Emanuel Dejung:

"Pestalozzi in Stanz"; ein Bild und seine Aussagen (1980)

Christoph Dejung

Zur deutschen Wirkungsgeschichte Pestalozzis im 19. Jahrhundert

Unter den vielen Bildnissen, welche von Pestalozzi nach seinem Tode geschaffen worden sind, befindet sich auch eine Lithographie, welche sein Wirken in Stans (Nidwalden) in den Jahren 1798-1799 illustriert. Da dieses Bild, wie zu zeigen sein wird, eine wichtige Quelle für die Wirkungsgeschichte des Schweizer Pädagogen in Deutschland darstellt, möchten wir uns damit etwas näher beschäftigen.

I.

Die graphische Darstellung ist von der Firma Winckelmann, Berlin, um 1846 geschaffen worden. Pestalozzi sitzt auf einem Möbelstück in einem grössern Raum, der sonst kein Mobiliar hat. Um ihn stehen oder sitzen am Boden über fünfzig Kinder, die Waisen des Dorfes Stans. Aus mehreren Gründen kann die Abbildung nicht als authentisch bezeichnet werden: einmal besass das 1620 gegründete Frauenkloster S. Clara gewiss auch einen Essraum, der den Kindern des Waisenvaters mit Tischen und Stühlen dienen konnte. An der Rückwand sind zwei grosse Tafeln mit Rechentabellen Pestalozzis wiedergegeben. Nur hat Pestalozzi diese Tabellen erst später in Burgdorf geschaffen, sie sind von A. Gruner in seinem Buche: Briefe aus Burgdorf, 1804 reproduziert worden (vgl. Werkband XVII A der kritischen Ausgabe, S. 332 und Anhang).

Die künstlerische Form des Bildes dürfte somit später, nach Pestalozzis Unterlage im Stanser Brief von 1799, ohne Ortsanschauung geschaffen worden sein. Den Erstellern ist noch nachzuforschen: als Künstler signiert G.C.W. Busolt, als Lithograph Knorre. Nicht in der Kunstform liegt der geschichtliche Wert der Reproduktion, sondern im umrahmenden Text.

Über dem Bild steht die Überschrift: "Die Gönner. Friedrich Wilhelm III., Alexander I., Süvern, v. Altenstein, Fichte, Nicolovius". Alle genannten sind norddeutsch-preussische Persönlichkeiten, abgesehen vom russischen Zaren Alexander I. (1777-1825): der König von Preussen Friedrich Wilhelm III., der Minister von Altenstein, bekannt als Freiherr vom Stein, (1770-1840), Professor Joh. Gottlieb Fichte (1762-1814), Staatsrat Ludwig Nicolovius (1767-1839) und Staatsrat Joh. Wilhelm Süvern (1775-1829).

Auf beiden Seiten des Bildes stehen Listen von 102 Namen, die viel aussagen, mit den Überschriften: Die Jünger, Schüler und Freunde, wobei unter den "Jüngern" die Lehrer und die erwachsenen Eleven gemeint sind. Als Nachschrift ist beigefügt: "d.h. alle naturgemäss und darum geistbildenden Lehrer der modernen Welt".

Unter dem Bild steht der Firmenvermerk und ein längerer Text von A. D. Der Firmenhinweis lautet: "Lith. und gedruckt bei Winckelmann u. Söhne. - in Commission bei Winckelmann u. Söhne in Berlin". Ein Datum der Abbildung fehlt. Das Pestalozianum besitzt dazu eine zeichnerische Vorlage, welche signiert ist: "G.C.W. Busolt. - Knorre pinxit 1821". Die vorliegende Lithographie ist aber erst um 1846 geschaffen worden, wie aus dem beigefügten Text hervorgeht, den wir mit berichtigenden Ergänzungen gesamthaft wiedergeben. Aus diesen Angaben geht hervor, wie viel man von Pestalozzi (mehr oder weniger genau) um 1846 in Norddeutschland gewusst hat. Ein analysierender Kommentar der Personennamen gibt wichtige Auskunft über die Auswirkung Pestalozzis in der deutschen Schulgeschichte. Wir nehmen aber nach dem Text zuerst den Verfasser voraus, der nur mit A. D. signiert hat. Der Text lautet, mit unsern Erläuterungen in Klammern:

"Pestalozzi in Stanz [neuere Form: Stans]"

