Tatsächlich gestattete man Pestalozzi, in einem Winkel der Schulstube des Schuhmachers Joseph Dysli, der die Hintersassenkinder unterrichtete, seine Methode der elementaren Bildung zu erproben.

Johann Rudolf Fischer (1772 – 1800) war zuerst Sekretär beim Minister Philipp Albrecht Stapfer und sollte dann ein Lehrerseminar im Schloss Burgdorf installieren. Er starb unerwartet, weshalb man dann Pestalozzi, der das Amt zuerst abgelehnt hatte und inzwischen an einer der Stadtschulen unterrichtete, zu Fischers Nachfolger wählte.

Pestalozzi hatte sich nach dem Stanser Aufenthalt während sechs Wochen im Gurnigelbad erholt, wo er den „Stanser Brief“ verfasste und – wie er in „Wie Gertrud ihre Kinder lehrt“ angibt – sich entschloss, Schulmeister zu werden.

Pestalozzis Traum war eigentlich immer das Führen einer Armenschule bzw. Armenanstalt, aber hier in Burgdorf war er Vorsteher eines Instituts, das zugleich Stadtschule, Pensionsanstalt, Lehrerseminar und Armenschule war.

Pestalozzi war als Institutsvorsteher in Burgdorf und später in Yverdon praktisch in jeder Hinsicht auf fremde Hilfe angewiesen. Er gab die entscheidenden geistigen Impulse, konnte sie aber selber nicht umsetzen. – Im historischen Ablauf seines Lebens klafft hier eine grösse Lücke, denn was er über die Ereignisse insbesondere in Yverdon zu sagen hatte, wollte der Verleger Cotta nicht annehmen und publizierte Pestalozzi in „Meine Lebensschicksale“ (PSW 27 S. 215 – 344).

Pestalozzi ist also jetzt 1825 wieder zurück auf dem Neuhof.

Pestalozzi führte in Yverdon nicht bloss im Schloss seine Knabenanstalt, sondern hatte in der Stadt auch ein Töchterinstitut gegründet, das er dann seinem Mitarbeiter Johannes Niederer und dessen Ehefrau Rosette Kasthofer überliess. Kurzzeitig führte er auch im nahen Clindy eine Armenanstalt.

Das Wort vom zerkleckten (geknickten) Rohr, das Gott nicht zerbreche, und vom glimmenden Docht, den er nicht auslösche, ist die von Pestalozzi wohl am häufigsten zitierte Bibelstelle: Jesaja 42/3 bzw. Matthäus 12/20.

Nachdem Pestalozzi infolge des politischen Umsturzes in der Schweiz das Schloss Burgdorf auf Ende 1803 an den neuen Berner Oberamtmann hatte abtreten müssen, fand er mit seinem Institut kurzzeitig Unterschlupf in einem Gebäude eines ehemaligen Klosters in Münchenbuchsee, wobei er sich organisatorisch und juristisch mit der Erziehungsanstalt Hofwil des Berner Patriziers Philipp Emanuel von Fellenberg vereinigt hatte.

Im ausführlichen theoretischen Teil des „Schwanengesangs“ hat Pestalozzi dargelegt, dass eine Erziehungs- und Bildungsweise nur dann als im wahren Sinne naturgemäss betrachtet werden darf, wenn sie übereinstimmt mit den konkreten und damit je nach Stand unterschiedlichen Lebensverhältnissen. In seinem Institut in Yverdon waren alle Knaben grundsätzlich ihrer Lebensverhältnisse entfremdet, weshalb eine eigentlich naturgemässe Bildung gar nicht möglich war.

In den Jahren 1809-1812 hat Pestalozzis engster Mitarbeiter Joseph Schmid sechs grundlegende praxisbezogene Werke zum Mathematikunterricht verfasst. Siehe die Aufzählung in PSW 21,, S. 338.

„Der Elsässer Franz Josef Niklaus Neef (1770 – 1854) leitete im Waisenhaus des Faubourg Saint-Marceau in Paris ein pestalozzisches Institut. 1804 wohnte Napoleon mit seinem Gefolge der Prüfung bei. Er selbst äusserte sich nicht zu dem Gesehenen, doch deckte sich seine Meinung wohl mit der seines Aussenministers Talleyrand, der seinem Herrn versicherte: „C’est trop pour le peuple“ (Das ist zuviel für das Volk!). Bald darauf wurde die Anstalt geschlossen, und Neef siedelte nach Amerika über. In Philadelphia verbreitete er Pestalozzis Ideen.“ (Aus: Johann Heinrich Pestalozzi, Ausgewählte Werke Band IV, eingeleitet und erläutert von Otto Boldemann, Verlag Volk und Wissen, Berlin 1965, Seite 393).

Barbara Schmid, geboren 1720 trat im Alter von 27 Jahren in den Dienst bei der Familie Pestalozzi, und starb 1788. In ihrem Sterberegistereintrag ist zu lesen: „Hat 41 Jahre treu und redlich gedient bei Frau Pestaluzin.“ Sie hat gewiss nie einen Lohn erhalten und wurde einfach als Teil der Familie empfunden.

Bei Dejung (PSW 28, S. 427) lesen wir: „Von den sieben Kindern der Familie starben vier frühzeitig. Am Leben blieben ausser Heinrich nur sein älterer Bruder Joh. Baptist, geb. 1745, verschollen 1780, als Kaufmann lange auf dem Neuhof lebend, und Anna Barbara (1751 – 1832), die sich 1777 in Leipzig mit dem Kaufmann Chr. Gottlob Gross vermählte.

Hier irrt Pestalozzi. Babeli stand beim Tode des Vaters 1755 bereits 8 Jahre im Dienst der Familie Pestalozzi.

Noch im 20. Jahrhundert gab es hierzulande in vielen Häusern die „gute Stube“, die für das Essen an hohen Festtagen und für besonderen Besuch reserviert war.

Andreas Pestalozzi (1692 – 1769) war Pfarrer in Höngg, damals ein kleines Winzerdorf, heute ein Stadtteil von Zürich.

Man erinnere sich: Pestalozzi meint die Erziehungskunst.

Alles Übel kommt aus der Stadt.

Wikipedia: „Der Titel Archidiakon bezeichnet in der Geschichte der deutschen evangelischen Kirchen den geistlichen Würdegrad des zweiten ordinierten Theologen einer evangelisch-lutherischen Pfarrgemeinde. Bis ins 19. Jahrhundert trug nur der Hauptprediger der Gemeinde den Titel Pastor oder Pfarrer. Weitere in der Gemeinde tätige ordinierte Theologen trugen den Titel Erzdiakon/ Archidiakon, in Zwickau auch Protodiakon sowie Diakon.“

Pestalozzis Urgrossvater Johann Baptist Ott (1661-1742). Dejung schreibt (PSW 28, S. 428): „Ott wurde 1684 Stadtbibliothekar, 1691 Pfarrer in Zollikon, 1702 Professor am Carolinum in Zürich, 1715 Chorherr und zweiter Archidiakon im Grossmünster. Er versah seit 1731 das Amt eines Antistes (siehe hierzu https://de.wikipedia.org/wiki/Antistes ) provisorisch, wurde aber 1737 bei der Wahl übergangen. Für seine Gelehrsamkeit spricht, dass seine Biographien aller Antistes, sowie ein Schriftsteller-Lexikon von 50 Quartbänden als Manuskript sich in der Zentralbibliothek Zürich befindet.“

Schlüssel zum Verständnis

Pestalozzi versuchte, die Schüler formale Aspekte von Wörtern (z.B. die Silbe ‚in‘) in Versen bzw. Reimen üben zu lassen, welche sich ihrerseits durch einen gewissen moralischen Gehalt auszeichnen sollten. Er wollte damit seiner Forderung genügen, dass Übungen des Geistes zugleich Kräfte des Herzens entfalten sollten. So lautete die Übung im oben angegebenen Beispiel: „Dort innen / wollen wir spinnen / und darauf sinnen, / wie sie rinnen, / die Röhren am Brunnen / und was wir gewinnen / mit unserem Spinnen. / Es will sich geziemen, / dass wir daran sinnen / mit allen unseren Sinnen.“ (PSW 25, S. 179) Pestalozzis Mitarbeiter müssen die Unbrauchbarkeit dieser Bemühungen erkannt und sich ihnen gegenüber störrisch gezeigt haben, hat doch die ideologische Voraussetzung dieser Übungen etwas Krampfhaftes an sich und erweckt darüber hinaus auch Pestalozzis Unfähigkeit im korrekten Dichten und Reimen eher Mitleid als Bewunderung. Von wesentlich tieferem Gehalt sind jene prägnanten Texte, womit Pestalozzi den Schülern einzelne Verben und damit verwandte Substantive – alphabetisch aufgereiht – hinsichtlich gewisser moralischer Bezüge näherzubringen versucht. Zu finden sind diese „Wortreihen“ in „Der natürliche Schulmeister“ (PSW 15, S. 8 – 166), grossenteils auch – aber teilweise verändert – in einer von Pestalozzis erstem Mitarbeiter Hermann Krüsi 1829 herausgebrachten Sammlung unter dem Titel „Vaterlehren in sittlichen Wortdeutungen / Ein Vermächtnis von Vater Pestalozzi an seine Zöglinge / Bewahrt und gesammelt von Hermann Krüsi, Vorsteher der Kantonsschule Trogen / Trogen. / Gedruckt und im Verlag bei Meyer und Zuberbühler. 1829“. Hier ein kurzes Beispiel, zuerst bei Pestalozzi: „Lodern, loderte, gelodert, lodernd / Auf-, hervor-, herum-, hochlodern. / Die lodernde Flamme; ein Kamin, der hoch aufgelodert hat. / Wilde Leidenschaften lodern oft im Herzen und verzehren die guten menschlichen Kräfte, wie die Flamme das Haus.“ Anlalog in Krüsis „Vaterlehren“: „125. Lodern. / Wenn wilde Leidenschaften in den Herzen eines Menschen lodern, verzehren sie die guten menschlichen Gedanken, Gefühle und Kräfte, wie die Flamme das Haus.“ (a.a.O. S. 48)

Der Genfer Theologe Jean Alphonse Turrettini strebte zusammen mit dem Bischof William Wake in Canterbury eine Versöhnung aller protestantischen Kirchen unter Einbezug der anglikanischen Kirche an. Diese Bestrebungen teilten auch der Basler Theologe Samuel Werenfels und der Neuenburger Pfarrer Jean Frédéric Ostervald.

Pestalozzi selber macht hier die Anmerkung: „Man heisst eine Art von krausem Kohl in Zürich Wirz.“ Offiziell heisst diese Kohlsorte „Wirsing“. Im übrigen handelt es sich hier um eine Anspielung auf Isaaks Sohn Esau, der sein Erstgeburtsrecht um ein Linsenmus an seinen jüngeren Bruder Jakob verkaufte.

Dejung in PSW 28, S 430: „Joh. Kaspar Lavater (17442-1801) war enger Jugendfreund Pestalozzis, rückte 1769 zum Diakon am Oetenbach in Zürich auf, 1786 Pfarrer an St. Peter. Er gewann grossen Einfluss auf seine Mitwelt, als Schriftsteller wie als Persönlichkeit; bekannt ist seine Freundschaft mit Goethe. Er verfasste religiöse, physiognomische, politische Schriften, sowie Gedichte u. a. für die Helvetische Gesellschaft. Mit Pestalozzi war er besonders in der Jugend- und Studienzeit stark verbunden, und dann wieder vom Stäfnerhandel 1795 bis zur Helvetischen Revolution von 1798.“

Es geht um den sog. Grebelhandel. Dejung: „Felix Grebel (1747-1787) war seit 1755 bis 1761 Landvogt zu Grüningen. Lavaters erstes öffentliches Auftreten war 1762 eine Anklageschrift, die er zusammen mit dem Maler Heinrich Füssli aufsetzte und vor die Häuser der wichtigsten Regierungsmitglieder niederlegte. Darin wird Grebel als „Tyrann, Heuchler, Ungerechtester aller Richter, Gottesspötter, Meineidiger“ bezeichnet. Die Klageschrift zeitigte Erfolg, indem Grebel ins Ausland floh und in Abwesenheit auf Lebenszeit aus der Heimat verbannt wurde. Die jugendlichen Ankläger mussten, als Störer der öffentlichen Ruhe, vor dem Rate öffentliche Abbitte leisten.“

Johann Jakob Bodmer (1698-1783), Johann Jakob Breitinger (1701 -1776) und Johann Jakob Steinbrüchel (1729-1796) waren die herausragenden Gestalten des Zürcher Geisteslebens.

Pestalozzi forderte damals seine Braut Anna Schulthess auf, Emile zu lesen, und als 1770 ihr Sohn – bezeichnenderweise wie Rousseau auf „Jean Jacques“ getauft – geboren wurde, versuchte Pestalozzi sich bei dessen Erziehung an Roeusseaus „Emile“ zu orientieren, musste aber bald das Unpraktische von dessen Theorie erkennen.

Alles Übel kommt aus der Stadt.

