezu entgegenzustehen schienen. Ich konnte nicht anders, ich mußte den Grad von Kraft, den ich bei ihnen nicht gründen konnte, soviel als ins Blinde ausforschen. Ich tat es auch auf jede Weise, die mir möglich war und fand ihn allenthalben, auch mitten unter dem Schutt der größten Verwahrlosung, intensiv sehr viel weiter gebracht, als es mir bei dem unbegreiflichen Mangel an aller Kunstkenntnis und aller Kunstkraft möglich zu sein schien. Soweit als Menschen Einfluß hatten, fand ich namenlose Erschlaffung; aber hinter dieser Erschlaffung war die Natur dennoch nicht getötet. Ich habe es jetzt erfahren und darf es jetzt sagen: es geht lange, es geht unbegreiflich lange, ehe der Irrtum und der Wahnsinn des Menschengeschlechts unsere Natur in eines Kindes Herz ganz erstickt hat. Es ist ein Gott, der ein Gegengewicht gegen das Rasen wider uns selbst in unseren Busen gelegt hat. Das Leben und die Wahrheit der ganzen Natur, die unser Dasein umschwebet, unterstützt dieses Gegengewicht und das ewige Wohlgefallen des Schöpfers, der nicht will, daß das Heilige unserer Natur in unserer Schwäche und in unserer Unschuld verlorengehe, sondern daß alle Kinder der Menschen, so weit mit Sicherheit zur Erkenntnis der Wahrheit und des Rechts gelangen, bis sie der Würde ihrer inneren Natur durch sich selbst verlustig, durch ihre eigene Schuld und mit vollem Bewußtsein derselben sich in die Labyrinthe des Irrtums und an die Abgründe des Lasters verirren. Aber die Menschen wissen nicht, was Gott für sie tat, und geben dem unermeßlichen Einfluß der Natur auf unsere Bildung kein Gewicht; sie machen hingegen von jeder Armseligkeit, die sie krumm und dumm genug zum großen Tun derselben hinzusetzen, ein Aufheben, wie wenn ihre Kunst alles und die Natur nichts am Menschengeschlecht täte; und doch tut die Natur allein uns Gutes; sie allein führt uns unbestechlich und unerschüttert zur Wahrheit und Weisheit. Je mehr ich ihrer Spur folgte, mein Tun an das ihrige anzuketten suchte, und meine Kräfte anstrengte ihrem Schritt Fuß zu halten, desto mehr erschien mir dieser Schritt unermeßlich; aber ebenso die Kraft des Kindes ihr zu folgen. Ich fand nirgends Schwäche, als in der Kunst zu benutzen was da ist; - und in mir selber, insofern ich führen wollte, wo nicht zu führen, sondern nur aufzuladen ist auf einen Wagen, der von sich selbst geht. Ich besann mich jetzt dreimal, ehe ich von etwas dachte; die Kinder können es nicht, und zehnmal, ehe ich aussprach; es ist ihnen etwas unmöglich; sie leisteten, was mir selber für ihr Alter unmöglich schien. Ich ließ Kinder von drei Jahren den unsinnigsten Galimathias buchstabieren, nur weil er unsinnig schwer war. Freund! du hast Kinder von nicht vier Jahren die längsten und schwersten Sätze auswendig buchstabieren gehört. Würdest du es möglich geglaubt haben, wenn du es nicht gesehen? Ebenso lehrte ich sie ganze geographische Bögen, die mit den stärksten Abbreviaturen geschrieben waren, und die unbekanntesten, nur mit ein Paar Buchstaben bezeichneten, Worte zu einer Zeit lesen, wo sie das Gedruckte kaum buchstabierten. Du hast die bestimmte Richtigkeit, mit der sie diese Bögen lasen und die unbedingte Leichtigkeit, mit der sie dieselben auswendig konnten, gesehen.