in der Ausübung seiner naturgemässen, veranschaulichenden Methode

Johann Heinrich Pestalozzi, geb. in Zürich den 12. Januar 1746, studirte daselbst Gottesgelahrtheit und Rechtswissenschaft [?], sammelte in einer auf dem "Neuhof" im Canton Aargau im J. 1775 [recte 1774] errichteten landwirthschaftlichen Erziehungsanstalt mehr als 50 Bettelkinder, schrieb 1781[-1787] das Volksbuch "Lienhard und Gertrud", war 1798 [1799] in Stanz 80 verlassenen Waisen Lehrer, Arzt, Aufseher, Haushalter, Dienstknecht und Magd, ward 1799 Unterschulmeister in Burgdorf, errichtete 1801 [recte 1800] daselbst ein selbständiges Erziehungsinstitut, verlegte es 1804 nach München-Buchsee, 1805 nach Yverdun [modern Yverdon, alt Iferten], kehrte, nachdem sich diese Anstalt 1823 [recte 1825] aufgelöset hatte, nach dem "Neuhof" zurück, in dessen Nähe der 80jährige [recte 81j.] Greis am 17. Februar 1827 starb - ein Mann nach dem Herzen Gottes ("ihn jammerte des Volks"), - ein Vater verlassener Kinder (nach seinem Grundsatze: "könnte ich die ganze Welt gewinnen, litte aber Schaden an meinem Kinde, was würde ich mit allem dem zum Gegenwerthe desselben besitzen?" (Sämtliche Werke [Verlag Cotta], B[and] II, S. 68) - Entdecker der "ldee der Elementarbildung" und als solcher weltberühmter Schulreformator und der erste Lehrer des Jahrhunderts, der Lehrer der Lehrer - geliebt und verehrt von Allen, welche Sinn haben für Volksbildung und Menschenwohl, darum auch als "Vater Pestalozzi" als "Pelikan des Volks" der dankbaren Erinnerung aller Völker und Zeiten würdig. Der Segen seines Andenkens bestehe, so weit er von uns abhängt, darin, dass wir wollen und thun, was Er dachte und wollte. Darum existire fernerhin kein verwarlosetes, verlassenes Kind mehr! Sollen, können und wollen!

A(dolph) D(iesterweg)".

Quellenangabe.
Das Pestalozzianum Zürich besitzt eine Vorlage, mit der Signatur "G.C.W. Busolt-Knorre pinxit 1821". Danach ist die Lithographie des Verlags Winkelmann in Berlin um 1845 geschaffen, mit dem grösseren erwähnten Text von Adolph Diesterweg. Die in neuer Zeit aufgekommene Angabe, das Bild sei nach dem Schweizer Maler Albert Anker (1831-1910) erstellt worden, kann schon aus zeitlichen Gründen nicht stimmen.

II.

Die Liste der auf dem Bild erwähnten Persönlichkeiten wird alphabetisch geordnet, die Vornamen, Berufe und Lebensdaten beigefügt. Wo weitere Angaben über A. lsrael, 1903-1904 oder über die kritische Ausgabe, 1927 ff. hinaus beigebracht werden konnten, sind sie, wie auch im negativen Fall, hinzugesetzt.

Ackermann, Wilhelm Heinrich, Lehrer (1789-1848)
Baltrusch, Samuel Eduard, Seminarlehrer (o. D.)
Barraud, Jean François, Lehrer (1776-1851)
Baumann, Christoph, Lehrer, Pfarrer (1789-1863)
Baur, Karl Christian Wilhelm, Professor (1788-1877)
Bernhardt, Ernst, Schulinspektor (o. D.)
Biber, Eduard, Lehrer, Pfarrer (1801-1874)
Blochmann, Karl Justus, Anstaltsleiter (1786-1855)
Braun, Friedrich Wilhelm, Seminardirektor (1778-1860)
Buss, Joh. Christoph, Lehrer (1776-1855)
Busse, Friedrich J., Seminarlehrer (1799-1859)
Clias, Phokion Heinrich, Turnlehrer (1782-1854).

Aus einer Familie Käslin in Beckenried (Nidwalden) stammend, in Boston, USA geboren, geriet er 1803 in englische Kriegsgefangenschaft, bildete sich dann zum Turnlehrer aus. Er wirkte zunächst in Holland und Norddeutschland, wurde 1810 Lehrer an der Anstalt von Pfr. Gottlieb Zehnder in Gottstatt bei Biel, dann in Bern, wo er im Marzili die erste Badeanstalt gründete. Zum Hauptleiter der Gymnastik an Militär- und Seemannsschulen Englands 1821 ernannt, begründete er dort das Turnwesen. Er kam 1824 wieder nach Bern, als Rittmeister und 1832-33 Kommandant des Landjägerkorps, war auch 1832-35 Grossrat. Er vermachte den Spitälern und dem Waisenhaus Legate, starb in Morges (Waadt). Lit. HBLS.

Collmann, Karl Lorenz, Rektor, Pfarrer (1788-1866)
Denzel, Joh. Bemhard Gottlieb, Seminardirektor (1773-1838)
Dreist, Karl August Gottlieb, Seminarlehrer (1784-1836)
Ehrlich - unbekannt.
Fatschek - unbekannt (Namensform?)
Fellenberg, Philipp Emanuel von, Pädagog (1771-1844)
Frick, Adrian, Lehrer (o. D.)
Fröbel, Friedrich, Lehrer (1782-1852)
Gersbach, Joseph, Musiklehrer (gest. 1830)
Girard, Joseph, Lehrer (1788-1857)
Gleim, Betty, Lehrerin (1781-1827)
Göldi, Andreas, Lehrer (1786-1840)
Grassmann, Friedrich Heinrich Gotthilf, Pfarrer, Seminardirektor (1784 - 1866)

Werkband 26, S. 458. - H. Morf, IV, S. 311.

Grieb, Joh. Georg, Lehrer (1792-1830)
Gruner, Gottlieb Anton, Schulleiter (1778-1844)
Hänel, Joh. Friedrich, Lehrer (1788-1837)
Hagnauer, Georg Andreas, Lehrer (1783-1848)
Hahn, Christian (1790 - 1877),

Zögling des Waisenhauses Frankfurt a. M., kam 1811 bei Pestalozzi in Yverdon nicht an, ging darauf zu von Türck in Vevey zur Ausbildung. Nach seiner Rückkehr 1813 wurde er Lehrer an der Musterschule von A. Gruner in Frankfurt a. M., verfasste: Arithmetisches Exempelbuch für den Schul- und Privatunterricht, 1823. Lit. Briefbände, 6, 7, 12. - H. Schönebaum, Band IV, Ernte, 1942 S. 398. - Katalog (der) Gedächtnisausstellung J. H. Pestalozzi, Frankfurt 1927, S. 31.