Wikipedia: „Der Titel Archidiakon bezeichnet in der Geschichte der deutschen evangelischen Kirchen den geistlichen Würdegrad des zweiten ordinierten Theologen einer evangelisch-lutherischen Pfarrgemeinde. Bis ins 19. Jahrhundert trug nur der Hauptprediger der Gemeinde den Titel Pastor oder Pfarrer. Weitere in der Gemeinde tätige ordinierte Theologen trugen den Titel Erzdiakon/ Archidiakon, in Zwickau auch Protodiakon sowie Diakon.“

Pestalozzis Urgrossvater Johann Baptist Ott (1661-1742). Dejung schreibt (PSW 28, S. 428): „Ott wurde 1684 Stadtbibliothekar, 1691 Pfarrer in Zollikon, 1702 Professor am Carolinum in Zürich, 1715 Chorherr und zweiter Archidiakon im Grossmünster. Er versah seit 1731 das Amt eines Antistes (siehe hierzu https://de.wikipedia.org/wiki/Antistes ) provisorisch, wurde aber 1737 bei der Wahl übergangen. Für seine Gelehrsamkeit spricht, dass seine Biographien aller Antistes, sowie ein Schriftsteller-Lexikon von 50 Quartbänden als Manuskript sich in der Zentralbibliothek Zürich befindet.“

Es handelt sich um Hans Kaspar Bluntschli (1743 – 1767), im Patriotenkreis „Menalk“ genannt, dessen Einfluss auf Pestalozzis Leben nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.

Hier liegt wohl eine nicht ganz korrekte Erinnerung vor. Pestalozzis Bestrebungen gingen vorerst in die Richtung, durch das Beispiel einer eigenen fortschrittlichen landwirtschaftlichen Unternehmung die ökonomische Situation der Landbevölkerung zu verbessern.

Johann Rudolf Tschiffeli (1716 – 1780) war Gründer der Ökonomischen Gesellschaft in Bern und führte seit 1761 in Kirchberg einen landwirtschaftlichen Musterbetrieb.

vom September 1767 bis Mai 1768

Seine Gattin Anna Schulthess

Rubia tinctorum, genannt Färberröte, eine mehrjährige Pflanze, aus deren Wurzel der rote Farbstoff für die Textilindustrie gewonnen werden kann.

Der Kaufmann und Bankier Hans Konrad Schulthess vom Gewundenen Schwert (1714 – 1791)

Abraham Rengger (1732 – 1794), der Vater des späteren Helvetischen Ministers Albrecht Rengger.

Futterwiesen für das Vieh

eine Juchart entsprachen 36 Aren = 3600 m2

der Kestenberg

Onobrychis sativa, Saat-Esparsette als Futterpflanze

Gemeint ist der Gütermakler, Wirt und Metzger Heinrich Merki aus Lupfig, der später in Pestalozzis Dorfroman ‚Lienhard und Gertrud“ das Modell für den korrupten Dorfvogt Hummel abgeben sollte.

Pfarrer Hans Rudolf Schinz (1745 – 1790) und Ludwig von Meiss (1745-1795), zwie Jugendfreunde Pestalozzis, die zwischen dem Bankhaus und Pestalozzi zu vermitteln trachteten, aber von Landwirtschaft doch wohl zu wenig verstanden.

Eine Bitte an Menschenfreunde und Gönner zu gütiger Unterstützung einer Anstalt, armen Kindern auf einem Landhause Auferziehung und Arbeit zu geben, PSW 1, S. 137 - 142

Feinfädiger, leichter, weicher, oft auch bedruckter Kleiderstoff aus Baumwolle, Wolle oder Seide, benannt nach der Stadt Mossul.

In erster Linie ist da die Schlossherrin von Hallwil, Gräfin Franziska Romana, zu erwähnen, bei welcher sich Anna Pestalozzi-Schulhess über längere Zeit erholte.

Die Zeit zwischen dem Zusammenbruch von Pestalozzis Armenanstalt im Jahre 1779 und seinem Wirken in Stans als Vater der Waisen (1799) wird in der Literatur oft als „die grosse Lebenskrise“ Pestalozzis bezeichnet, in welcher der Mann vom Neuhof unter dem allgemeinen Urteil, unbrauchbar zu sein, aber auch unter seinem zunehmenden Pessimismus litt. Dieser Zeitabschnitt ist aber gleichzeitig auch jene, in welcher Pestalozzi als Schriftsteller am fruchtbarsten war.

Ist nicht mehr erhalten.

Punkto Orthographie brachte es Pestalozzi bis zum Lebensende auf keinen grünen Zweig, wogegen er – was seine oft überlangen Schachtelsätze zeigen – hinsichtlich der Syntax sich sattelfest zeigte.

Die „Contes moraux“ von Jean François Monmartel (1723 -1799) erfreuten sich damals weiter Verbreitung.

Anklang an Jesaja Kap. 40, Vers 3.

Joseph Schmid (1785-1851), Pestalozzis engster Mitarbeiter in Yverdon.

Dazu schreibt Dejung in PSW 28, S. 437: „Vermutlich durch Isaak Iselin hatte Pestalozzi einen Briefwechsel mit dem Grafen Karl Johann Christian von Zinzendorf (1739 – 1813) vorbereitet, den er, mit Bezugnahme auf den Landvogt Daniel Fellenberg 1783 aufnahm. Dieser Neffe des Stifters der Herrnhutergemeinde wurde 1780 in Wien Präsident des Reichsrechnungshofes, 1809 auch Minister. Zinzendorf hatte durch Iselins „Ephemeriden“ schon Schriften Pestalozzis kennengelernt. Pestalozzi stellte ihm nun sein vollendetes Werk „Gesetzgebung und Kindermord“ zu , da sich Zinzendorf um schulische und soziale Reformen bemühte. Doch kam es nicht zu der erwarteten Unterstützung durch den Wiener Hof.“

Graf Sigismund Anton von Hohenwart (1730 – 1820), der 1778 vom Herzog Leopold zum Erzieher für die vier ältesten Kinder bestimmt wurde. 1791 wurde Hohenwart Bischof von Triest, 1806 Erzbischof von Wien.

Es handelt sich um Grossherzog Leopold von Toscana, den Bruder von Kaiser Joseph II., der nach dessen Tod 1790 selber Kaiser wurde.

Es ist bloss ein einziger Brief des Grafen Hohenwart an Pestalozzi erhalten. Die Sacherklärung der Herausgeber der Briefe an Pestalozzi (Rebekka Horlacher und Daniel Tröhler, Verlag Neue Zürcher Zeitung, 2009) in Band 1 S. 253 stimmt nicht ganz mit jener von Dejung in PSW 28, S. 437 überein; ich halte mich hier an Horlacher/Tröhler.

Der Basler Kaufmann Felix Battier (1748 – 1799)

Pestalozzis Enkel Gottlieb (1797 – 1863) vermählte sich 1822 mit Joseph Schmids Schwester Katharina und übernahm im selben Jahr Pestalozzis Neuhof als Verwalter.

Es dürfte sich um den in Aarau tätigen Baumwollenhändler Johann Rudolf Meyer (1739 – 1813) handeln, der zahlreiche kulturelle und gemeinnützige Unternehmen förderte. 1793 war er Präsident der Helvetischen Gesellschaft, 1805 Mitgründer der Kantonsschule Aarau und erster Anreger zur Entsumpfung der Linth-Ebene zwischen Walen- und Zürichsee. In „Lienhard und Gertrud“ setzte ihm Pestalozzi al „Baumwollen-Meyer“ ein Denkmal.

Höchst wahrscheinlich Johann Rudolf Dolder (1753 – 1807), 1799-1801 Mitglied des Helvetischen Direktoriums.

Pestalozzi meint damit „ausführlich“, aber leider hat dieser Ausdruck auch im modernen Verständnis seine Berechtigung.

Zweiter Teil: Pestalozzis Selbstbiographie

Kindheit in Zürich

Ich war von der Wiege an zart und schwächlich und zeichnete mich durch viele Lebendigkeit in der Entfaltung einiger meiner Kräfte und Neigungen sehr frühe aus; aber so wie ich an einigen einzelnen Gegenständen und Gesichtspunkten warmes Interesse nahm, zeigte ich mich ebenso frühe und in eben dem Grad auf alles, was nicht mit meinen Augenblickslieblingsgegenständen auf irgendeine Art belebt zusammenhing, äußerst unaufmerksam und gleichgültig. Was mein Gefühl ansprach, dafür war ich in jedem Fall schnell und warm belebt. Die Eindrücke der diesfälligen Gegenstände griffen in jedem Fall tief in mein Inneres und stärkten sich sehr oft und sehr leicht zur Unauslöschlichkeit in mir selbst. Andere Gegenstände hingegen, die sogleich bei ihrer Erscheinung eine ernste, aber anhaltende und kaltblütige Aufmerksamkeit in ihrer Beobachtung und Erforschung ansprachen, so wichtig und so bildend sie auch für mich hätten sein können, machten selten einen solchen überwiegenden Eindruck auf mich. Im Gegenteil, es ist auffallend: Alles, was mein Herz ansprach, schwächte den Eindruck dessen, was meinen Kopf erheitern und in bildender Tätigkeit beleben sollte, sehr oft und schnell. Meine Imagination drückte sich bald vorherrschend in mir aus und war meiner Geistes- und Kunstbildung in allem, was mein Herz nicht sehr interessierte, in einem hohen Grad hinderlich. Ich muß es gerade heraus sagen: Ich zeigte mich in Gegenständen dieser letzten Art schon sehr frühe und gar oft unverzeihlich unaufmerksam, zerstreut und gedankenlos. Alles, was bildend auf die Entfaltung meiner Überlegung, meines Nachdenkens und meiner Umsicht und Vorsicht wirken sollte und mir mangelte, hatte natürlich auch sehr frühe auf die Schicksale meines Lebens Einfluß. Was ich schon als Kind vornahm, fehlte sehr oft. Ich stieß mit meinem Kopf auch in hundert und hundert Kleinigkeiten mehr als kein anderes Kind an die Wand. Aber es machte mir nichts. Ich besaß mit meiner Unvorsichtigkeit einen Leichtsinn, daß mir das Fehlschlagen von Dingen, die andern Kindern schwer zu Herzen gegangen wären, gewöhnlich so viel als nichts machte. Was hinter mir war, wenn es mich selbst betraf, war mir, so sehr ich es vorher gewünscht oder gefürchtet hatte, sobald ich darüber ein paarmal eingeschlafen, wie wenn es nicht geschehen wäre. So wenig machten Glück und Unglück für mich selbst Eindruck. Die Folgen dieser Eigenheiten meiner Grundlagen stärkten sich in ihrem Wachstum und wirkten in Rücksicht auf die Bildung meiner selbst zu einem praktisch tätigen Leben von Jahr zu Jahr um so mehr nachteilig und verderblich auf mich, da meine Erziehung eigentlich wie dazu ge- macht schien, dieselbe auf eine ganz außerordentliche Weise zu nähren und zu stärken.

Mein Vater starb mir sehr frühe, und ich mangelte von meinem sechsten Jahre an in meinen Umgebungen alles, dessen die männliche Kraftbildung in diesem Alter so dringend bedarf. Ich wuchs an der Hand der besten Mutter in dieser Rücksicht als ein Weiber- und Mutterkind auf, wie nicht bald eins in allen Rücksichten ein größeres sein konnte. Ich kam, wie man bei uns sagt, jahraus jahrein nie hinter dem Ofen hervor; kurz: Alle wesentlichen Mittel und Reize zur Entfaltung männlicher Kraft, männlicher Erfahrungen, männlicher Denkungsart und männlicher Übungen mangelten mir in dem Grad, als ich ihrer bei der Eigenheit und bei den Schwächen meiner Individualität vorzüglich bedurfte.

Auf der anderen Seite aber lebte ich vom Morgen bis am Abend in Umgebungen, die mein Herz in einem hohen Grad belebten und ansprachen. Meine Mutter opferte sich mit gänzlicher Hingebung ihrer selbst und unter Entbehrungen alles dessen, was in ihrem Alter und in ihren Umgebungen Reize hätte haben können, der Erziehung ihrer drei Kinder auf und war in ihrer edlen Hingebung von einer Person[1] unterstützt, deren Andenken mir ewig unvergeßlich sein wird. Mein Vater, der in den wenigen Monaten, seitdem sie in unsere Dienste trat, von der seltenen Kraft und Treue dieses Dienstmädchens überzeugt und ergriffen war, ließ es, von den Folgen, die sein naher Hinschied auf seine verwaiste und unbemittelte Haushaltung haben mußte, beängstigt, vor sein Todbett zu sich kommen und sagte zu ihr: „Babeli, um Gottes und aller Erbarmen willen, verlasse meine Frau nicht; wenn ich tot bin, so ist sie verloren, und meine Kinder kommen in harte, fremde Hände. Sie ist ohne Deinen Beistand nicht imstande, meine Kinder beieinander zu erhalten.“ Gerührt, edel und in Unschuld und Einfalt bis zur Erhabenheit großherzig, gab sie meinem sterbenden Vater das Wort: „Ich verlasse Ihre Frau nicht, wenn Sie sterben. Ich bleibe bei ihr bis in den Tod, wenn sie mich nötig hat.“ Ihr Wort beruhigte meinen sterbenden Vater; sein Auge erheiterte sich, und mit diesem Trost im Herzen verschied er. Sie hielt ihr Versprechen und blieb bei meiner Mutter bis an ihren Tod. Sie half ihr, ihre drei Kinder[2], die damals eigentlich arme Waisen waren, durchschleppen durch alle Not und durch allen Drang der schwierigsten Verhältnisse, die sich nur denken lassen, und zwar mit einer Ausharrung, mit einer Aufopferung und zugleich mit einer Umsicht und Klugheit, die um so bewundernswürdiger ist, da sie, von aller äußeren Bildung entblößt, vor wenigen Monaten[3] vom Dorf weg nach Zürich kam, um daselbst einen Dienst zu suchen.