Ich versuchte sogar einigen älteren Kindern sehr verwickelte und ihnen ganz unverständliche Sätze aus der Naturlehre allmählich heiter zu machen. Sie lernten die Sätze durch Vorsprechen und Lesen ganz auswendig, so auch die, diese Sätze auflösenden Fragen. Es war im Anfang, wie alles katechisieren, ein bloßes papageienartiges Nachsprechen dunkler unverstandener Worte. Allein die scharfe Sonderung der einzelnen Begriffe, die bestimmte Ordnung in diesen Sonderungen und das bis zur Unvergeßlichkeit eingeprägte tiefe Bewußtsein dieser dunklen, aber mitten in ihrem Dunkel, einen Schatten von Licht und Erläuterung strahlenden Worte, brachte sie allmählich immer mehr zu einem Gefühl von Wahrheit und Einsicht über den vorliegenden Gegenstand, die sich, wie das Sonnenlicht aus dem dicksten Nebel, nach und nach herausscheiden.
Bei diesem ganzen Gang meiner Erfahrungen, mußten sich allmählich bestimmtere Grundsätze über mein Tun, in mir selber entwickeln und indem mir mit jedem Tag klarer wurde, daß man in den jüngeren Jahren mit den Kindern gar nicht räsonieren, sondern sich in den Entwicklungsmitteln ihres Geistes dahin beschränken müsse:
1. den Kreis ihrer Anschauung immer mehr zu erweitern;
2. die ihnen zum Bewußtsein gebrachten Anschauungen ihnen bestimmt, sicher und unverwirrt einzuprägen;
3. ihnen für alles, was Natur und Kunst ihnen zum Bewußtsein gebracht hat und zum Teil zum Bewußtsein bringen soll, umfassende Sprachkenntnis zu geben. - Indem mir, sage ich, diese drei Gesichtspunkte mit jedem Tag bestimmter werden, entwickelte sich in mir ebenso allmählich eine feste Überzeugung:
1. Von dem Bedürfnis der Anschauungsbücher für die erste Kindheit.
2. Von der Notwendigkeit, einer festen und bestimmten Erklärungsweise dieser Bücher.
3. Von dem Bedürfnis, einer auf diese Bücher und ihre Erklärungsweise gegründeten Führung zu Namen und Wortkenntnissen, die den Kindern geläufig gemacht werden müssen, selbst ehe noch der Zeitpunkt des Buchstabierens mit ihm eintritt.
Der Vorteil des frühen und geläufigen Bewußtseins einer großen Nomenklatur ist für die Kinder unschätzbar. Der feste Eindruck der Namen, macht ihnen die Sache unvergeßlich, sobald sie zu ihrem Bewußtsein gebracht sind, und das auf Wahrheit und Richtigkeit gegründete Zusammenreihen der Namen entwickelt und erhält in ihnen das Bewußtsein vom wirklichen Zusammengehören der Sachen. Die Vorteile der Sache sind progressiv. Man muß nur nie denken: weil das Kind von etwas nicht alles versteht, so dient ihm gar nichts davon. Gewiß ist es, wenn es mit und von dem ABC-Lernen den Schall und Laut eines großen Teils der wissenschaftlichen Nomenklatur sich eigen gemacht hat, so genießt es dadurch wenigstens den Vorzug, den ein Kind, das in einem großen Geschäftshaus von der Wiege auf, täglich mit den Namen von zahllosen Gegenständen bekannt wird, in seiner Wohnstube genießt.
Der menschenfreundliche Fischer, der ähnliche Zwecke mit mir hatte, sah meinen Gang von Anfang und ließ ihm Gerechtigkeit widerfahren, so sehr er von seiner eigenen Manier und von seinen eigenen Absichten abstand. Der Brief, den er über meine Versuche an Steinmüller geschrieben, ist in Rücksicht auf die Ansicht dieses Gegenstandes in diesem Zeitpunkt merkwürdig. Ich will ihn mit einigen Bemerkungen hier beifügen.