Harnisch, Wilhelm, Lehrer (1787-1864)
Hassel - unbekannt
Heldenmayer, Beat, Lehrer (1795-1873)
Henning, Joh. Wilhelm Mathias, Seminardirektor (1783-1868)
Heussi, Jakob, Lehrer (1803-1883)
Hientzsch, Friedrich Gottfried, Musiklehrer (ca. 1789-1856)
Hofmann, Franz Georg, Lehrer (1777-ca. 1830)
Honcamp - unbekannt Hopf, Joh. Samuel, Lehrer (1784-1830)
Jahn, Friedrich Ludwig, "Turnvater" (1778-1852)

Als Mitarbeiter Jahns wird im Bericht K.J. Blochmanns (u. s.) auch Friedrich Friesen (1785-1814) erwähnt, der seit 1810 am Institut E. Plamann in Berlin wirkte; er fiel im Krieg bei Rethel in Frankreich. Lit. Briefband 12, S. 478. - A. Israel, Band III, S. 149, 397f. - K. Ph. Euler, F. L. Jahn, Stuttg. 1881. - do., Friedrich Friesen, Berlin 1885.

Jullien, Marc-Antoine, General (1775-1848)
Jury (Joury), Christoph Maximilien, Lehrer (o.D.)
Kalisch, Ernst Wilhelm, Lehrer (o.D.)
Kapp, Friedrich, Lehrer, Anstaltsvorsteher (1792-1866)

Lit. Werkband XXVI S. 477.

Kasthofer, Rosette, verm. Niederer, Schulleiterin (1779-1857)
Kawerau, Friedrich Theodor, Seminardirektor (1789-1844)
Knusert, Aloys, Lehrer (1789-1836)
Krätz, August, Seminarlehrer (gest. 1821)
Kröger, Joh. Christoph, Lehrer (1792-1874)

A. Israel, Band III (nicht J.E. Kröger). - H.R. Schiltknecht, Pestalozzi und die Taubstummenpädagogik, 1970, S. 54f.

Krüger, Joh. Heinrich, Seminarinspektor (geb. 1769)
Krüsi, Hermann, Lehrer (1775-1844)
Krug, Joh. Friedrich Adolf, Lehrer (1771-1843)
Ladomus, Jakob Friedrich, Professor (1782-1854)
L'Aspée (nicht Laspé), Johannes de, Anstaltsleiter (1783-1825)
Leemann (auch Lehmann), Julien, Anstaltsleiter (o.D.)
Lehn - unbestimmt
Leuzinger, Fridolin, Professor (1786-1856)
Ling - unbekannt.

Man könnte an einen Schreibfehler für den Engländer John M. Synge (1788-1845) denken. - H. Morf, Band IV, S. 92.

Marsch, Gottlob Friedrich, Seminarlehrer (o.D.)
Marx, E. Meyer Ph., heisst auch Karl Heinrich M., (o. D.)
Massmann, Hans Ferdinand, Professor (1797-1874)
Mönnich, W. B., Gymnasiallehrer (o.D.)

Dr. Mönnich war Lehrer in Nürnberg, schrieb über Pestalozzi in den "Zeitgenossen", Band III, Leipzig 1831, sowie das Werk: J. H. Pestalozzis Idee der Menschenbildung. Nürnberg 1845. - Lit. A. Israel, Band III, S. 123, 315f.

Muhl, Servatius, Seminarlehrer (geb. 1794)

S. Muhl stammte aus Oberlahnstein, wirkte seit 1820 am Seminar Trier. -Frdl. Mitt, von Dr. W. Zimmermann, Bonn.

Muralt, Johannes von, Lehrer, Pfarrer (1780-1850)
Näf, Joh. Konrad, Lehrer (1789-1832)
Nägeli, Hans Georg, Musiklehrer, Verleger (1773-1836)
Nänny, Bartholome, Lehrer (1789-1852)
Niederer, Johannes, Pfarrer, Lehrer (1779-1843)
Obodowski, Alexander Grigoriewitsch, Seminarlehrer (1795-1852)
Patzig, Friedrich, Lehrer (1788-1877)
Pfeiffer, Michael Traugott, Musiklehrer (1771-1849)
Plamann, Joh. Ernst, Anstaltsleiter (1771-1834)
Preuss, Joh. Wilhelm, Seminardirektor (1790-1867)
Ramsauer, Johannes, Lehrer (1790-1848)

Mit J. Ramsauer zusammen gab Franz Ludwig Zahn (1798 - 1890) heraus: Pestalozzische Blätter, 1846. Zahn war seit 1827 Seminardirektor in Dresden, seit 1832 in Mörs (Nordrhein-Westfalen), als Nachfolger von A. Diesterweg. Lit. H. Morf, Band IV, S. 311. - A. Staehelin, Die Christentumsgesellschaft, Teil II, Basel 1974, S. l59.