Die ganze Würde ihres Benehmens und ihrer Treue war eine Folge ihres hohen, einfachen und frommen Glaubens. So schwer auch immer die gewissenhafte Erfüllung ihres Versprechens war, so kam ihr doch nie der Gedanke in die Seele, daß sie aufhören dürfe oder aufhören wolle, dieses Versprechen ferner zu halten. Die Lage meiner verwittibten Mutter forderte die äußerste Sparsamkeit; aber die Mühe, die unser Babeli sich gab, diesfalls beinahe das Unmögliche zu leisten, ist fast unglaublich. Um einen Korb Kraut oder Obst einige Kreuzer wohlfeiler zu kaufen, ging sie wohl drei- bis viermal auf den Markt und paßte auf den Augenblick, wo die Marktleute gerne wieder heimgehen wollten. Diese äußerste Sparsamkeit, ohne welche das Einkommen meiner Mutter zur Bestreitung der Ausgaben für ihre Haushaltung nicht hingereicht hätte, erstreckte sich auf alle Teile derselben. Wenn wir Kinder auch nur einen Tritt auf die Gasse tun oder an irgendeinen Ort hinwollten, an dem wir nichts zu tun hatten, so hielt uns das Babeli mit den Worten zurück: „Warum wollt Ihr doch unnützerweise Kleider und Schuhe verderben? Seht, wie Eure Mutter, um Euch zu erziehen, so viel entbehrt; wie sie Wochen und Monate lang an keinen Ort hingeht und jeden Kreuzer spart, den sie für Eure Erziehung notwendig braucht!“ Von sich selbst und von dem, was es für die Haushaltung tat und wie es sich für dieselbe aufopferte, redete das edle Mädchen mit uns nie ein Wort. So eingeschränkt man in unserer Haushaltung lebte, so strengte man sich zur Bestreitung aller so geheißenen Ehrenausgaben beinahe immer über Vermögen an und tat hierin ohne alles Verhältnis mehr als bei anderen Ausgaben. Trinkgelder, Neujahrsgeschenke und dergleichen sparte man nicht. Wenn die Mutter und das Babeli es auch noch so ungern sahen, daß ein unvorhergesehener Fall eine solche Ausgabe herbeiführte, so wurde sie doch immer sehr ehrenhaft bestritten. Ich und meine zwei Geschwister hatten immer sehr schöne Sonntagskleider; aber wir durften sie nur wenig tragen und mußten sie, sobald wir heimkamen, wieder ablegen, damit sie recht lang als Sonntagskleider getragen werden können. Erwartete die Mutter einen Besuch, so wurde die einzige Stube, die wir hatten, mit aller Kunst, die uns möglich war, in eine Besuchstube[4] umgewandelt.

Mein Großvater[5] war Dorfpfarrer, der sich noch in der treuen Sorgfalt für die Erhaltung der halbtoten Überreste der besseren alten Schulzeit wohlgefiel und seinen Schulmeister zum gemeinen, ernsten Fleiß in den harten Formen des Lesen-, Schreiben-, und Auswendiglernens ihrer Gebete, Bibelsprüche und Katechismusfragen anhielt. Er verband seine diesfällige Schulbesorgung mit der in der alten Zeit ebenso allgemeinen Pflicht der Seelsorger, die Hausbesuchungen nicht nur in zufälligen Umständen von Krankheiten und Unglücken, sondern in einer regelmäßigen Ordnung das Jahr durch zu halten. Er hielt darüber seine ordentlichen Verzeichnisse, darin der Zustand einer jeden Haushaltung umständlich beschrieben war, wodurch er allem, was in sittlicher und häuslicher eben wie in religiöser Hinsicht in jedem Hause not tat, nicht nur mit väterlicher Sorgfalt, sondern auch mit bestimmter Sachkenntnis nachfragen konnte. Dadurch hatten diese Besuche einen reellen Einfluß auf die Schulkinder. Seine Schule, so schlecht sie in Kunsthinsicht[6] dastand, war mit der sittlichen und häuslichen Bildung des Volks in einem belebten Zusammenhang, der auf die Einübung der Aufmerksamkeit, des Gehorsams, der Tätigkeit und Anstrengung und hiermit auf die wesentlichsten Fundamente der Erziehung kraftvoll und real einwirkte. Bei den, wiewohl geschwächten, Überresten der alten besseren Zeit war unser Landvolk auch noch in diesen Tagen in den meisten unserer Dörfer im allgemeinen brav, voll Natursinn, Lebenstakt und einer einfachen, unschuldigen Tätigkeit und in seiner Unwissenheit und Beschränkung mit einem einfachen, aber regen Sinn für alles, was im Wesen brav, gut, recht und wahr ist, belebt, der sich in den ausgezeichneteren Menschen dieser Zeit auch in den niedersten Hütten der Landleute gegen jede Art von grellen Erscheinungen des Unrechts, der Lügen, der Lieblosigkeit und Hartherzigkeit, von wem diese auch immer herkamen, mit unbefangenem und sorgenfreiem Mut, Eifer und Widerstand äußerte. Die Lauheit und Gleichgültigkeit für alles, was recht oder unrecht, gut oder böse ist, hatte unter dem Landvolk durchaus noch nicht allgemein Fuß gegriffen, und dieser Sinn war auch in den Landschulen, ungeachtet ihrer Beschränkung, ihres Zurückstehens und ihrer steigenden inneren Abschwächung, dennoch durch vielseitige alte Übungen und Formen mit einem im Wesen wirklich psychologischen Takt bis auf einen gewissen Punkt unterhalten und geschützt.

In den Stadtschulen hingegen waren die Überreste der guten alten Zeit nicht mehr in eben dem Grad belebt und unterstützt. Einseitig den Mangel an guter wissenschaftlicher Bildung erkennend, aber den Zusammenhang ihres Segens mit der Wohnstubenbildung des Volks und mit den Kräften und Fertigkeiten, welche die tätige tägliche Ausübung dieser Erkenntnisse im häuslichen Leben voraussetzen und fordern, ebenso von Jahr zu Jahr mehr mißkennend, hatte sich in der städtischen Erziehung eine Gleichgültigkeit, Unkunde und Unaufmerksamkeit auf den inneren Zusammenhang aller wesentlichen häuslichen und Schulbildungsmittel mit der aus diesem Zusammenhange allein entspringenden sittlichen, geistigen und physischen Gemeinkraft in der Erziehung eingeschlichen, der die Fundamente der alten bürgerlichen Erziehung und der Realvorzüge, die dieselbe in der Vorzeit von der Erziehung unseres Landvolks hatte, in einem hohen Grad verschwinden gemacht. Die Stadt litt in häuslicher und bürgerlicher Hinsicht zuerst darunter. Die tieferen Fundamente der Vorzüge des Stadtlebens vor dem Landleben verschwanden vielseitig. So wie ehemals die Kraft und die Bildung des Landvolks von der Stadt ausging und in ihren Segensresultaten denn hinwieder sich in der Stadt konzentrierte, so ging jetzt die wachsende Abschwächung und das wachsende Verderben des Landvolks vielseitig von der Stadt aus. Auch war es unter den Pfarrern der damaligen Zeit allgemeine Klage: Omne malum ex urbe.[7]

Indessen fiel mir frühe auf, daß der Fehlerhaftigkeit der ländlichen Erziehung allgemein und in ihrem Wesen unendlich leichter zu helfen sein könnte als derjenigen der städtischen. Dabei war mir das Landvolk lieb. Ich bedauerte den Irrtum und die Ungewandtheit, in denen seine noch belebtere Naturkraft unbeholfen dastand, und es erregte sich sehr frühe in meinen jugendlichen Jahren ein lebendiger Gedanke, ich könnte mich fähig machen, diesfalls mein Scherflein zur Verbesserung der ländlichen Erziehung beizutragen. Es schien mir schon in meinen Jugendjahren heiter, dieses müsse in Kunsthinsicht durch die höchstmögliche Vereinfachung der gewohnten Schulunterrichtsmittel des Schreibens, Lesens und Rechnens angebahnt werden. Doch ehe ich hierin weiter schreite, muß ich vorher die Geschichte meiner eigenen weiteren Erziehung und des Einflusses umständlicher darlegen, den ihr einseitiges Gute und ihr vielseitiges Fehlerhafte auf meine Bestrebungen, durch Vereinfachung der gemeinen Unterrichtsmittel die Kräfte der Wohnstubenbildung des Volks von neuem zu beleben und den Landschulen dadurch einen Teil des Segens der Vorzeit wiederzugeben, hatte.

Mein jugendlicher Charakter war, wie ich eben gesagt, gefühlvoll, vom Eindruck jeder Augenblickserscheinung gewaltsam hingerissen, dabei in seiner Tätigkeit voreilend und unüberlegt. Ich sah die Welt nur in der Beschränkung der Wohnstube meiner Mutter und in der ebenso großen Beschränkung meines Schulstubenlebens; das wirkliche Menschenleben war mir beinahe so fremd, als wenn ich nicht in der Welt wohnte, in der ich lebte. Ich glaubte alle Welt wenigstens so gutmütig und zutraulich als mich selbst. Ich war also natürlich von meiner Jugend auf das Opfer eines jeden, der mit mir sein Spiel treiben wollte. Es lag nicht in meiner Natur, von irgend jemand etwas Böses zu glauben, bis ich es sah oder selber Schaden davon hatte; und so, wie ich meinen Mitmenschen in allen Stücken mehr zutraute, als ich sollte, so traute ich auch mir selbst mehr Kräfte zu, als ich hatte, und hielt mich zu vielem vollkommen fähig, wozu ich eigentlich ganz untüchtig war. Das führte mich durch eine blinde Gutmütigkeit vom Anfang meines Jünglingsalters bis auf den heutigen Tag zu einer Reihe von übereilten Handlungen und Unternehmungen, die mein gänzliches Zugrundegehen oder wenigstens das gänzliche Stillstehen meiner Lebenszwecke alle Augenblicke hätten herbeiführen können und doch, Gott sei es gedankt, nie vollends herbeigeführt haben. Dieses Letzte war bestimmt nur dadurch möglich, da das immerwährende Mißlingen meines Tuns indes immer auch eine Seite hatte und mit Umständen und Resultaten begleitet war, die mich wieder befriedigten und in mir selber erhoben. Mitten im Drange meiner Lebensbestrebungen und im Mißlingen derselben erhielt mich dabei auch mein Leichtsinn bei Fällen lachend und froh, wo bald jeder andere sich zu Tode gegrämt hätte.

Merkwürdig ist mir, daß eine Menge Anekdoten, die man sich in meiner Familie von meinem Ahnherrn väterlicher Seite, dem Archidiakon[8] Ott[9], gar oft erzählte, eine ganz auffallende Ähnlichkeit seines Charakters und seiner Eigenheiten mit dem meinigen zeigen und eine Idee sehr zu bestätigen scheinen, daß nämlich Familiencharaktere gar oft nach mehreren Generationen mit Überspringung vieler Zwischenglieder in auffallender Ähnlichkeit wieder erscheinen. Gutmütig und leichtsinnig wie ich, war er in wirtschaftlichen Angelegenheiten ebenso ungewandt und ebenso nachlässig, aber da er nicht, wie ich, außer das Gleis des gewohnten bürgerlichen Lebens hinaustrat, sondern wie andere seinesgleichen die gewohnte Laufbahn von den Professorstellen bis zur Chorherrnstelle ordentlich mitmachte, waren die Folgen seiner diesfälligen Schwäche nie so grell auffallend und drückend, wie es bei mir der Fall war. Doch einmal spielte ihm seine gutmütige Leichtgläubigkeit auch in ökonomischer und häuslicher Hinsicht einen ärgerlichen Streich. Er besuchte eine im höchsten Grad als ein Erzschalk berüchtigte Witwe seiner Gemeinde als ihr Seelsorger in der gutmütigen Absicht, sie durch seine Vorstellungen dahin zu bringen, mehr auf alles Böse, das man von ihr rede, aufmerksam zu sein und für ihren guten Namen besser Sorge zu tragen. Aber das schlaue Weib konnte den guten Chorherrn bald überreden, es geschehe ihr in allem, was man von ihr sage, das größte Unrecht; sie sei noch in ihrem besten Alter, und ihre Verwandten, die sie gerne erbten, suchen mit dieser Verschreiung nichts anderes, als zu verhüten, daß sie eine anständige Heirat finde usw. Das trieb sie mit einer Besonnenheit und konsequenten Kunst, daß der gute Mann zuletzt an alles, was sie ihm hierüber angab, bald wie ans Evangelium glaubte und sie am Ende selber heiratete. Aber wenige Wochen nach der Hochzeit kam er dahin, die Größe des Fehlers, den er durch diese Heirat begangen, so tief zu fühlen, daß er an die Außenseite seiner Studierstube einen Zettel anheftete, folgenden Inhalts:

„Aus Sodom ging einst aus, der gute fromme Lot,
In Sodom geht jetzt ein, der Narr, der Chorherr Ott.“

Die Farce endigte sich bald mit einer Scheidung. Mit aller Gutmütigkeit und Bescheidenheit, die ihm eigen war, hatte auch er eine viel zu große Vorstellung von sich selbst und vom Grad seiner Kultur. Eine von ihm besorgte und mit Anmerkungen begleitete Ausgabe von Flavius Josephus[10] und einige antiquarische Nachforschungen hatten ihm seiner Zeit eine Art von literarischem Ruf erworben, der ihn aber in seinem diesfälligen Zutrauen auf sich selber viel zu weit und dahin führte, daß er eine große Reihe seiner späteren Jahre bis in sein höchstes Alter an einem weitläufigen, sich in viele Foliobände ausdehnenden, so betitelten Clavis[11] des Flavius Josephus arbeitete und die größten ökonomischen Hoffnungen auf die Ausgabe desselben setzte, an deren Erfüllung er gar nicht zweifelte, da sein Sohn beim Bischof von Canterbury als Bibliothekar in großem Ansehen stand. Dieser aber starb sehr frühzeitig, und das Werk meines Ahnherrn war bei den Vorschritten der Zeit in der diesfälligen Literatur immer unbedeutender; er fand am Ende durchaus keinen Verleger dazu, wenn er ihm auch das Manuskript umsonst gegeben hätte.