"Zur Beurteilung von Pestalozzis pädagogischen Unternehmungen kommt alles darauf an, daß man die psychologische Basis kenne, auf welcher sein Gebäude ruht. Diese bewährt sich gewiß, wenn gleich die Außenseite des Baues noch manche Unebenheiten und Disproportionen darbietet. Viele dieser Mängel erklären sich aus dem empirisch-psychologischen Gang des Urhebers, aus seinen äußeren Verhältnissen, Schicksalen, Versuchen und Erfahrungen. Es ist fast unglaublich, wie unermüdet er Experimente anstellt, und da er - einige leitende Ideen ausgenommen - mehr nach denselben, als vor denselben philosophiert, so muß er sie zwar vervielfältigen, aber die Resultate gewinnen dann auch an Sicherheit. Um indes diese letzteren gleichsam ins gewöhnliche Leben einzuführen, d.h. um sie den Vorbegriffen, Verhältnissen und Forderungen der Menschen anzupassen, dazu bedarf er entweder liberaler, mit ihm einverstandener Gehilfen, welche ihm die Formen ausprägen helfen, oder einer sehr geraumen Frist, sie allmählich selber zu entdecken und durch sie, dem Geist, der ihn belebt, gleichsam einen Körper zu geben. Die Grundsätze, auf welche sich seine Methode stützt, sind etwa folgende:
(Diese nun folgenden fünf speziellen Gesichtspunkte, die er Grundsätze meiner Methode nennt, sind nichts anderes, als einzelne Ansichten meiner Versuche für meinen Zweck; als Grundsätze sind sie den Fundamentalansichten untergeordnet, welche dieselben in mir selbst erzeugten.)
(Hier mangelt aber die erste Ansicht des Zweckes, von dem ich ausgehe. Ich will nämlich den Mängeln des gewohnten Schulunterrichts, vorzüglich in niederen Schulen, abhelfen und Formen für den Unterricht suchen, die diese Mängel nicht haben.)
1. Er will die Kräfte des Geistes intensiv erhöhen, und nicht bloß extensiv mit Vorstellungen berühren.
Dieses hofft er auf mannigfaltige Art zu erreichen. Indem er Wörter, Erklärungen, Sätze und längere Perioden, den Kindern laut und öfters vorsagt und sie dieselben nachsprechen läßt, so will er dadurch (neben dem bestimmten einzelnen Zweck, den jeder dieser Schritte hat) ihr Organ bilden ihre Aufmerksamkeit, ihr Gedächtnis üben. Aus dem nämlichen Grund läßt er sie, während der Übung des Nachsprechens, mit dem Griffel auf Schiefertafeln zwanglos zeichnen, oder Buchstaben malen.
(Ich ließ sie damals schon vorzüglich Linien, Winkelbögen zeichnen und ihre Definitionen auswendig lernen, und ging in den Maßregeln, die ich zum Schreibenlehren versuchte, von dem Erfahrungsgrundsatz aus: daß die Kinder mehrere Jahre früher zur Kenntnis der Proportionen und zur Führung des Griffels fähig seien, als zur Führung der Feder und Verfertigung von kleinen Buchstaben.)
Zu dem Ende teilt er dünne Blättchen von durchsichtigem Horn an seine Schüler aus; auf diesen Täfelchen sind Striche und Buchstaben eingegraben, und ihrer bedienen sich die Lehrlinge um so viel leichter als Modelle, da sie dieselben auf die von ihnen gezeichneten Figuren legen, und vermöge der Durchsichtigkeit, die gehörige Vergleichung anstellen können. Eine doppelte Beschäftigung in der gleichen Zeit ist eine Vorbereitung auf tausend Fälle und Arbeiten im Leben, wo sich die Aufmerksamkeit teilen muß, ohne sich zu zerstreuen. Arbeitsschulen, z.B. gründen sich ganz auf diese Fertigkeit.
(Ich hatte hierüber schon bei meinen Versuchen vor dreißig Jahren die entscheidendsten Resultate erhalten. Ich brachte schon damals Kinder während dem Spinnen zu einer Fertigkeit im Rechnen, der ich selbst, ohne das leitende Papier vor mir zu haben, nicht folgen konnte. Es kommt aber alles auf die Psychologie der Lehrform an. Das Kind muß die Handarbeit, die es mit dem Lernen treibt, vollkommen in seiner Gewalt haben, und das Pensum, das es neben der Arbeit also lernt, muß ebenso in jedem Fall, nur ein leichter Zusatz zu dem sein, was es schon kann.)