Raumer, Karl Georg von, Bergrat, Professor (1783-1865)
Rendschmidt, Felix, Schulrektor (1787-1853)
Ritter, Karl, Geograph, Professor (1779-1859)
Roller, Georg Jakob, Seminarlehrer (1774-1857)

Werkband 26, S. 559. - Pestalozzische Blätter, hg. v. J. Ramsauer und Zahn, 1846 S. 49.

Rudolphi, Karl Asmund, Anatom, Professor (1771-1832) Lit. A. Israel, Band I, 1903, S. 79, 270.
Runge, Gustav Wilhelm, Seminardirektor (1789-1835)
Schacht, Theodor, Lehrer (1786-1870)
Schmid (nicht Schmidt), Joseph, Lehrer (1785-1851)
Schnyder von Wartensee, Xaver, Musiklehrer (1786-1868)
Scholz, Oberlehrer (o. D.) -

Pestalozzische Blätter, hg. von J. Ramsauer und Zahn, 1846, S. 49.

Schwarz, Friedrich Heinrich Christian, Pfarrer (1766-1837)
Spiess, Adolf, Turnlehrer (1810-1858)

Er wirkte in seinem Fach 1835 - 1844 in Burgdorf, 1844-1848 in Basel, nachher in Darmstadt, verfasste mehrere theoretische Werke über das Turnwesen. - Lit. HBLS, Band VI, S. 469.

Steeger, Joh. Abraham, Lehrer (1789-1858)
Steiner, Jakob, Mathematiker, Professor (1796-1863)
Stern, Wilhelm, Seminardirektor (1792-1873)
Svenske, Karl, Seminarlehrer (1796-1871)
Tillich, Ernst Gotthelf Albrecht, Pädagoge (1780-1807)
Timajew, Matthäus Maximowitsch, Seminarlehrer (1798-1858)
Titz (auch Tietz, Titze), Anton, Lehrer (1790-1867)
Tobler, Joh. Georg, Lehrer (1769-1843)
Türk, Wilhelm von, Schulrat (1774-1846)
Vogel, Joh. Georg (o. D.) Seminarlehrer in Altdorf, Bayern.
Wagner, Mathias, Professor, Seminardirektor (o.D.)

Seit 1817 Professor am Seminar Coblenz, subskribierte er auf vier Exemplare der Cotta-Ausgabe, 1820 als Seminardirektor auf zwölf Exemplare. Seit 1823 am Seminar Brühl (Landkreis Köln), besuchte er 1818 Yverdon auf Staatskosten, was er 1849 in einer Jubiläumsschrift seiner Schule schildert. Lit. Werkband 26, S. 214, 558 f. - Pestalozzische Blätter, hg. von J. Ramsauer und Zahn, 1846, S. 49. - Frdl. Mitt. von Dr. W. Zimmermann, Bonn.

Weilenmann (nicht Weilmann), Joh. Jakob, Anstaltsleiter (1787-1827)
Wetzel, Emanuel, Lehrer (1766-1831).

Schon vor 1800 Lehrer in seinem Heimatort Brugg (Aargau), auch Friedensrichter, lehrte er vor allem Mathematik, dürfte um 1808/10 als Eleve in Yverdon geweilt haben. Bei seinem letzten Aufenthalt auf dem Neuhof hielt Pestalozzi viel Kontakt mit ihm. Lit. Werkband 26, S. 563. - Brugger Neujahrsblätter, 1978, S. 39. - Frdl. Mitt. von Dr. Max Banholzer, Solothurn.

Wilberg, Joh. Friedrich, Schulleiter (1766-1846)

Geboren in Ziesar (Brandenburg), war Wilberg Schüler E. von Rochows, auch Lehrer und Anreger von A. Diesterweg, wirkte erfolg-reich 1802-1837 an einer privaten Schule in Elberfeld. Er emp-fing 1816 einen Brief aus Yverdon von C.L. Collmann, der bei ihm einen Wirkensort suchte. Frdl. Mitt. von Heinz Otto Müller, Dozent, Wuppertal-Elberfeld. - Pädagogische Blätter, hg. von C. Kehr, Band X, 1881, S. 1.

Zährer, Joh. Georg (1793-1856).

Zuerst seit 1810 Gehilfe an der Musterschule A. Gruners in Frankfurt a. M., besuchte er 1813 f. zwecks Ausbildung das Institut von Türk in Vevey, wurde nach der Rückkehr als Lehrer an der Musterschule angestellt, verfasste: Kopfrechnen, Frankfurt, 1851. Lit. H. Schönebaum, Band IV, Ernte, 1942, S. 398. - Katalog der Gedächtnisausstellung Pestalozzi in Frankfurt am Main, 1927, S. 41.

Zeller, Karl August, Lehrer (1774-1846).