Wahrlich, das hätte mir mit einigen Versuchen meiner Sprachübungen[12], für die ich ganze Riese Papier[13] überschrieb, ohne daß ich jetzt einen Bogen davon druckwürdig achte, sehr leicht begegnen können. Doch ich fand in meinen Umgebungen hierüber so harte Zurechtweisungen, daß ich bis auf den heutigen Tag nie auch nur versucht wurde, mich hierin großen träumerischen Hoffnungen zu überlassen. Diese Ähnlichkeit mit mir sprach sich bei ihm in den vielseitigsten Richtungen auffallend aus. Eben wie ich, die Irrtümer und Schwächen seiner Zeitwelt tief fühlend und mit warmem Herzen an der Hoffnung teilnehmend, sein Scherflein insonderheit in Rücksicht auf die Klarheit und Einfachheit des Religionsunterrichts beizutragen, schloß er sich an die Bemühungen Turrettinis, Werenfels' und Osterwalds[14] enge an und stand in naher Verbindung mit diesen Männern, ob ich gleich nicht glaube, daß er in wissenschaftlicher Hinsicht einigen von ihnen gleich kam.

Indes war er dabei von einiger Eitelkeit in der Neuerungssucht so wenig frei und gegen Andersdenkende ebenso schonungslos, als ich dieses beides in einigen Epochen meines Lebens auch war. Folgender Umstand gibt über seine diesfällige Schonungslosigkeit gegen die steifen Orthodoxen seiner Zeit einiges Licht. Sein Haus war, wie es seit der Reformation in Zürich bei allen kulturhalber sich auszeichnenden Männern der Fall war, für alle bildungshalber wohl empfohlenen Menschen ein offenes Haus. Unter den Fremden, die ihn oft besuchten, kam einmal auch ein Sohn von Ostervald, und mein Chorherr, der wußte, daß allemal, wenn Fremde zu ihm kommen, ein steifer wortklauberischer Theologe Schweizer, der ein wenig Französisch sprach, sich zudrängte und den Fremden ausfragte, wer er sei und woher er komme, instruierte den jungen Osterwald, der kein Wort Deutsch konnte, wenn ein dicker alter Mann, der zu ihm komme, ihn fragen werde, wer er sei, so soll er ihm antworten: „Ich bin klein Ketzerlein, und mein Vater ist ein großer Ketzer.“ Launige Antworten waren seine Lieblingssache, und er versäumte keine Gelegenheit, die sich ihm darbot, mit Worten, die, indem sie das Gefühl der Menschen ansprachen, in ihnen Gedanken anregten, die die Worte, die er aussprach, eigentlich nichts weniger als ganz ausdrückten. Er liebte überhaupt das Winken weit mehr als das Erklären; er verstand es aber auch besser und brauchte übrigens dieses Talent mit einer Gutmütigkeit, daß ihm nicht leicht jemand etwas übel nahm, das er sagte. Er ergriff jede, auch die unbedeutendste Gelegenheit zu launigen Ausdrücken.

Einmal begegnete ihm in einem engen Gäßchen ein dicker, großer Küfer, der in seinem festen Bürgermarsch hart beinahe an ihn anstieß, ehe er ihm auswich. Mein Chorherr stellte sich, redete ihn an und sagte ihm ganz ernsthaft: „Meister Küfer, Ihr habt doch wohl getan, daß Ihr mir ausgewichen.“ Der dicke Küfer, der das schwache, alte Männchen sich so stellen sah, mußte lachen und sagte: „Aber, Herr Chorherr, wenn ich Euch nicht ausgewichen wäre, was hättet Ihr denn auch wohl getan?“ Mein Chorherr antwortete ihm ganz ruhig: „Dann wäre ich Euch ausgewichen.“ Einmal zeigte sich diese Laune sogar in einem Augenblick, wo er einen Verbrecher zum Galgen begleiten mußte. Es war ein abscheulicher Bube; was der Chorherr auch immer zu ihm sagte, schüttelte er nur den Kopf und wollte nichts von ihm hören. Mein Chorherr ließ aber nicht nach; er redete ihm ununterbrochen zu. Das machte den Kerl ärgerlich; es war dazu noch Regenwetter; sie kamen jetzt zu einer Pfütze, und mein Kerl stampfte mit einem Fuß so stark darein, daß mein Chorherr über und über mit Kot bespritzt ward. Dieser aber kehrte sich ganz ruhig zu ihm hin und sagte ihm: „Du, wenn wir jetzt wieder zurückkommen, so mach' es denn doch noch einmal also!“ Diese Laune verließ ihn auch in seinen spätesten Jahren nicht und unter keinen Umständen. Bei einer Antisteswahl hatte er einige Hoffnung, zu dieser Stelle gewählt zu werden. Aber ein junger, rüstiger, kraftvoller Mann, der Herr Antistes Wirz, ward ihm vorgezogen. Der würdige neue Antistes wollte dem alten Chorherrn eine Höflichkeit erzeigen und ließ ihm sagen, er wolle ihm die Dienstagspredigt, die seiner Stelle oblag, gerne abnehmen, eine Predigt mehr oder minder mache ihm gar nichts. Aber mein alter Chorherr verstand das nicht so; er ließ ihm antworten, er verkaufe seine Erstgeburt nicht um ein Wirzstöcklein.*)[15] Dieses Launenhafte in seinen Antworten war ihm so natürlich und es erhielt seine Heiterkeit in dem Grad, daß er oft sagte, er glaube, er sei darum so alt geworden, weil er etwas leichtsinnig sei und alles lieber etwas zu leicht als etwas zu schwer auf die Achseln nehme. Und es ist sicher, daß ich dieses mit Recht auch von mir sagen kann. Ich wäre bei allem, was mir begegnet, sicher nicht so alt geworden als ich wirklich bin, wenn ich nicht einen im höchsten Grad leichten Sinn gehabt hätte. Die Ähnlichkeit des Charakters dieses Mannes mit dem meinigen scheint mir wirklich auffallend.

Studentenzeit und Mitglied des Patriotenkreises

Doch ich kehre wieder zu mir selber zurück. Da mir die männliche Kraftbildung meines ersten Jugendlebens in meinem häuslichen Leben, wie ich gesagt habe, ganz mangelte, so war ich in allen Knabenspielen der ungewandteste und unbehilflichste unter allen meinen Mitschülern und wollte dabei doch immer auf eine gewisse Weise mehr sein als die anderen. Das veranlaßte, daß einige von ihnen gar oft ihr Gespötte mit mir trieben. Einer, der sich hierin gegen mich auszeichnete, hängte mir den Übernamen „Heiri Wunderli von Thorliken“ an. Die meisten aber liebten doch meine Gutmütigkeit und meine Dienstgefälligkeit, aber kannten allgemein meine Einseitigkeit und Ungewandtheit sowie meine Sorglosigkeit und Gedankenlosigkeit in allem, was mich nicht sehr interessierte. Obgleich einer der besten Schüler, beging ich denn doch mit einer unbegreiflichen Gedankenlosigkeit Fehler, deren sich auch keiner der schlechteren von ihnen schuldig machte. Indem mich das Wesen der Unterrichtsfächer meistens lebendig und richtig ergriff, war ich für die Formen, in denen es erschien, vielseitig gleichgültig und gedankenlos. Mitten indem ich in einigen Teilen eines bestimmten Unterrichtsfaches hinter meinen Mitschülern weit zurückstand, übertraf ich sie in einigen andern Teilen derselben in einem seltenen Grad. Das ist so wahr, daß ich einst, da einer meiner Professoren, der sehr wohl Griechisch verstand, aber durchaus kein rhetorisches Talent hatte, einige Reden von Demosthenes übersetzte und drucken ließ, die Kühnheit hatte, mit den beschränkten Schulanfängen, die ich im Griechischen besaß, eine dieser Reden auch zu übersetzen und im Examen als Probestück meiner diesfälligen Vorschritte niederzulegen. Ein Teil dieser Übersetzung wurde im Lindauer Journal einem Aufsatze, Agis betitelt, beigedruckt. Meine Übersetzung war auch unstreitig in Rücksicht auf Feuer und rednerische Lebendigkeit besser als die des Herrn Professors, ungeachtet ich ohne alle Widerrede noch so viel als nicht griechisch konnte, hingegen der Herr Professor wohl. So wie ich in einzelnen Teilen meiner Unterrichtsfächer ohne alles Verhältnis weniger als in anderen Vorschritte machte, so war mir überhaupt, ich darf nicht einmal sagen, das eigentliche Verstehen, sondern vielmehr das gefühlvolle Ergriffenwerden von den Erkenntnisgegenständen, die ich erlernen sollte, immer weit wichtiger als das praktische Einüben der Mittel ihrer Ausübung. Dabei aber war mein Wille, einige Erkenntnisgegenstände, die mein Herz und meine Einbildungskraft ergriffen, ausüben zu wollen, ob ich gleich die Mittel, sie praktisch ausüben zu können, vernachlässigte, dennoch in mir selbst enthusiastisch belebt, und unglücklicherweise war der Geist des öffentlichen Unterrichts in meiner Vaterstadt in diesem Zeitpunkt in einem hohen Grad geeignet, diesen träumerischen Sinn, sich für die Ausübung von Dingen, die man sich gar nicht genugsam eingeübt, lebendig zu interessieren und dafür fähig zu glauben, bei der Jugend meiner Vaterstadt allgemein sehr belebt. Ihre bessere Jugend nährte diesen träumerischen Sinn, selber Lavater[16] nicht ausgenommen, allgemein. Die Geschichte des ungerechten Landvogts[17] würde die Wahrheit dieser Äußerung in Rücksicht auf den Bildungsgang Lavaters auf eine sehr merkwürdige Art ins Licht setzen, wenn sie nicht in Vergessenheit gebracht worden wäre.

Der Zeitpunkt war indes bei allen diesen Fehlern, rücksichtlich des öffentlichen Unterrichts, in meiner Vaterstadt in wissenschaftlicher Hinsicht ausgezeichnet gut. Bodmer, Breitinger, später Steinbrüchel[18] und viele andere Professoren und Gelehrte dieser Zeit waren in einem hohen Grad ausgezeichnet wissenschaftlich gebildete Männer, obgleich sie, wo nicht alle, doch weitaus die meisten eine für das praktische Leben, wozu die Jünglinge unserer Stadt hätten gebildet werden sollen, nicht genugsam gegründete Geistesrichtung belebte. Unabhängigkeit, Selbständigkeit, Wohltätigkeit, Aufopferungskraft und Vaterlandsliebe war das Losungswort unserer öffentlichen Bildung. Aber das Mittel, zu allem diesem zu gelangen, das uns vorzüglich angepriesen wurde, die geistige Auszeichnung, war ohne genugsame und solide Ausbildung der praktischen Kräfte, die zu allem diesem wesentlich hinführen, gelassen. Man lehrte uns träumerisch in wörtlicher Erkenntnis der Wahrheit Selbständigkeit suchen, ohne uns das Bedürfnis lebendig fühlen zu machen, was zur Sicherstellung sowohl unserer inneren als unserer äußeren häuslichen und bürgerlichen Selbständigkeit wesentlich notwendig gewesen wäre.