2. Er knüpft seine Belehrungen ganz an die Sprache.
(Eigentlich sollte dies heißen: Er hält neben der wirklichen Anschauung der Natur, die Sprache für das erste Erkenntnismittel unseres Geschlechts. Ich ging hierüber von dem Grundsatz aus: Das Kind muß reden lernen, ehe es mit Vernunft zum Lesen geführt werden kann. Ich kettete aber auch die Kunst, die Kinder reden zu lehren, an die Intuitionsbegriffe, die ihnen die Natur gibt und an diejenigen, die ihnen durch die Kunst gegeben werden sollen.)
In der Sprache sind in der Tat die Resultate aller menschlichen Fortschritte niedergelegt; es kommt nur darauf an, sie auf ihrem Weg psychologisch zu verfolgen.
(Der Faden dieses psychologischen Verfolgens muß in der Natur der Sprachentwicklung selbst gesucht werden. Der Wilde benennt zuerst seinen Gegenstand, dann bezeichnet er ihn, endlich verbindet er ihn, aber höchst einfach, und kommt erst spät dahin, die wandelbaren Beschaffenheiten desselben, nach Zeit und Verhältnissen, durch Endungen und Verbindungen der Wörter, näher bestimmen zu können. Nach diesen Ansichten ist es, nach welchen ich der Forderung Fischers, die Sprache auf ihrem Weg psychologisch zu verfolgen, ein Genüge zu tun suchen werde, welches ich unter der Rubrik: Sprache näher entwickeln will.)
Er will mit den Kindern nicht räsonieren, bis er ihnen einen Vorrat von Wörtern und Redensarten geliefert hat, welche sie an ihrer Sphäre anbringen, komponieren und dekomponieren lernen. Darum bereichert er ihr Gedächtnis mit einfachen Erklärungen sinnlicher Gegenstände, und lehrt so das Kind, das, was es umgibt, beschreiben, also sich von seinen Vorstellungen Rechenschaft geben, und so über dieselben herrschen, indem es ihrer, die schon in ihm lagen, erst jetzt deutlich bewußt wird.
(Meine Meinung hierüber ist diese: um die Kinder zur Vernunft und auf die Bahn einer selbständigen Denkkraft zu bringen, muß man so viel möglich verhüten, daß sie ihr Maul nicht in den Tag hinein brauchen, und sich nicht angewöhnen, sich über Dinge zu prononcieren, die sie nur oberflächlich kennen. Ich glaube der Zeitpunkt des Lernens ist nicht der Zeitpunkt des Urteilens; der Zeitpunkt des Urteilens geht mit der Vollendung des Lernens, er geht mit der Reifung der Ursachen, um deren willen man urteilt und urteilen darf, an; und ich glaube, jedes Urteil, das bei dem Individuum, das es ausspricht, innere Wahrheit haben soll, müsse aus einer umfassenden Kenntnis dieser Ursachen so reif und vollendet herausfallen, als der gereifte Kern vollendet, frei und gewaltlos von selbst aus der Schale herausfällt.)
Mechanische Fertigkeiten und einen gewissen Takt im Sprechen bringt er ihnen bei indem er Übungen im leichteren Flektieren mit ihnen vornimmt.
(Dieses Flektieren beschränkte sich bloß auf Beschreibungen sinnlicher, ihnen bekannter Gegenstände.)
Ihre Freimütigkeit gewinnt dabei ausnehmend und wenn sie in vielen Beispielen gewisse Formen der Beschreibung haben kennen und gebrauchen gelernt, so bringen sie in Zukunft tausend sich darbietende Gegenstände in dieselben und drücken ihren Erklärungen und Beschreibungen das Gepräge der sinnlichen Bestimmtheit auf.
(Jetzt suche ich in Zahl, Maß und Sprache die allgemeinen und ersten Fundamente zu diesem Zwecke.)