Versuchen wir anschliessend eine Analyse der 102 Namen, so lassen diese deutlich erkennen, welche Persönlichkeiten im Bann Pestalozzis etwa zwanzig Jahre nach seinem Tod in Berlin vor allem bekannt waren, wer für A. Diesterweg damals bedeutsam erschien. Er verfügte über 92 Namen aus dem weitern deutschen Sprachgebiet, darunter (nur) 23 Schweizer, von denen gut die Hälfte in Deutschland gewirkt hat. Dabei unterliefen ihm etliche Fehlschreibungen wie Schmidt (statt Schmid), Hagenauer (st. Hagnauer), Weilmann (st. Weilenmann), Schnider (st. Schnyder von Wartensee), vielleicht auch Ling (st. Synge). Fast ein Viertel der Personen konnten, weil meist nach der Lebenszeit Pestalozzis tätig, beim Bibliographen A. Israel und in der kritischen Gesamtausgabe nicht nachgewiesen werden, was nach Möglichkeit ergänzt wurde; undeutsam blieben: Ehrlich, Fatschek, Hassel, Honcamp, Lehn. Nichtdeutscher Herkunft sind: vier Russen Busse, Obodowski, Svenske, Timajew; dem französischen Sprachgebiet, inkl. Westschweiz gehören an: Barraud, Girard, Honcamp, Jullien. Mit Vornamen sind drei Personen bedacht, davon zwei Frauen R. Kasthofer, B. Gleim, C. Rudolphi. Fast am Schluss sind noch wie nachträglich drei Turnlehrer genannt: Clias, Jahn und Spiess.

Das Übergewicht der deutschen Namen, die berufliche Stellung als Seminarlehrer, Seminardirektoren, Professoren, deuten auf meist norddeutsche Kollegen von A. Diesterweg hin. Ein Blick auf die Schulgeschichte Deutschlands im 19. Jahrhundert kann ergänzen, wie Deutschland nach 1827 gegenüber der Schweiz stärker auf Pestalozzi hintendierte, wie sein Vaterland mit den Forschern H. Morf, O. Hunziker gegenüber Seyffarth, Israel, Mann, erst seit 1870 allmählich aufholte.

III.

Adolph Diesterweg, 1790-1866, zeichnet mit seinen Initialen als Herausgeber des Bildes. Er gehört mit Pestalozzi und mit J.F. Herbart zum Trio der klassischen Pädagogik im deutschen Sprachraum. Eine Lebensskizze möchte dartun, wie er dazu kam, ohne persönliche Bekanntschaft mit Pestalozzi massgebend für den Schweizer Pädagogen sich einzusetzen.

Geboren in Siegen (Westfalen), in einem erst 1815 preussisch gewordenen Fürstentum, studierte Diesterweg in Herborn und Tübingen. Seine Wirksamkeit fand statt: seit 1813 an der Musterschule von Frankfurt a. M., dann seit 1818 als Vizerektor der lateinischen Schule in Elberfeld, Seminardirektor seit 1820 in Mörs (Regierungsbezirk Düsseldorf), endlich 1832-1850 in Berlin. Sofern ihm nicht schon in Tübingen die Kenntnis Pestalozzis zuging, haben in der Gönnerstadt des Pädagogen die Mitlehrer Nänny, Hahn und Zährer ihre Begeisterung für den Schweizer mitgeteilt. In Elberfeld hat ihn sicher Wilberg beeinflusst, und sein Nachfolger in Mörs, F.L. Zahn ist ja zusammen mit J. Ramsauer für Pestalozzi eingetreten.

In der preussischen Hauptstadt warben viele Pädagogen für Pestalozzi, namentlich am Institut von E. Plamann, sowie an andern Anstalten, wie Lautz, Itzig, Kalisch, Cauer. Besonders sind ehemalige Eleven von Yverdon für ihren Meister eingetreten, so J. Ramsauer in Oldenburg, W.M. Henning in Köslin, die Lehrer Dreist, Kawerau u.a. in Bunzlau, K.J. Blochmann in Dresden; die meisten dieser Persönlichkeiten haben durch vielgestaltige Publizistik ein Klima geistiger Art geschaffen, das Diesterweg unterstützt und gefördert hat.

In Frankfurt a. M. hatten zuerst A. Gruner und J. K. Nänny eine Pestalozzitradition geschaffen, nach dem Weggang beider begeisterten Christian Hahn und Joh. Georg Zährer die Umwelt für die neue Lehrart. Diesterweg förderte als Vertreter der demokratisch-liberalen Bewegung die Hebung von Schule und Lehrerstand, mittels Befreiung von der kirchlichen Schulaufsicht, und Inspektion durch pädagogische Fachleute, durch Verbesserung der Lehrerbildung und Besserung ihrer sozialen Stellung mittels Lehrervereinen. Sein Einsatz für liberale Schulpolitik, deren wirkungsvollster Vertreter er war, kann in der neuen Literatur verfolgt werden (H. G. Bloth, E. Gross, K.G. Günther, K. Goebel (Frankfurter Allgemeine l973, Nr. 115), sowie in der Gesamtausgabe seiner Werke, in Ost -Berlin seit 1956 erscheinend.

Bekanntlich haben etliche Orte, so auch Berlin, den 100. Geburtstag Pestalozzi schon 1845, ein Jahr zu früh, gefeiert. Vor rund 400 Gästen, darunter Pestalozzis Neffen Gross aus Leipzig (einer war Leipzigs Bürgermeister) wurde der Schweizer Pädagoge gefeiert. Professor Ernst Kalisch, ein Eleve in Yverdon, gab ein Charakterbild des Jubilars aus eigener Anschauung. Seminardirektor Diesterweg stellte das bekannte Bildungsprinzip Pestalozzis dar und förderte in dessen Sinn den Geist und das Berufsethos der deutschen Volksschullehrer.