Der Geist des Unterrichts, den wir genossen, lenkte uns mit vieler Lebendigkeit und reizvoller Darstellung dahin, die äußeren Mittel des Reichtums, der Ehre und des Ansehens einseitig und unüberlegt geringzuschätzen und beinahe zu verachten. Man lehrte uns mit einer diesfalls stattfindenden Oberflächlichkeit annehmen und beinahe blindlings glauben, durch Sparsamkeit und Einschränkung alle Vorzüge des bürgerlichen Lebens, ohne in den wesentlichen Segnungen des gesellschaftlichen Zustandes dadurch beeinträchtigt zu werden, entbehren zu können, und führte uns in Träume von der Möglichkeit des häuslichen Glücks und der bürgerlichen Selbständigkeit hinein, ohne große bürgerlich gebildete Erwerbs- und Verdienstskräfte zu besitzen. Das ging so weit, daß wir uns in Knabenschuhen einbildeten, durch die oberflächlichen Schulkenntnisse vom großen griechischen und römischen Bürgerleben uns solid für das kleine Bürgerleben in einem der schweizerischen Kantone und ihren zugewandten Orten[19] vorzüglich gut vorbereiten zu können. Dieser Aufflug zur Bildung eines solchen hohen Träumersinns war um so ansteckender, weil die Abschwächungsquellen des alten Schweizergeistes und seiner Einfalt, Würde und Treue in allen unseren bürgerlichen Institutionen in diesem Zeitpunkt schon sichtbar und auffallend tiefe Wurzel gefaßt und folglich der Wunsch, dem sinkenden guten Geist unseres Vaterlands wieder aufzuhelfen sowie den diesfälligen Übeln, die jeder edlen Schweizerseele zu Herzen gingen, mit Ernst und Kraft in ihren tieferen Wurzeln entgegenzuwirken, vielseitig aus reinem vaterländischem Herzen hervorging. Aber es mangelte der diesfälligen Speise, die uns in diesem Zeitpunkt aufgetragen wurde, die Einfachheit und Unschuld des Natursinns und der Naturkraft, die dem alten vaterländischen Geiste, den wir wieder herstellen wollten, zugrunde lag. Die Schriften, die man uns zur Belebung dieses Sinnes in die Hand spielte und empfahl, waren bei allem Guten, das sie hatten, Produkte der tiefen Zeitverkünstelung, in der wir lebten, und der Unnatur ihres Verderbens. Sie waren eigentlich dazu gemacht, uns in einem hohen Grad selber zu verkünsteln, den Bonsens unserer Väter in uns selber umzukehren und uns sogar gegen die wesentlichen Ansprüche der Kunstlosigkeit und Einfachheit in den ersten Ansichten des gemeinen Lebens nicht nur zu verwirren, sondern selber zu verhärten.

Die Erscheinung Rousseaus war ein vorzügliches Belebungsmittel der Verirrungen, zu denen der edle Aufflug treuer, vaterländischer Gesinnungen unsere vorzügliche Jugend in diesem Zeitpunkt hinführte, der dann durch den bald darauf folgenden großen, leidenschaftlichen Weltgang in unserer Mitte vielseitig in steigende Einseitigkeit, Unbesonnenheit und Verwirrung hinüberging und durch die Miterscheinung von Voltaire und seiner verführerischen Untreue am reinen Heiligtum des religiösen Sinnes und seiner Einfalt und Unschuld mitwirkte, eine für den wirklichen Segen unserer altväterisch reichsstädtisch geformten Vaterstadt ganz unpassende neue Geistesrichtung zu erzeugen, die weder das alte Gute, das wir hatten, zu erhalten noch irgend etwas solid Besseres zu erschaffen geeignet und geschickt war. Auch bei mir war die Erscheinung Rousseaus der Anfangspunkt der Belebung der bösen Folgen, die die nahende Weltverwirrung auf die Unschuld des Hochflugs zugunsten der Erneuerung der altvaterländischen Schweizergesinnungen beinahe auf die ganze edlere Jugend meines Vaterlands hatte. So wie sein „Emile“ erschien, war mein im höchsten Grad unpraktischer Traumsinn von diesem ebenso im höchsten Grad unpraktischen Traumbuch enthusiastisch ergriffen[20]. Ich verglich die Erziehung, die ich im Winkel meiner mütterlichen Wohnstube und auch in der Schulstube, die ich besuchte, genoß, mit dem, was Rousseau für die Erziehung seines Emils ansprach und forderte. Die Hauserziehung sowie die öffentliche Erziehung aller Welt und aller Stände erschien mir unbedingt als eine verkrüppelte Gestalt, die in Rousseaus hohen Ideen ein allgemeines Heilmittel gegen die Erbärmlichkeit ihres wirklichen Zustandes finden könne und zu suchen habe. Auch das durch Rousseau neu belebte, idealisch begründete Freiheitssystem erhöhte das träumerische Streben nach einem größeren, segensreichen Wirkungskreise für das Volk in mir. Knabenideen, was in dieser Rücksicht in meiner Vaterstadt zu tun notwendig und möglich sei, brachten mich dahin, den Stand eines Geistlichen, zu dem ich früher hinlenkte und bestimmt war, zu verlassen und den Gedanken in mir entkeimen zu machen, es könnte möglich sein, durch das Studium der Rechte eine Laufbahn zu finden, die geeignet wäre, mir früher oder später Gelegenheit und Mittel zu verschaffen, auf den bürgerlichen Zustand meiner Vaterstadt und sogar meines Vaterlandes einigen tätigen Einfluß zu erhalten. Aber ein Umstand, der mir nahe ans Herz ging, zernichtete diesen Plan glücklicherweise für mich in seinem ersten Ursprunge.

Pestalozzi wird Landwirt

Der Freund[21], an dessen Kraft mich meine mir selbst wohl bewußte Einseitigkeit und praktische Schwäche in meinen weitführenden Endzwecken hoffnungs- und vertrauensvoll anschloß, litt schon eine Weile an einer Brustkrankheit, die wir lange für unbedeutend hielten; diese aber nahm in diesem Zeitpunkt eine sehr ernste Richtung und war bald entscheidend tödlich. Sowie er das sah, ließ er mich zu sich kommen und sagte mir: „Pestalozzi, ich sterbe, und Du, für Dich selbst gelassen, darfst Dich in keine Laufbahn werfen, die Dir bei Deiner Gutmütigkeit und bei Deinem Zutrauen gefährlich werden könnte. Suche eine ruhige, stille Laufbahn und lasse Dich, ohne einen Mann an Deiner Seite zu haben, der Dir mit ruhiger, kaltblütiger Menschen- und Sachkenntnis mit zuverlässiger Treue beisteht, auf keine Art in ein weitführendes Unternehmen ein, dessen Fehlschlagen Dir auf irgendeine Weise gefährlich werden könnte!“

Sein Tod ging mir nahe ans Herz. Ich glaubte seinem Rat in seiner ganzen Ausdehnung folgen zu wollen, aber ich trug dabei nicht genugsam Sorge dafür, den Quellen der Gefahren, vor denen er mich warnte, die in mir selbst lagen und tief eingewurzelt waren, mit ernster, kraftvoller Sorgfalt entgegenzuwirken. Ich warf mich zwar auf den alten Plan, verbesserte und vereinfachte Unterrichtsmittel in die Wohnstube des Volks zu bringen[22], mit gedoppelter Lebendigkeit zurück und hoffte, auf diese Weise in einer ruhigen, glücklichen, häuslichen Laufbahn dem Zustand des gemeinen Volks durch meinen Einfluß auf die Vereinfachung seines Unterrichts und eine tiefer begründete Bildung seines ökonomischen Erwerbs im Stillen wohltätig auf meine Umgebungen wirken zu können. Aber ich kannte den Weg, den ich mir vornahm, so wenig als mich selber und ahnte nicht, wohin er mich führen werde. So wie ich war, konnte ich ihn nicht einmal ahnen und nahm in der Blindheit meiner Begeisterung über diesen in mir neu belebten Plan plötzlich den Entschluß, mich ganz dem Landbau zu widmen. Der große Ruf, den Tschiffeli[23] als Landwirt hatte, veranlaßte mich, bei ihm Rat, Wegweisung und Bildungsmittel für diesen Zweck zu suchen. Er nahm mich mit großem Wohlwollen auf, aber die Landwirtschaft, wie er sie betrieb, sowie seine Lebens- und Weltansichten überhaupt waren in der großen Ausdehnung seiner vielseitigen Kenntnisse und Bestrebungen in praktischer Hinsicht so wenig solid als ich im Zustand meiner Unwissenheit fähig, aus dem großen äußeren, praktisch scheinbaren Tableau des Feldbaus, das bei ihm vor meinen Augen stand, und aus den großen Ansichten und Aussichten, mit denen dieser edle Mann mein Herz nährte und meinen Kopf zu erheitern suchte, eigentlich Nutzen zu ziehen und mich praktisch für den Landbau zu bilden. Ich ging mit vielen einzelnen, großen und richtigen Ansichten und Aussichten über den Landbau als ein ebenso großer landwirtschaftlicher Träumer von ihm weg, wie ich mit vielen einzelnen, großen und richtigen bürgerlichen Kenntnissen, Ansichten und Aussichten als ein bürgerlicher Träumer zu ihm hin kam. Mein Aufenthalt[24] bei ihm führte mich nur dahin, mich durch seine diesfällig kühnen und großen, aber in der Verwirklichung schwierigen und zum Teil unausführbaren Pläne in den gigantischen Ansichten meiner Bestrebungen von neuem wieder zu beleben und zugleich in der Gedankenlosigkeit über ihre Ausführungsmittel in eine Verhärtung verfallen zu machen, deren Folgen schon in den ersten Jahren meiner ländlichen Laufbahn auf das ökonomische Unglück meines Lebens entscheidend einwirkten und mein Herz bis auf den heutigen Tag vorzüglich darum mit Wehmut erfüllen, weil sie das Schicksal einer der reinsten, edelsten Seelen, die ich je auf Erden gesehen[25], an meiner Seite für ihre ganze Lebenszeit unglücklich machten.

Ich hatte unter den Jünglingen Zürichs viele Freunde und gelangte durch einen derselben mit dieser Person, die seine Schwester war, in Bekanntschaft. Sie nahm an meinen Plänen warmen Anteil. Ich liebte sie, aber meine Wünsche fanden Schwierigkeiten. Ich war arm und sie, oder vielmehr ihre Eltern, sehr wohlhabend. Gedankenlos, unbesonnen und blind meinen Wünschen nachstrebend, kam ich zu meinem Ziele und träumte mit dieser Verheiratung mir einen Himmel auf Erden. Mein Glaube an die sichere und große Erfüllung meiner menschenfreundlichen und pädagogischen Zwecke stieg zu einer Scheinüberzeugung empor, daß ich den Gedanken, sie könnte mir auf irgendeine Weise noch fehlen, mir nicht einmal einfallen ließ. Ich hatte Kredit, ich hatte Geld, ich war geliebt, und es zeigte sich sogar in Geldsachen kein Schatten einiger Bedenklichkeit in meinen Umgebungen. Tschiffelis und mehrerer Berner Krapp-Pflanzungen[26], die man damals so viel als vollkommen geraten ansah, erregten großes Aufsehen, und im Vertrauen auf die Kenntnisse und Erfahrungen, die ich mir im Feldbau bei Tschiffeli erworben, verband sich ein sehr reiches Haus meiner Vaterstadt[27] für einen Versuch in dieser Pflanzung mit mir, und es schien sich einen Augenblick alles zu vereinigen, um mich, ohne Rücksicht auf den eigentlichen Zweck der Krapp-Pflanzung im allgemeinen, zum höchsten Gipfel meiner landwirtschaftlichen und menschenfreundlichen Hoffnungen emporzuheben.

Ich war bei meinen Nachforschungen nach einer in landwirtschaftlicher Kultur noch in einem hohen Grade zurückstehenden Gegend, in der ich mich einkaufen wollte, durch Hrn. Pfarrer Rengger[28] in Gebenstorf mit dem Zustand des Birrfelds bekannt, auf welchem seit undenklichen Zeiten ein paar tausend Jucharten fast immer brach lagen und die meiste Zeit vom Kloster Königsfelden als eine schlechte, dürre Schafweide benutzt wurden und nicht anders benutzt werden konnten, weil der ganze Umfang dieser großen Heide nur an ihren äußersten Grenzen einige wenige Jucharten schlechtes Mattland sowie nur wenige unbedeutende Wasserquellen hatte. Das Mißverhältnis der Matten[29] und der Äcker war im ganzen Umfang dieses Bezirks so groß, daß man wohl dreißig Juchart[30] trockenes Ackerland auf eine Juchart schlechtes, trockenes Mattland zählen konnte. Dabei waren die Besitzer dieser großen Weide allgemein so arm, daß sie durchaus nicht imstande waren, durch Ankauf von Heu und Stroh etwa allmählig etwas zur Verbesserung ihrer öde liegenden Kornfelder beizutragen. Aber wenige Jahre, ehe ich diese Gegend kennenlernte, hatte man im Dorfe Lupfig, das an Birr, woselbst ich mich einkaufen wollte, anstößt, eine Mergelgrube entdeckt, die zur künstlicheren Anlegung von Matten ganz ausgezeichnete Wirkung hatte, und zugleich zeigte sich, daß in den trockensten Gegenden des kalkartigen Bodens, der am Fuß des Brunegger Gebirges[31] hinter Birr liegt, die Esparsette[32] ohne Dünger mit entschiedenem Erfolg gebaut werden könnte. Der damalige Pfarrer von Birr, Herr Frölich, den ich durch Hrn. Pfarrer Rengger kennengelernt, war ein mit dem Wesen der Landwirtschaft sehr vertrauter und für die Verbesserung dieser Gegend sich wirklich interessierender Mann.