3. Er sucht zu allen Operationen des Geistes entweder Data oder Rubriken oder leitende Ideen zu liefern.
(Dieses sollte heißen: er sucht im ganzen Umfange der Kunst und Natur, die Fundamentalpunkte, die Anschauungsweisen, die Tatsachen, welche durch ihre Bestimmtheit und Allgemeinheit als fruchtbare Mittel zur Erleichterung der Erkenntnis und Beurteilung vieler ihnen untergeordneter und sich an sie anschließender Gegenstände, können benutzt werden und so gibt er den Kindern Data, die sie auf ähnliche Gegenstände aufmerksam machen; er rubriziert ihnen Reihenfolgen von analogen Begriffen, durch deren Bestimmungen ihnen die ganzen Reihenfolgen der Gegenstände gesondert und nach dem Wesen ihrer Unterscheidungen deutlich gemacht werden.)
Die Data, so zerstreut sie auch dargeboten werden, sind aufeinander berechnet; es sind Vorstellungen, von denen eine auf die andere hinweist und die eben deswegen dem Geist, durch das Bedürfnis der Ergänzung und der erleichterten Zusammenstellung des Einzelnen, Forschbegierde einflößen. Die Rubriken leiten zur Klassifikation der aufzunehmenden Vorstellungen; sie bringen in die chaotische Masse desselben Ordnung; und das aufgestellte Fachwerk veranlaßt das Kind, desto emsiger die einzelnen Fächer auszufüllen. Das gilt von den Hauptrubriken der Geographie, Naturgeschichte, Technologie usw. überdies kommt die Analogie, welche in der Auswahl der Sachen herrscht, dem Gedächtnis zustatten. Die leitenden Ideen liegen in gewissen Aufgaben, welche an sich der Gegenstand ganzer Wissenschaften sind, oder sein können. Wenn diese Aufgaben in ihre Bestandteile aufgelöst, dem Kind verständlich vorgelegt, auf Data, die es schon hat, oder leicht findet, berechnet und zu Übungen der Beobachtung benutzt werden, so führen dieselben dahin, daß der kindliche Geist unablässig an ihrer Auflösung arbeitet. Die einfache Frage: Was kann der Mensch aus den drei Naturreichen zu seiner Bekleidung benutzen? gibt ein Beispiel dieses Ganges. Das Kind wird vieles, wovon es ahnet, daß es ihm einen Beitrag zur Auflösung jener technologischen Aufgabe liefern könne, aus diesem Gesichtspunkt betrachten und prüfen. Auf diese Art konstruiert es sich selbst die Wissenschaft, welche es erlernen soll. Freilich müssen ihm die Materialien dazu auf alle Art dargeboten werden. - Zu den leitenden Ideen gehören auch Sätze, welche als praktische Maximen zuerst nur dem Gedächtnis anvertraut werden, aber allmählich Kraft, Anwendung und Bedeutung erhalten, und eben dadurch sich tiefer einprägen und besser bewähren.
4. Er will den Mechanismus des Lehrens und Lernens vereinfachen. (Anm. Pestalozzi: Es ist unstreitig, dass der menschliche Geist für die Eindrücke, die durch das Lernen erzielt werden, nicht in jeder Form, in der sie ihm dargestellt werden, gleich empfänglich ist. Die Kunst diejenigen Formen aufzufinden, die seine Empfänglichkeit am meisten reizen, ist der Mechanismus der Lehrart, die jeder Lehrer in der freien Natur aufforschen und ihr zum Behuf der Kunst ablernen soll.) Was er in seine Lehrbücher aufnimmt und aus ihnen den Kindern will beigebracht wissen, soll so einfach sein, daß jede Mutter und späterhin jeder Lehrer bei einem Minimum von Fähigkeit zum Unterrichten, dasselbe fassen, vorsagen, erklären und zusammenstellen könne. Insonderheit wünscht er den Müttern, durch erleichterten Sprech- und Leseunterricht, die erste Bildung ihrer Kinder angenehm und angelegen zu machen, und so, wie er sich ausdrückt, das Bedürfnis der Elementarschulen allmählich aufzuheben und durch eine verbesserte häusliche Erziehung dieselben zu ergänzen. Er will eben deswegen mit Müttern Versuche anstellen, sobald seine Lehrbücher gedruckt sein werden, und es ist zu hoffen: daß die Regierung durch kleine Prämien mitwirken werde.