Im Hochgefühl des Festes verfasste Diesterweg eine Gedenkschrift: "Heinrich Pestalozzi; ein Wort über ihn und seine unsterbliche Verdienste", Berlin 1845. Er nannte den Jubilar den glänzendsten und grössten Stern, der seit 1800 Jahren am pädagogischen deutschen Himmel geleuchtet habe: "Des mächtigen Napoleons Schöpfungen sind verschwunden; was Pestalozzi gewirkt, wird ewig dauern." Zusammen mit E.W. Kalisch und H.F. Massmann erliess Diesterweg einen Aufruf, der die Errichtung einer Armenanstalt postulierte. Es besteht wohl kein Zweifel, dass auch das Bild "Pestalozzi in Stanz" im Geburtstagsfest von 1846 seinen Ursprung fand, als bleibende Erinnerung an die Feier, mit ähnlichen überschwänglichen Worten versehen, wie die Festredner sie verwendet hatten.

Mit seinem politischen Liberalismus, mit seiner sozialen Begleittendenz, hat Diesterweg nicht die konservative Richtung der preussischen Behörden überwunden. Zwar beeinflusste er stark die Volksschule in ganz Deutschland und ihre Lehrerschaft. Seine Gegner erreichten aber schon 1847 seine Beurlaubung als Seminardirektor, und nach dem Revolutionsjahr 1848 wurde er zwangsweise 1850 aus seinem Amte ganz entfernt. Als Privatmann in Berlin lebend, setzte er seine Bemühungen um die Volksschule fort, gehörte auch dem preussischen Landtag seit 1858 an, erlag 1866 der Cholera. Eine Stiftung mit Sitz in Berlin, zur Pflege der pädagogischen Literatur, diente fortan im Sinne Pestalozzis dem Bildungsinteresse der gesamten Lehrerschaft.

Hat Diesterweg durch seinen persönlichen Einsatz für das Andenken Pestalozzis gewirkt, so lassen sich noch mehr Aussagen aus der Schulgeschichte Deutschlands durch unser Bild dokumentieren, als frühere Arbeiten oder im Nachklang bis zum ersten Weltkrieg.

IV.

Die Wirkungsgeschichte Pestalozzis in den 150 Jahren nach seinem Tode ist erst teilweise für einzelne Orte und Länder geschrieben. Wenn wir ihren Spuren hier für Deutschland nachgehen, so zeigt sich ein grundlegender Unterschied zur Schweiz. Die vielen deutschen Pädagogen und Eleven, welche Burgdorf und Yverdon besucht haben, bezeugten bleibendes Interesse für Pestalozzi, fassten J. Niederers Widerstand gegen seinen ehemaligen Meister bloss als Lehrerstreit gegen Joseph Schmid auf. In der Schweiz dagegen herrschte eher Trauer über Pestalozzis Alterstragödie, welche ihm sein Schüler bereitet hat. Die Schulgeschichte Deutschlands zeigte daher schon in einer ersten Stufe Differenzen, wobei gerade in der Anstalt Plamann zu Berlin abweichende Meinungen bestanden.

Dr. Wilhelm Harnisch, 1809-1812 Lehrer bei Plamann, geht in einem Bericht (H. Morf, IV, S. 308ff.) auf die Entstehung der preussisch-pestalozzischen Schule ein: "Die ursprünglich frischen Lebensideen, die quellenartig in Pestalozzi hervorsprudelten, suchte ein Lehrer der Anstalt, Johannes Niederer, philosophisch mit der Welt zu vermitteln. Er hob aber selbst Pestalozzi aus seiner Ursprünglichkeit und Naturwüchsigkeit heraus, und da er selbst kein eigentlicher Lehrer war, sondern ein eklektischer Schweizer Philosoph, und da seine Philosophie, verdaut und unverdaut, mehr oder weniger auf die andern Lehrer überging, so fingen die pestalozzischen Bestrebungen an zu junkern". (d. i. aristokratisch zu werden, von ihrem demokratischen Ursprung abzuweichen) ... Die Streitigkeiten in Iferten hatten wohl in manchen Persönlichkeiten ihren Grund, aber doch darin ihre Berechtigung, dass eine falsche, unklare, überspannte Theorie (in Niederer) mit einer gewaltigen, aber ungemessenen Praxis (in Joseph Schmid) in Kampf geriet."

Harnisch berichtet weiter über seine Erfahrungen in Plamanns Anstalt zu Berlin. "Meine Freunde Friesen und Jahn gingen weniger in die Niedererschen Ideen ein, als Plamann wohl wünschen mochte ... Eine Idee verband uns drei fest, nämlich freie Auffassung der pestalozzischen Ideen, und wir suchten so eine andere pestalozzische Bildungsweise aufzustellen, als nach dem, was wir wussten, damals in Iferten herrschte ... So bildete sich, von Plamann doch gefördert, anderseits bekämpft, eine neue pestalozzische Schule, besonders unter Friesens Führung, die späterhin einen grossen Umfang gewonnen hat, indem sich ihr gerade auch der grösste Teil der preussischen Schulmänner anschloss, die in Iferten selbst gewesen waren."