Dieser machte mich mit den wichtigen Umständen, die ich eben des Birrfelds halber berührt, näher bekannt und überzeugte mich bald, daß die wesentlichen Mittel, welche eine solide Verbesserung dieser Gegend im Großen herbeiführen müssen, mit Sicherheit zur augenblicklichen und leichten Benutzung schon an der Hand liegen. Gestützt auf die ökonomischen Kräfte und Mitwirkung, die mir das Verhältnis mit dem Handelshause, das sich zu diesen Endzwecken mit mir verband, vollkommen zuzusichern schien, nahm ich augenblicklich den Entschluß, sechs- bis achthundert Juchart von diesem Land um den Spottpreis, um den es damals zu haben war, so geschwind als es tunlich zusammenzukaufen und fing sogleich, nachdem ich gegen hundert Juchart desselben beieinander hatte, mit dem Bau eines Hauses an, dessen Anlage für das Wesen meiner Zwecke so unüberlegt, so unpassend und zweckwidrig war, als der Ankauf des großen Landstrichs, den ich mir vornahm, an sich vollkommen wohl berechnet und in seinen ökonomischen Vorteilen unfehlbar gewesen wäre. Aber in der Ausführung hätte auch dieser Plan dennoch sehr große – und ich bin jetzt überzeugt: unübersteigliche – Schwierigkeiten gehabt. Die Zahl der Güter, die bis nahe an die Orte Birr, Lupfig und Brunegg in diesem Fall in meine Hände gefallen wären, hätten die anstoßenden Acker in wenig Jahren in ihrem Preis zehn und mehrmal höher, als sie in diesem Zeitpunkt standen, steigen gemacht; dadurch hätten sich diese an mich anstoßenden Dörfer plötzlich ihrer nächsten Güter um einen toten Pfennig beraubt gesehen; dieses aber hätte die Bernische Regierung notwendig zu ihren Gunsten mir und meinem Unternehmen ungeneigt und entgegen wirkend machen müssen.

Die Sache aber nahm plötzlich eine andere Wendung. Mein unvorsichtiger und zweckwidriger Hausbau und das öffentliche Urteil über den Mann, dem ich in der Besorgung meines ganzen Unternehmens ein sehr großes Vertrauen schenkte[33], der aber, obgleich in gewissen wesentlichen Rücksichten für mich außerordentlich brauchbar, allgemein verhaßt und gefürchtet war, nahm demselben in der ganzen Nachbarschaft schnell das öffentliche Vertrauen. Das Handelshaus, mit dem ich für mein Unternehmen verbunden war, bekam von allen Seiten und selber vom Pfarrer Frölich, der mir im Anfang diesen Ankauf geraten, aber auch den Mann, dem ich in der Ausführung meines Plans mein Vertrauen schenkte, sehr haßte, den Bericht, mein ganzes Unternehmen sei, wie ich es führe, ein Narrenstreich und das Haus werde, wenn es meiner Handlungsweise nicht Einhalt tue, das Geld, das es darein setze, ganz sicher alles verlieren. Bestürzt über diese Nachrichten, aber liebreich und sorgfältig, sandte es zwei achtungsvolle Männer meiner Vaterstadt[34], die in Rücksicht auf landwirtschaftliche Kenntnisse allgemein das größte Vertrauen hatten, zu mir, um den Zustand der Unternehmung zu untersuchen und ihm davon Bericht zu erteilen. Ich weiß nicht, ob ich sagen soll, glücklicher- oder unglücklicherweise für mich, war diesen Herren der kalkartige Boden, den ich angekauft hatte, in Rücksicht seiner Eigentümlichkeit und der Leichtigkeit, durch Mittel, die an Ort und Stelle vorhanden waren, verbessert zu werden, durchaus nicht bekannt. Der große Teil des Landes, der zum Teil viele Jahre nicht gepflügt wurde, war fast wie der Boden einer Steingrube ohne Spur von nahrhafter Erde, und auch im gepflügten Land war nach ein paar Regentagen, die darüber gingen, in seiner Oberfläche fast nichts zu sehen, als die Menge kleiner weißer Kalksteine, die den Boden bedeckten. Sie erstaunten über die Unvorsichtigkeit meiner Ankäufe, noch mehr aber über die Unpassendheit und Kostbarkeit der Anlage des Wohngebäudes, das ich angefangen, und hatten in letzter Rücksicht auch vollkommen recht. Auf ihren Bericht hin hielt das mit mir verbundene Haus das Unternehmen für vollkommen verloren, zog sich mit einigem Verlust zurück und überließ mir die weitere Ausführung desselben allein. Ich für mich hielt das Unternehmen durchaus noch nicht als entschieden gefehlt. Es war es auch in seinem Wesen wirklich nicht. Der Preis der Juchart, die ich im Durchschnitt allgemein zu zehn Gulden gekauft hatte, stieg von Jahr zu Jahr und steht jetzt notorisch und allgemein auf zwei-, drei- bis vierhundert Gulden; er wäre auch, wenn ich meine Ankäufe fortgesetzt hätte, weit schneller so hoch gestiegen.

Der Boden meines Guts war gegen allen Anschein gut und leicht verbesserbar. Die dürren Äcker verwandelten sich schnell in blühende Esparsettenfelder; kurz, der Grund des Fehlschlagens meines Unternehmens lag nicht in ihm, er lag wesentlich und ausschließlich in mir und in meiner zu jeder Art von Unternehmung, die praktisch ausgezeichnete Kräfte anspricht, prononcierten Untüchtigkeit. Jedermann kannte dieselbe, nur ich selbst nicht.

Armenanstalt

Der Traum meines Lebens, die Hoffnungen eines großen, segensvollen Wirkungskreises um mich her, das in einem ruhigen, stillen, häuslichen Kreis seinen Mittelpunkt finden sollte, war nun völlig dahin. Mein Notzustand, den täglich wachsenden Ansprachen meines unausgebauten Hauses und Guts ein Genüge zu leisten, stieg immer in dem Grad, als ich mich in den Mitteln, ihm abzuhelfen, ungeschickt benahm. Meine Gemahlin litt unter diesen Umständen tief; aber weder in mir noch in ihr schwächte sich auch unter denselben der Vorsatz, unsere Zeit, unsere Kräfte und den Überrest unseres Vermögens der Vereinfachung des Volksunterrichts und seiner häuslichen Bildung zu widmen. Das aber half bei der Ungeschicklichkeit und Ungewandtheit, mit der ich mich auch jetzt noch in den Anbahnungs- und Vorbereitungsmitteln zu meinen Zwecken benahm, gar nichts; im Gegenteil, es verführte mich noch, und das um so mehr, da ich bei den Grundübeln, die meine erste Unternehmung scheitern machten und noch unerkannt und ungebessert in mir selbst lagen, für ein neues Unternehmen, zu dem mich meine Traumsucht hinführte, unglücklicherweise noch eine nur verführerische und im Grunde zu nichts helfende Handbietung fand. Ich versuchte nämlich, mitten indem der Zustand meiner ländlichen Unternehmung mich ökonomisch schon sehr drückte und immer mehr zurückbrachte, eine Armenanstalt zu begründen, die dem ganzen Umfang der träumerischen Hoffnungen, welche ich mir in meinen früheren Jahren davon machte, entsprechen sollte. Der Glaube an meine Fähigkeit, diesfalls etwas leisten zu können, das für meine Zwecke in einem großen und weitführenden Umfange einzuwirken geeignet sei, belebte mich forthin mit einer unübersteiglichen Gewalt. Ich wollte mein Gut zu einem festen Mittelpunkt meiner pädagogischen und landwirtschaftlichen Bestrebungen, um derentwillen ich meine Vaterstadt verließ, erheben. Aber außer den diesfälligen Schwierigkeiten, die in mir selbst lagen, und den ungünstigen ökonomischen Umständen, in denen ich mich jetzt schon befand, standen mir noch äußere Schwierigkeiten im Weg, die ich nicht ahnte und denen ich um meines individuellen Charakters willen in einem ganz außerordentlichen Grad unterlag. Ich wollte bei alle diesem träumerisch in allen Rücksichten das Höchste, indessen mir ebenso in allen Rücksichten die Kräfte, Fähigkeiten und Fertigkeiten mangelten, von denen die gute Besorgung der ersten und niedersten Anfangspunkte und Vorbereitungsmittel des Hohen und Großen, das ich suchte, allein mit Erfolg auszugehen vermag.

Diese unglückliche Hinlenkung, in allem was ich vornahm, die oberste Stufe der Leiter, die zu meinen Zwecken hinführen sollte, zu erklimmen, ehe ich auf den unteren Stufen derselben festen Fuß gefaßt, und zugleich die Oberflächlichkeit in den Mitteln, den allgemein anerkannten und von mir tief zu Herzen genommenen Mängeln der Volkserziehung in allen Anfangspunkten mit nötiger praktischer Sachkenntnis und Sorgfalt entgegenzuwirken, abzuhelfen, konnte nichts anderes als auf das Fehlschlagen auch dieses gegenwärtigen Plans einen entscheidenden Einfluß haben. Der herrschende Zeitgeist belebte und stärkte diese Ursachen des Fehlschlagens, die in mir selbst lagen, in einem sehr hohen Grade; er konnte nicht anders, er mußte es. Die Keime zur Entfaltung vor Scheinsurrogaten der alten, kraftvollen Erziehungsfundamente, diese böse Quelle der Verkünstelungsverwirrungen und das allgemeine Bestreben des pädagogischen Jahrhunderts, in den höheren Stufen der Bildung zu glänzen, ehe dem Bedürfnis einer soliden Begründung ihrer niederen Stufen ein Genüge geschehen konnte, war, ohne daß ich es ahnte, wußte und glaubte, in der höchsten Übereinstimmung mit der Fehlerhaftigkeit meines ganzen Benehmens; und es war doch eben diese Richtung des Zeitgeists, der ich durch meine Bestrebungen mit enthusiastischer Begeisterung entgegen wirken zu können glaubte. So groß, unaussprechlich groß war bei der Eigenheit meines Sinns der Kontrast dessen, was ich wollte, mit dem, was ich tat, und mit dem, was ich konnte, der aus dem Mißverhältnis meiner gemütlichen Belebung und meiner geistigen Kraftlosigkeit und bürgerlichen Ungewandtheit hervorging und hervorgehen mußte. Ich ahnte die Schwierigkeiten, die die allgemeine Verkünstelung, die in der Zeiterziehung herrscht, jeder wahrhaften und soliden Vereinfachung der Erziehung und des Unterrichts auch in den niedersten Ständen, folglich auch meinem neuen Versuche in den Weg zu legen so vorzüglich geeignet war, nicht einmal von ferne. Ich fühlte durchaus nicht, wie ich sollte, daß, wo immer der Geist der Zeit irgendeiner guten Richtung des Erziehungswesens im Allgemeinen in allen Ständen entgegen ist, da ist er es auch in jedem Einzelnen und in den niedersten Volksklassen wie in den höheren. Das arme und in Niedrigkeit lebende Volk kann unendlich schwer einfach und naturgemäß erzogen werden, wo die Erziehung aller derer, die nicht arm und nicht in der Not sind, in einem hohen Grad naturwidrig und verkünstelt ist. Dieser Umstand legte natürlich der Ausführung meines pädagogischen Plans zahllose, von mir nicht vorgesehene Schwierigkeiten in den Weg.

Um sie aber in ihr wahres Licht zu setzen, muß ich auf den eigentümlichen Ursprung meines diesfälligen Versuchs zurückkehren. Ich trat öffentlich mit einem Plan zur Errichtung eines Armenerziehungshauses auf[35], dessen Ansichten und Grundsätze auch beim Mißtrauen gegen meine praktische Tüchtigkeit in ökonomischer Hinsicht dennoch vielseitig gefiel und besonders in Zürich, Bern und Basel viele edle, vaterländische Männer so warm ansprach, daß ich zum Anfang desselben sogleich eine mich im Verhältnis meiner Zwecke täuschende und irreführende Handbietung fand und mir ebenso, auf diese Handbietung gestützt, von allen Seiten arme Kinder in diese Anstalt angeboten wurden. Aber unter diesen waren sehr viele im höchsten Grad verwilderte, und was noch schlimmer war, viele selber im Bettelstand in einem sehr hohen Grad verzärtelte und dabei protegierte und durch frühere Unterstützung anspruchsvolle und anmaßliche Kinder, denen die kraftvolle Bildung, die ich ihnen nach meinen Zwecken geben wollte und geben sollte, zum voraus verhaßt war. Diese sahen den Zustand, in dem sie bei mir waren, als eine Art Erniedrigung gegen denjenigen, in dem sie sich vorher befanden, an. Mein Haus war alle Sonntage von Müttern und Verwandten solcher Kinder, die den Zustand derselben ihren Erwartungen nicht genugtuend fanden, voll. Alle Anmaßungen, die sich verzogenes Bettelgesindel in einem Hause, das weder öffentlichen Schutz noch imponierendes Ansehen in seinem äußeren hatte, erlaubt, wurden von ihnen gebraucht, um ihre Kinder in ihrer Unzufriedenheit zu bestärken, und einige wagten es sogar, mir geradezu zu sagen, der Herr von A., der Herr von B. und der Herr von C., auf dessen Rat sie mir ihre Kinder übergeben, werde ihre diesfälligen Klagen gewiß ebenso wahr finden als sie selber. Und es war wirklich so. Hie und da spürte ich gar bald den Einfluß solcher protegierten Bettelväter und Bettelmütter auf Personen, die mir diese Kinder übergeben oder empfohlen hatten. Andere, ganz verwilderte Kinder wurden mir bei Nacht und Nebel, sobald sie gebildet waren, in ihren Sonntagskleidern entführt, und ich fand an den Orten ihrer Wohnung gar oft eine merkliche Unbereitwilligkeit der Behörden, sie mir mit Vertrauen, ohne Umschweife und Weitläufigkeiten, wieder zuführen zu lassen.