(Ich weiß die Schwierigkeiten dieses Gesichtspunktes. Man schreit allgemein, die Mütter werden sich nicht bereden lassen, zu ihrem Wischen und Waschen, zu ihrem Stricken und Nähen und zu allen Mühseligkeiten ihres Lebens, noch eine neue Arbeit zu übernehmen; und ich mag antworten wie ich will: es ist keine Arbeit; es ist ein Spiel; sie raubt ihnen keine Zeit, indem sie ihnen vielmehr die Leerheit von tausend sie drückenden Augenblicken ausfüllt; man hat hierfür keinen Sinn, und antwortet mir immer: sie werden nicht wollen! Allein der Pater Bonifazius, der im Jahre 1519 dem guten Zwingli auch sagte: Es geht nicht; die Mütter werden in Ewigkeit nicht mit ihren Kindern in der Bibel lesen; sie werden in Ewigkeit nicht alle Tage ihren Morgen- und Abendsegen mit ihnen beten, fand doch im Jahre 1522, daß sie es taten, und sagte daselbst: ich hätte es nicht geglaubt! Ich bin meiner Mittel sicher, und ich weiß, ehe man noch 1803 zählt, wird hie und da ein neuer Pater Bonifazius in dieser Angelegenheit reden wie im Jahre 1522 der Alte. Ich mag wohl warten; es wird der Pater schon kommen.)
Mit diesem Grundsatz hängt der fünfte zusammen: Er will die Wissenschaften popularisieren.
(D.h. Er will den Punkt von Einsicht und Denkkraft, den alle Menschen für ein selbständiges und weises Leben bedürfen, allgemein zu erzielen suchen. Nicht zwar, um die Wissenschaften als solche, zum trügenden Spielwerke der Brot bedürfenden Armut zu machen; aber hingegen die Brot bedürfende Armut, durch die ersten Fundamente der Wahrheit und der Weisheit von der Gefahr befreien, das unglückliche Spielwerk ihrer eigenen Unwissenheit sowohl, als der Schlauheit anderer zu sein.)
Dieses soll erzielt werden durch die Anlage der Lehrbücher, welche schon die Hauptbestandteile der Wissenschaften in wohlgewählten Worten und Sätzen enthalten und gleichsam die ungeheuren Steine liefern sollen, aus denen späterhin das Gewölbe leicht zusammengefügt werden kann.
(ich würde mich hierüber lieber so ausgedrückt haben: Dieses soll vorzüglich durch die Vereinfachung der Anfangspunkte des menschlichen Unterrichts und dem lückenlosen Fortschreiten zu alle dem, wodurch sich die Individualerkenntnis eines jeden einzelnen Menschen bereichern läßt, erzielt werden. Die Lehrbücher selbst sollen nichts anderes sein als ein künstliches Anschließen des Unterrichts in allen Fächern an das, was die Natur zur Entwicklung derselben für den Menschen in allen Lagen und in allen Verhältnissen, selbst tut. Sie sollen nichts sein als ein künstliches Vorbereiten der Kräfte, die der Mensch zur sicheren Benutzung dessen, was die Natur in allen Fächern zu seiner Entwicklung selbst tut, nötig hat.)
Ferner soll dieses durch die Teilung und den wohlfeilen Verkauf der Lehrbücher erreicht werden. Kurz und vollständig sollen sie in einer Reihenfolge, sich aufeinander beziehen, und ein Ganzes ausmachen; dabei aber dennoch einzeln für sich bestehen und einzeln verbreitet werden können. Zu dem nämlichen Behuf wird er Landkarten, geometrische Figuren usw. durch Holzstiche, um äußerst niedrige Preise vervielfältigen lassen. Den Ertrag von diesen Schriften bestimmt er, nach Abzug der Kosten, zur Vervollkommnung seines Unternehmens, d.h. zur praktischen Ausübung in einem anzulegenden Institut, Schule oder Waisenhaus.