Karl Justus Blochmann, Lehrer in Yverdon, hatte Pestalozzi im Streit mit J. Schmid verlassen, was er in seinem Buche von 1846 bedauert hat. Er schrieb damals über die Eleven und ihre Rückkehr: ... "Anfangs als Lehrer, dann als Direktoren von Schulen und Lehrerseminarien in verschiedenen Provinzen der Monarchie angestellt, haben (sie) nicht nur durch Einführung der pestalozzischen Methode, sondern ganz vorzüglich auch durch Vereinfachung, neue Bearbeitung und vielseitige Verbesserung der elementaren Bildungsmittel sich grosse und bleibende Verdienste erworben. An ihr segens-reiches Thun schlossen sich bald andere eifrige und kräftige Volksschullehrer nach allen Richtungen der preussischen Monarchie an (die nicht in Yverdon gewesen waren), Harnisch, Diesterweg, Rossel, Zahn, Grassmann und viele andere, so dass man jetzt wohl sagen darf, es seien unter den achtundvierzig preussischen Seminaren wohl kaum zwei, die sich der heilsamen Einwirkung Pestalozzis auf den Bildungsgang und die einsichtsvolle und kräftige Handhabung naturgemässer Bildungsmittel ganz entzogen hätten."

Das Bild von 1846 zeigt mit seiner Personenliste eindrücklich, welche Pädagogen damals, vor allem in Diesterwegs Kenntnis, als Anhänger Pestalozzis bekannt waren. Der eher konservativ gerichtete Harnisch hat später auch ausgeführt, in welcher Weise die Auswirkung Pestalozzis in ganz Deutschland, in Preussen, Sachsen, Frankfurt, Hessen, Bayern, Baden und Württemberg, als zweite Stufe teilweise umgemodelt worden ist:

"1) die Beachtung alles Vaterländischen, darum der deutschen Sprache, und zwar stets vom pädagogischen und patriotischen Standpunkt aus, sowie der heimischen Weltkunde;
2) Beachtung des Gesangswesens als eines Belebungsmittels für die Gemeinschaften;
3) Beachtung des Zeichenunterrichts;
4) der tiefern musikalischen Bildung;
5) Aufnahme einer vollständigen Leibesbildung. Die Schule ging von Pestalozzi aus; aber sie blieb nicht bei ihm stehen, sondern bildete sich geistig und volksthümlich weiter aus."

Zum Thema Gymnastik ist beizuziehen, was Wilhelm Harnisch in seinem Werke: Deutsche Volksschulen mit bes. Berücksichtigung der Pestalozzischen Grundsätze schon 1812 geschrieben hat. Er äusserte sich mit bezeichnender Abweichung über einen Aufsatz der Wochenschrift, Band I, 1807: Über Körperbildung, der von J. Niederer als Redaktor teilweise nach Vorlagen Pestalozzis redigiert oder verfasst worden ist. Wie Karl von Raumer und "Turnvater" Friedrich Ludwig Jahn konnte er sich mit der Gymnastik von Yverdon nicht befreunden, weil deren Ziel nicht den preussischen Bestrebungen entsprach. Harnisch schrieb: "Eine Rührkunst, wie in der Pestalozzischen Wochenschrift Proben davon sind, wird zu nichts führen, ... Die Turnkunst hat ein höheres Ziel als die englischen Bereiterkünste; sie ist die Vorschule der Wehrkunst!"

Über W. Harnisch gibt sein eigenes Buch "Mein Lebensmorgen", Berl. 1865, Auskunft, ferner: Werkband XXVI, S. 463, und Briefband XIII, S. 529. - H. Morf, Band IV, S. 83-92. - H. Schönebaum, Ernte, 1942, S. 173f., und S. 373ff. - J. Bennack, Gustav Friedrich Dinter, Ratingen 1975.

Alle diese Punkte, auch die besondere Pflege der Sprache durch den Weltbürger und Volkspädagogen Pestalozzi, sind jetzt in der kritischen Gesamtausgabe vermehrt als Ziele des Pädagogen von Yverdon erschlossen worden. Im Leben Diesterwegs wird ersichtlich, wie sich dem Kampf zwischen Konservativen und Liberalen zeitweise zu Gunsten der ersten entschied, vor allem auch durch die Schulregulative Stiehls von 1854, die erst 1872 durch den Minister A. Falk ersetzt wurden. Der nachmalige Schulplan, der bis zum Ende des ersten Weltkrieges gelten sollte, im Zeitalter von Nationalismus, Imperialismus und Kolonialismus, deutet auf eine dritte Stufe der Auswirkung Pestalozzis in Deutschland. Wir möchten daher dem seltenen Zeugnis Diesterwegs noch ein solches von 1881 gegenüberstellen, ohne sonst auf die Nachwirkung F. Herbarts und die Kindergärten F. Fröbels, beide als indirektes Nachleben Pestalozzis, näher einzugehen.

Eine (wohl erste) Karte der Lehrerseminare im neuen deutschen Kaiserreich, hergestellt im Verlag Perthes zu Gotha, geschaffen von D. Diercke, Seminarlehrer in Stade, ist in C. Kehrs pädagogischen Blättern, Jahrgang III, 1874, S. 312, gedruckt worden. Sie gibt die geographische Grundlage für die deutsche Schulgeschichte im neuen Kaiserreich, das nicht nur aus zeitlicher Distanz den Masstab gegenüber dem Ausland verschwinden liess.