Doch diese Schwierigkeiten wären nach und nach mehr oder minder zu überwinden gewesen, wenn ich meinen Versuch nicht in einer mit meinen Kräften ganz unverhältnismäßigen Ausdehnung zu betreiben gesucht und mit einer beinahe ganz unglaublichen Gedankenlosigkeit gleich im Anfang in eine Unternehmung hätte verwandeln wollen, die absolut solide Fabriks-, Menschen- und Geschäftskenntnisse voraussetzte, die mir in eben dem Grad mangelten, als ich ihrer bei der Richtung, welche ich meiner Unternehmung jetzt erteilte, dringend bedurfte. Ich, der ich das Voreilen zu den höheren Stufen des Unterrichts vor der soliden Begründung der Anfangspunkte ihrer niederen Stufen so allgemein mißbilligte und als das Grundübel der Zeiterziehung ansah, auch ihm in meinem Erziehungsplan selber mit allen Kräften entgegenwirken zu wollen glaubte, ließ mich durch die Vorspiegelung der größeren Abträglichkeit der höheren Zweige der Industrie, ohne weder sie, noch die Mittel ihres Erlernens und Einführens auch nur von ferne zu kennen, dahin lenken, im Spinnen- und Webenlehren meiner Schulkinder eben die Fehler zu begehen, die ich, wie ich eben gesagt, im Ganzen meiner Erziehungsansichten so sehr verwarf, mißbilligte und für den Haussegen aller Stände gefährlich achtete. Ich wollte das feinste Gespinst erzwingen, ehe meine Kinder auch nur im Groben einige Festigkeit und Sicherheit in ihre Hand gebracht, und ebenso Musselintücher[36] verfertigen, ehe meine Weber sich genugsam Festigkeit und Fertigkeit im Weben gemeiner Baumwollentücher erworben. Geübte und gewandte Fabrikanten gehen bei einem solchen verkehrten Benehmen zugrunde; wieviel mehr mußte ich damit zugrunde gehen, der ich in der Beurteilung alles dessen, was es hierzu forderte, so blind war, daß ich bestimmt sagen muß, wer nur einen Faden des Meinigen in seine Hand nahm, war sogleich imstand, den halben Wert desselben darin für mich verschwinden zu machen.

Auch steckte ich, ehe ich mich versah, in unerschwinglichen Schulden, und der größere Teil des Vermögens und der Erbhoffnungen meiner lieben Frau war gleichsam in einem Augenblick in Rauch aufgegangen. Unser Unglück war entschieden. Ich war jetzt arm.

Die Größe und Schnelligkeit meines Unglücks war nebenbei auch dadurch herbeigeführt, daß ich in diesem Unternehmen, wie in dem ersten, leicht, sehr leicht ein ungeprüftes Vertrauen erhielt. Mein Plan fand bald einen Grad von Zutrauen, das er bei ernster Aufmerksamkeit auf mein früheres diesfälliges Benehmen bei der gegenwärtigen Unternehmung gar nicht verdient hatte. Man ahnte bei allen schon gemachten Erfahrungen meiner diesfälligen Fehler dennoch den Grad meiner Kraftlosigkeit in allem praktischen Tun noch nicht so groß, als er wirklich war. Ich genoß eine Weile auch jetzt noch ein dem Anschein nach weitführendes Vertrauen. Aber da mein Versuch, wie er mußte, schnell scheiterte, verwandelte sich das in meinen Umgebungen in einem ebensowenig genugsam überlegten Grad des Gegenteils: in eine völlig blinde Wegwerfung auch des letzten Schattens der Achtung meiner Bestrebungen und des Glaubens an meine Tüchtigkeit zur Erzielung irgendeines Teils derselben. Es ist der Weltlauf, und es ging mir, wie es jedem, der also durch seinen Fehler arm wird, geht. Ein solcher Mensch verliert auch mit seinem Geld gemeiniglich den Glauben und das Zutrauen zu dem, was er wirklich ist und wirklich kann. Der Glaube an die Kräfte, die ich für meine Zwecke wirklich hatte, ging jetzt mit dem Glauben an diejenigen verloren, die ich mir, in meinem Selbstbetrug irrend, anmaßte, aber wirklich nicht hatte. Ich kann es niemand verargen, die Kräfte, die ich für meine Zwecke wirklich besaß, hatten Lücken, ohne deren genugtuende Ausfüllung sie segenslos in mir selbst lagen. Ich hatte leider schon zweimal in entscheidenden Augenblicken den Rat vergessen, den mir der erste Freund meiner Jugend auf seinem Todbette dieser Lücke halber gab. Ich schäme mich, oder vielmehr es betrübt mich im Innersten. Das große Unglück meiner Lebenstage bis auf diese Stunde ist eine bestimmte Folge dieses unverzeihlichen Fehlers.

Mein Versuch scheiterte auf eine herzzerschneidende Weise. Meine Frau hatte im Übermaß ihres Edelmuts ihr Vermögen beinahe ganz für mich verpfändet. Personen, deren Namen ich verschweigen muß, mißbrauchten vielseitig mit Härte und zum Teil mit Gefährde ihren Edelmut. Doch es ergreift mich eine unwiderstehliche Wehmut, ich muß das Nähere und Drückendste dieser Umstände und ihrer Folgen mit Stillschweigen übergehen. Ich beklage nur meine Gemahlin, die, indem sie sich mir aufopferte, alles verlor, was ihr edles Herz hätte glücklich machen und was sie durch ihre Verheiratung mit mir an meiner Seite zu wirken und zu genießen hoffte. Doch, gottlob! Was ich ihr durch meine Fehler entriß, das gab ihr Gott auf eine gewisse Weise durch Freunde wieder, die bis an ihr Grab ihr vieles ersetzten, was sie durch mich verloren, und sie in vielem trösteten, in was sie durch mich betrübt wurde. Sie genoß in der langen Reihenfolge ihrer Leidensjahre eine teilnehmende Aufmerksamkeit und Sorgfalt von einigen edlen Freundinnen[37], die ihr die Leiden ihrer Tage mit einem Zartgefühl erleichterten, für die ich ihnen und der ob der Unschuld und dem Edelmut mit göttlicher Kraft waltenden Vorsehung bis auf meinen letzten Atemzug nicht genug danken kann. Auch ich besaß in meinem Unglück noch viele Freunde; aber ich hatte beinahe bei ihnen allen auch die letzte Spur irgendeines Funkens von Vertrauen verloren. Sie liebten mich nur noch hoffnungslos; im ganzen Umfang meiner Umgebungen ward das Wort allgemein ausgesprochen, ich sei ein verlorener Mensch, es sei mir nicht mehr zu helfen.[38]

Pestalozzi wird Schriftsteller

Das ging so weit, daß meine besten Freunde, beklemmt von diesem Urteil und voll von Mitleid, wenn sie mich oben an einer Gasse erblickten, sich in eine andere zurückzogen, damit sie nicht in die Lage kommen, mit einem Menschen, dem durchaus nicht zu helfen sei, ein sie nur schmerzendes und mir selbst nichts helfendes Wort zu verlieren; und Buchhändler Füssli, der beinahe noch der einzige Mensch war, mit dem ich über meine Lage ein herzliches und teilnehmendes Wort reden konnte, sagte mir in diesem Zeitpunkt gerade heraus: meine alten Freunde halten es beinahe allgemein für ausgemacht, ich werde meine Tage im Spital oder gar im Narrenhause enden. Dieser liebenswürdige, für mich, ach, zu frühe gestorbene Freund nahm innigen herzlichen Anteil an meinem Schicksal, und in eben der Stube, in der er mir dieses sagte, ereignete sich in gleichem Zeitpunkt ein Umstand, der plötzlich eine Besserung meiner ökonomischen Lage und das Ende der traurigen Verhältnisse der Meinigen herbeizuführen geeignet schien. Füssli war wahrer Freund der alten bürgerlichen Anmaßungslosigkeit und selber des veralteten Überrestes der Einfachheit der Vorzeit in den Formen des öffentlichen Stadtdienstes, und man war eben im Begriff, die krummen Wächter vor dem Rathaus und unter den Toren in eine den damals entkeimenden republikanisch herrschaftlichen Modeansichten des Regierungsdienstes angemessene Form umzugestalten. Diese Neuerung hatte mit dem erwachenden Modegeist des Militärprunks ohne Militärkraft engen Zusammenhang und war von Einfluß habenden Personen unterstützt, die an der Paradestellung müßiggängerischer bürgerlicher und bäurischer Soldaten mehr Freude hatten und ihr Dekorum und ihren Prunk besser zu beurteilen wußten und höher schätzten als den Wert des Bürgerfleißes und der Bürgerehre, von denen der häusliche Segen der Vaterstadt von Alters her ausging und sich in der Vorzeit jahrhundertelang allgemein blühend erhielt. Diese Maßregel, wie sie geschah, mißfiel sehr vielen altväterisch denkenden Bürgern und auch mir. Ich machte in einem launigen Augenblick einen diese Neuerung ins Lächerliche ziehenden kleinen Aufsatz[39], der eben auf Füsslis Tisch lag, als dieser mit seinem Bruder, dem Maler, der, soviel ich weiß, jetzt noch in hoher Achtung in London lebt, über mein trauriges Schicksal redete und bejammerte, daß er durchaus kein Mittel kenne, mir, wie ich sei und wie ich mich benehme, aus meiner Lage zu helfen. Der Maler nahm in eben diesem Augenblick die „Schnurre“ über die Umstaltung der krummen, staubigen und ungekämmten Stadtwächter unter unsern Toren in gerade gekämmte und geputzte in die Hand, las sie mehrere Male durch und sagte dann zu seinem Bruder: „Dieser Mensch kann sich helfen, wie er will; er hat Talente, auf eine Art zu schreiben, die in dem Zeitpunkt, in dem wir leben, ganz gewiß Interesse erregen wird; muntere ihn dazu auf und sage ihm von meiner Seite, er könne sich als Schriftsteller ganz gewiß helfen, wenn er nur wolle!“ Mein Freund ließ mich auf der Stelle zu sich kommen und jubelte indem er mir das sagte und hinzusetzte: „Ich kann gar nicht begreifen, wie es möglich war, daß mir das nicht von mir selbst in Sinn kam.“ Mir war es, wie wenn er mir einen Traum erzählte.

Ich hatte mich im Drange meiner Schicksale kulturhalber so vernachlässigt, daß ich bald keine Zeile mehr schreiben konnte, ohne Sprachfehler[40] darin zu begehen, und glaubte, was Füssli auch immer sagte, mich dazu gänzlich unfähig. Doch die Not, von der man sonst so oft sagt, sie sei ein böser Ratgeber, war mir jetzt ein guter. Marmontels Contes moraux[41] lagen eben, als ich heimkam, auf meinem Tische; ich nahm sie sogleich mit der bestimmten Frage, ob es vielleicht möglich sei, daß ich auch so etwas machen könne, in die Hand, und nachdem ich ein paar dieser Erzählungen gelesen und wieder gelesen, schien es mir doch, das sollte nicht ganz unmöglich sein. Ich versuchte fünf oder sechs dergleichen kleine Erzählungen, von denen ich nichts mehr weiß, als daß mich keine von ihnen ansprach; die letzte war ‚Lienhard und Gertrud‘, deren Geschichte mir, ich weiß nicht wie, aus der Feder floß und sich von sich selbst entfaltete, ohne daß ich den geringsten Plan davon im Kopf hatte oder auch nur einem solchen nachdachte. Das Buch stand in wenigen Wochen da, ohne daß ich eigentlich nur wußte, wie ich dazu gekommen. Ich fühlte seinen Wert, aber doch nur wie ein Mensch, der im Schlafe den Wert eines Glücks fühlt, von dem er eben träumt. Ich wußte kaum, daß ich wachte; doch fing ein erneuerter Funke von Hoffnung an, sich in mir zu regen, daß es möglich sein möchte, meine ökonomische Lage auf dieser Bahn zu bessern und den Meinigen erträglicher zu machen. Ich zeigte meinen Versuch einem Freunde Lavaters, der auch mein Freund war. Dieser fand ihn interessant, aber sagte dennoch, so, wie das Buch sei, könne es nicht gedruckt werden; es sei unerträglich inkorrekt und unliterarisch und werde durch die Umarbeitung von einem Menschen, der schriftstellerische Übung habe, sehr gewinnen, mit Hinzusetzen, er wolle es, wenn es mir recht sei, einem Freund übergeben, den er hierzu sehr fähig glaube. Anmaßungslos wie ein Kind antwortete ich ihm, das sei mir sehr recht, und übergab ihm die drei oder vier ersten Bogen des Buchs zu einer solchen Umarbeitung auf der Stelle. Aber wie erstaunte ich, als er mir diese Bogen mit ihrer Umarbeitung wieder zurückgab. Es war eine eigentliche theologische Studentenarbeit, die das reine Naturgemälde des wahren Bauernlebens, wie es von mir in seiner nackten, aber treuen Gestalt einfach und kunstlos dargestellt war, in frömmelnde Kunstformen umwandelte und die Bauern im Wirtshause eine steife Schulmeistersprache reden machte, die von der Eigentümlichkeit meines Buchs auch keinen Schatten mehr übrig ließ. Das konnte mir nicht behagen.