(Dies ist zuviel gesagt. Ich vermag es nicht, den Ertrag von Schriften, die das Resultat meines ganzen Lebens und meiner ökonomischen Aufopferungen, die ich in dieser Hinsicht machte, sind, ganz, mit bloßem Abzug der Druckkosten, dem Publikum zu verehren. Aber ungeachtet aller mannigfaltigen Aufopferungen, die ich bis jetzt schon dieses meines Zweckes wegen gemacht habe, will ich doch noch, insofern die Regierung oder Partikularen mir die Errichtung eines Waisenhauses nach meinen Grundsätzen möglich machen, fortfahren, bis an mein Grab, neben der gänzlichen Aufopferung meiner Zeit und meiner Kräfte, zu diesem Zweck auch noch den größeren Teil des Ertrags meiner Schulschriften für diesen Zweck hinzugeben.)
Für den Schulunterricht insonderheit soll gewonnen werden, daß der Lehrer, bei einem angenommenen Minimum von Kraft, nicht nur nicht schaden, sondern sogar zweckmäßig fortschreiten könne.
(Dies ist wesentlich. Ich glaube es sei nicht daran zu denken, mit dem Volksunterricht allgemein einen Schritt weiterzukommen, solange man nicht Unterrichtsformen gefunden, die den Lehrer, wenigstens bis zur Vollendung der Elementarkenntnisse, zum bloßen mechanischen Werkzeug einer Methode machen, deren Resultate durch die Natur ihrer Formen, und nicht durch die Kunst des sie leitenden Mannes hervorquellen müssen. Ich nehme bestimmt an, ein Schulbuch sei nur insoweit gut, als es ein ununterrichteter Schulmeister ebenso gut, als ein unterrichteter wohl gebrauchen kann. Es muß wesentlich so eingerichtet sein, daß der ununterrichtete Mann und selbst die Mutter, am Faden desselben genügsame Handbietung finden, um in der progressiven Kunstentwicklung, zu der sie das Kind führen sollen immer einen Schritt weiter zu sein als das Kind selbst. Mehr braucht es nicht; und mehr werdet ihr, wenigstens Jahrhunderte noch, der Masse der Schulmeister nicht geben können. Aber man baut Schlösser in die Luft und brüstet sich mit Ideen von Vernunft und Selbständigkeit, die nur auf dem Papier sind, und in den wirklichen Schulstuben mehr als selbst auf Schneider- und Weberstühlen mangeln. Doch - man zählt auch bei keinem Handwerk auf das Maulbrauchen wie bei diesem; und wenn man berechnet, wie lange jetzt schon auf dieses Maulbrauchen gezählt worden, so fällt der Zusammenhang dieses Irrtums, mit den Ursachen, woraus er entspringt, auf.)
Ferner soll in dieser Hinsicht gewonnen werden: Daß viele Kinder auf einmal gleichmäßig unterrichtet; die Nacheiferung geweckt und die wechselseitige Mitteilung des Erworbenen, unter den Schülern selbst erleichtert werden könne; und daß die bisherigen Umwege zur Bereicherung des Gedächtnisses, durch andere Künste, z.B. durch Analogie des Beizubringenden, Ordnung, erhöhte Aufmerksamkeit, Lauthersagen und andere Übungen vermieden und verkürzt werden."
So weit Fischer. Sein ganzer Brief zeichnet den edlen Mann, der die Wahrheit, auch wenn sie im Nachtgewande erscheint, und sogar, wenn sie mit wirklichem Schatten umgeben erscheint, ehret. Er war in Stans von dem Anblick meiner Kinder hingerissen und widmete seit dem Eindruck, den dieser Anblick auf ihn machte, all meinem Tun wahre Aufmerksamkeit.
Aber er starb, ehe mein Versuch zu einer Reife gedieh, in welcher er mehr darin erblicken konnte, als er wirklich darin erblickte. Mit seinem Tode begann für mich eine neue Epoche.