In diesem Sinn gibt eine Aufstellung von 1881 deutlich Bescheid, welche Pestalozzianer rund 35 Jahre nach Diesterweg als massgebend angesehen worden sind, damit Pestalozzis spätere Auswirkung in Deutschland sichtbar machen. In den Pädagogischen Blättem für Lehrerbildung, hg. von C. Kehr, Band 1881, S. lff. hat Eduard Jaenicke einen Aufsatz veröffentlicht: "Leben und Streben vor 50 Jahren; Bilder aus Hentschels und Lübens Schulreise im Jahre 1830". Darin nennt er als Pestalozzianer in Deutschland, mit deutlichen Abweichungen von Diesterweg:

Bunzlau: Dreist, Henning, Kawerau, Krüger
Hamburg: Krüger
Dresden: Blochmann, Krug
Leipzig: Lindner, Vogel
Karlsruhe: von Türk
Potsdam: Stern, Gersbach
Frankfurt a. M.: Ackermann
Esslingen: Denzel
Stettin: Grassmann
Beuggen (Baden): Zeller
Rheinland: Diesterweg, Rossel, Wagner, Wilberg, Zahn
Hessen: Schacht, Collmann
Preussen: Baltrusch, Hagelweide, beide Preuss
Schlesien: Hänel, Handel, Rendschmidt
Nord-Bayern: Graser, Stephani
Süd-Bayern: Dittmar.

Aus Diesterwegs Liste von 1846 hat Jaenicke 27 Namen herausgenommen und sieben neue beigefügt: alle stammen aus Deutschland, und wir fügen für sie nötige neue Lebensangaben bei:

Heinrich Dittmar, Anstaltsleiter in Nürnberg (1792-1866), vgl. Werkband 26 und Briefbände 10-12.

Joh. Baptist Graser (1766-1841), vgl. Fr. Wilh. Pfeiffer, Die Volksschule des 19. Jahrhunderts, Nürnberg 1872. - J. Hauser, Pestalozzi und Stephani, 1920, S. 39. - Lexikon der Pädagogik, Band III, Bern 1952. - H. Morf, Band IV, S. 311.

Joseph de Handel, aus Schlesien, wird als Stud. iur. in Tübingen erwähnt, Briefband VII, S. 222, 478.

Karl Hagelweide, Lehrer in Breslau (o.D.), vgl. Werkband 26, S. 210.

Friedrich Wilhelm Lindner (1779-1864), Professor in Leipzig.

Heinrich Stephani (1761-1850), Pfarrer in Ansbach, vgl. Werkband 17 A, S. 323.

Statt auf Karl August Zeller, der wohl bei Diesterweg gemeint war, wird jetzt auf Christian Heinrich Zeller (1779-1860) verwiesen, 1809 Mitgründer der Anstalt Beuggen (Dl.), unweit Basel, vgl. Werkbände 25, 26 und Briefbände 4, 5, 12, 13.

Nach einer Aufzählung dieser deutschen Pestalozzianer und ihrer grossartigen Leistungen für die Volksschule ihrer Heimat, fügt Jaenicke einen Passus bei, der nur aus zeitgeschichtlichen Voraussetzungen heraus verständlich ist: "Der deutsche Pestalozzismus ist ein ganz anderer als der schweizerische, klarer, besonnener, freier, praktischer, tiefer, umfassender; auf seinem Grunde steht die Schule der Gegenwart, die den reichen Ertrag der pädagogischen Gedanken, Bestrebungen und Erfahrungen, welche die Geschichte ihr überliefert, sich zunutze zu machen hat, während der schweizerische Pestalozzismus in Deutschland nie Wurzel gefasst hat und nun längst zu Grabe getragen ist...."

Man hört aus diesen überheblichen Worten, die auch zur Wirkungsgeschichte Pestalozzis gehören, die Hybris des späten Kaisertums um 1900 heraus. R. Pippert hat in seinem Werk über Paul Natorps Pestalozzi-lnterpretation (betitelt: Idealistische Sozialkritik und "deutscher Weltberuf", 1969, S. 224, 229) dargetan, dass laut Natorp der Erziehungsgedanke Pestalozzis in Deutschland nicht verwirklicht worden sei, sodass nur eine Metaphysik vom Weltberuf des Deutschtums Abhilfe schaffen könne, analog dem Wort: Am deutschen Wesen soll die Welt genesen!

Man findet die gleiche Haltung auch an anderer Stelle, so wenn A. Israel, sächsischer Oberschulrat (im Vorwort seiner Pestalozzi-Bibliographie, Band III, 1904) vom "deutschen Genius Pestalozzi" spricht und sogar die grossen Antipoden Pestalozzi und J. Niederer einen Doppelgenius nennt, "beide so kerndeutsch", dass andere Nationen nur wenig von ihnen übernommen haben. Aus Raumgründen müssen wir an dieser Stelle auf die weitere Schilderung der Wirkung Pestalozzis auf die Nachwelt verzichten. Gute Hinweise für die deutsche Ideen- und Schulgeschichte gibt das Werk von Albert Reble, Geschichte der Pädagogik, Stuttgart, Klett, 12. Auflage 1975, S. 247ff.

Ein zeitgeschichtlich gebundenes Bild, von A. Diesterweg veröffentlicht 1846, ergibt, zusammengehalten mit dem frühen Bericht Harnischs, und dem Aufsatz von Jaenicke 1881, einen fundamentalen Einblick für Pestalozzis Auswirkung in Deutschland, das er als Weltbürger in gleichem Sinn wie die Schweiz und Frankreich als sein Vaterland anerkennt.