Der Freund, der diesem jungen Menschen diesen Auftrag gegeben, schämte sich jetzt des Erfolgs selber, und ich bedankte mich der weiteren Umarbeitung meines Buchs. Ich wollte dasselbe durchaus nicht so verkrüppelt gegen mich selbst, wie es mir in dieser Umarbeitung in die Augen fiel, in die Welt hinausschicken, und entschloß mich wenige Tage hernach auf Basel zu reisen, um mich mit Herrn Ratsschreiber Iselin[42], den ich als Mitglied der Helvetischen Gesellschaft[43] in Schinznach kennengelernt und über alles hochachtete, über mein Buch und über die Art seiner Herausgabe in allen Rücksichten zu beraten. Ich warf in dieser Angelegenheit mein Augenmerk vorzüglich auch darum auf ihn, weil ich von ihm sicher war, daß er in der Beurteilung des Tons meines Buchs weniger kleinstädtische Rücksichten nehmen werde, als ich dieses von den meisten meiner übriggebliebenen Freunde voraussah und zu besorgen hatte. Aber sein Urteil und sein Benehmen übertraf dennoch alle meine Erwartung. Der Eindruck, den es auf ihn machte, war ganz außerordentlich. Er sprach geradezu aus: „Es hat in seiner Art noch keines seinesgleichen, und die Ansichten, die darin herrschen, sind dringendes Bedürfnis unserer Zeit; dem Mangel orthographischer Richtigkeit“, setzte er hinzu, „ist leicht abzuhelfen“, und übernahm die Sorge hierfür sowie diejenige für die Ausgabe desselben und für ein anständiges Honorar, das mir dafür gebühre, sogleich selber.

Doch sagte er dieses letzterenhalber noch zu mir: „Es wird wahrscheinlich nicht bedeutend sein, weil Sie als Schriftsteller neu sind und noch keinen Namen haben.“ Er schrieb auch sogleich an Decker nach Berlin, der mir einen Louisdor für den Bogen bezahlte, dabei aber versprach, wenn der Abgang des Buches eine zweite Auflage notwendig mache, so wolle er mir für den Bogen abermal so viel zahlen. Ich war unaussprechlich zufrieden. Ein Louisdor für den Bogen war mir in meinen Umständen viel, sehr viel.

Das Buch erschien und erregte in meinem Vaterland und in Deutschland allgemein ein ganz ausgezeichnetes Interesse. Bald alle Journale machten seine Lobrede, was fast noch mehr ist, bald alle Kalender wurden davon voll; was mir aber das Unerwartetste war: Die Ökonomische Gesellschaft in Bern erkannte mir gleich nach seiner Erscheinung ein Dankschreiben mit ihrer großen goldenen Medaille zu, die ich aber, so sehr sie mich freute und so gern ich es getan hätte, in meiner Lage nicht behalten konnte, sondern nach einigen Wochen um den Geldwert in ein Kabinett verkaufen mußte. Ich kannte den Wert meines Buchs in seinen Hauptansichten selbst noch gar nicht und dachte nichts weniger, als daß es eine geratene, malerische Darstellung des ganzen Umfangs der Grundsätze und Gesichtspunkte der Idee der Elementarbildung sein könnte, die ich zwanzig bis dreißig Jahre später als das Fundament aller naturgemäßen Erziehungs- und Unterrichtsmittel zu erkennen anfing und seither in der ganzen Zeitfolge meiner pädagogischen Bestrebungen sowohl in ihrem Wesen immer tiefer zu erforschen als in ihrer Ausübung und Einführung praktisch zu erproben gesucht habe. Ich dachte nicht einmal, daß es als ein wirklich geratenes Gemälde des Ideals und der inneren Grundsätze und Gesichtspunkte des Erziehungsversuchs angesehen werden könnte, den ich lange, ehe ich dieses Buch geschrieben, auf meinem Gut unternommen, aber höchst unglücklich ausgeführt habe. Es war sowohl das eine als das andere wirklich, und zwar in beiden Rücksichten in einem hohen Grad und in einer hohen, umfassenden Wahrheit. Ich kannte damals das Wort „Idee der Elementarbildung“ gar nicht und hatte es mit Bewußtsein auch noch nie aussprechen gehört. Aber das Wesen dieser Idee, wie sie im niederen, gemeinen Volk beim fast gänzlichen Mangel aller nötigen Kunstmittel allein ausgeführt werden kann und wie ich es schon damals, aber freilich wörtlich unbewußt, in mir trug, ist im Bild der Gertrud in seiner Vollendung dargestellt.

Meine und der Meinigen Freude war über diesen Erfolg unaussprechlich groß. Es hatte auch wirklich den Anschein eines soliden Einflusses auf die Verbesserung meiner ökonomischen Lage, indem es die Aufmerksamkeit einiger bedeutender Menschenfreunde auf mich erneuerte und belebte. Aber so wenig als ich den Erfolg dieses Buchs, so wie er wirklich war, erwartete, ebensowenig ahnte in meinen Umgebungen irgend jemand die innere wesentliche Tendenz desselben und das innere Leben der Bestrebungen, die in mir selbst lagen und mir die äußere Hülle seiner Form, beinahe selbst unbewußt, in die Feder legten. Aber weniger noch, als ich selbst, ahnten meine Umgebungen seinen inneren Wert und seine innere Tendenz. Es hatte auch in ökonomischer Hinsicht keine bedeutenden Folgen für mich. Man sah es in meinen nächsten Umgebungen, die in ökonomischer Hinsicht allein einen wesentlichen Einfluß auf mich hätten haben können, bloß als einen die Lesesucht des damaligen Zeitgeschlechts lebhaft ansprechenden Roman an und äußerte von allen Seiten, das Buch zeige klar, daß ich einige Anlagen fürs Romaneschreiben habe, und wenn ich doch jetzt nur die Gnade hätte, dieses Talent Tag und Nacht fleißig und ordentlich zu gebrauchen, um mir und meiner Haushaltung einen besseren Mundvoll Brot zu verschaffen, als man mich einen essen sah. Man äußerte sogar hie und da laut, es sei schlecht von mir, wenn ich nicht suche, durch diesen einzigen Weg, der mir noch offen sei, auch wieder zum Stand eines ehrenfesten Bürgers meiner lieben Vaterstadt zu gelangen, den ich gegenwärtig in einem so hohen Grad allgemein verloren.

Aber es lag durchaus nicht in meiner Natur, diesen Rat, so, wie er mir gegeben war, zu befolgen. Ich vermochte es auch in der größten Not nicht, diesen Brotverdienst, zu dem man mich dabei noch einseitig und hie und da bitter und leidenschaftlich hinwies, zum belebenden Fundament meiner Tätigkeit und meiner Anstrengung zu machen. Ich wollte mehr, ich wollte durchaus mit meiner Lebenstätigkeit auf den mir zu Herzen gehenden Zustand der Volkskultur meines Vaterlands Einfluß suchen und durch das Talent, das man mir jetzt eingestand, den Volkssegen durch Volkswahrheit besser zu begründen trachten, als ich ihn um mich her begründet sah. Lavater fühlte mitten in meiner Lage mehr als irgendjemand in meinen Umgebungen, daß ich einiges Talent und einige Kräfte hierfür besitze, die man mit Unrecht in mir in dem Grad übersah und verschmähte, in dem es wirklich geschah. Er sagte einmal zu meiner Frau: „Wenn ich ein Fürst wäre, ich würde Pestalozzi in allem, was das Landvolk und die Verbesserung seines Zustandes betrifft, zu Rate ziehen, aber ihm nie einen Heller Geld anvertrauen.“ Ein andermal sagte er zu mir selbst: „Wenn ich nur einmal eine Zeile ohne einen Schreibfehler von Ihnen sehe, so will ich Sie zu vielem, zu sehr vielem fähig glauben, was Sie gerne täten und gerne wären.“ Sein Urteil war eine Zwischenstimme zwischen dem um mich her feststehenden Glauben an meine allgemeine und unbedingte Unbrauchbarkeit zu irgendetwas Besserem und Reellem als zum Romaneschreiben. Aber diese Ansichten von Lavater verschollen beim Unglauben, der über mich herrschte, in meinen Umgebungen wie die Stimme eines Rufenden in der Wüste.[44]

Man lobte indessen mein Buch forthin. Aber es ekelte mir ob den Ansichten und Grundsätzen, von denen die Lobreden ausgingen, die man mir seinethalben machte. Es war mir besonders ärgerlich zu sehen, wie sein Einfluß in einigen anmaßlichen Zirkeln meiner näheren Umgebungen dahin wirkte, die Quellen des wachsenden sittlichen und bürgerlichen Verderbens unseres Landvolks einseitig und ausschließlich in den Dorfvorgesetzten, wie mein Hummel einer war, zu suchen und diese freilich äußerst fehlerhafte Unterstufe des öffentlichen Einflusses auf den Volkszustand als die einzige und erste Ursache des wachsenden Verderbens in den Dörfern anzusehen und diese Unterbeamteten dem Volk selber als die diesfälligen einzigen Landessündenböcke in die Augen fallen zu machen. Dieser Ton wollte in diesem Zeitpunkt allgemein einreißen und wirkte selbst für den Augenblick dahin, einigen gutmütigen, aber schwachen Volksfreunden die höheren Ursachen, ohne deren kraftvolleren Einfluß gar keine Hummel auf den Dörfern aufkommen könnten, aus den Augen zu rücken. Nichts konnte meinem Herzen und dem inneren Streben meiner selbst mehr zuwider sein, als diese Folgen des verkrüppelten Beifalls meines Buches. Sie empörten mich, und so wie ich bin, wollte ich sogleich diesem einseitigen Eindruck desselben mit aller meiner unbefangenen Offenherzigkeit und Lebhaftigkeit durch das einfachst möglichste Mittel entgegenwirken. Ich schrieb, von dieser Ansicht belebt, „Christoph und Else“, darin ich den Zusammenhang der höheren, aber auch dadurch hochbemäntelten und hochverschleierten Ursachen des Volksverderbens mit den nackten, unbemäntelten und unverschleierten Ursachen desselben, wie diese sich auf den Dörfern in den schlechten, hummelartigen Vorgesetzten aussprechen und offenbaren, dem kultivierten Publikum meines Vaterlands und selber den gradsinnigen und in ihrer Art aufgeklärten Landsleuten desselben in die Augen fallen machen wollte. Ich ließ zu diesem Endzweck eine Bauernhaushaltung „Lienhard und Gertrud“ miteinander lesen und sich über die Geschichte desselben und die Personen, die darin auftreten, Sachen sagen, von denen ich dachte, daß sie nicht jedem meiner Mitbürger, wenn er es auch schon gerne wollte, von selbst zu Sinne kommen könnten. Aber das Buch mißfiel. Es wurde nicht gelesen und sein Verleger wollte die Fortsetzung desselben nicht übernehmen.

Ich fuhr indes fort, in eben dem Geist zu schreiben, der in „Christoph und Else“ in meinen Umgebungen so auffallend mißfiel und mir hingegen in meinem Innersten in eben dem Grad immer lieber wurde, als er mißfiel. Ich schrieb in diesem Zeitpunkt sukzessive die „Figuren zu meinem ABC-Buche“, die später als meine „Fabeln“ betitelt zum Vorschein kamen, ferner eine Broschüre über „Gesetzgebung und Kindermord“ und „Meine Nachforschungen über den Gang der Natur in der Entwicklung des Menschengeschlechts“. Einige kleine Aufsätze von mir erschienen in Iselins „Ephemeriden“ und in einem von mir herausgegebenen „Schweizerblatt“. In diesem Zeitpunkt entfaltete sich in mir der Gedanke, ich könne die Gesichtspunkte, die so, wie ich sie in „Christoph und Else“ darzustellen gesucht habe, so sehr mißfielen, durch einen Versuch der geschichtlichen Fortsetzung von Lienhard und Gertrud selber besser erreichen. Die drei späteren Teile von diesem Buche sind als eine bestimmte Folge dieses Vorsatzes und in dieser Rücksicht in Verbindung mit dem ersten Teil als eigentlich für die kultivierten Stände geschrieben anzusehen, dahingegen der erste Teil an sich von mir immer als ein von den anderen gesondertes, in die Hand der gemeinen Haushaltungen gehörendes Volksbuch betrachtet und behandelt worden ist.

Beziehungen zum Wiener Hof

Aber auch diese, wie alle meine bisherigen schriftstellerischen Arbeiten brachten mir sehr wenig Gewinn. Ich verstand den Buchhandel ebensowenig als alles, was ich bisher in ökonomischer Rücksicht vornahm, und verdiente in der ganzen Zeit meiner Not bis auf den Zeitpunkt, in welchem mein Freund Schmid[45] mit Herrn v. Cotta ein für mich und meine Zwecke sehr vorteilhaftes Verkommnis zustandebrachte, ich möchte fast sagen, nicht Brot und Wasser. Dieser dauernde Zustand meiner ökonomischen Verlegenheit machte mit den im gleichen Zeitpunkt allgemein steigenden Bezeugungen der Achtung von den bedeutendsten Personen meines Zeitalters einen mein Gefühl tief drückenden Kontrast. Ich war schon lange mit dem Finanzminister, Grafen von Zinzendorf[46] in Verhältnissen, der wie ich die Wiederherstellung der häuslichen Volkserziehung als das einzige Mittel, der immer steigenden Volksverwilderung und des damit innig verbundenen Volksunglücks mit Erfolg entgegenwirken zu können, ansah und in „Lienhard und Gertrud“ eine für das Volk allgemein verständliche und in einzelnen Haushaltungen brauchbare Wegweisung, sich in sehr vielen Rücksichten, in denen sie gegenwärtig unbeholfen und zum Teil verwahrlost dastehen, selber zu helfen, erkannte.

Seine Bekanntschaft erregte in ökonomischer Hinsicht sehr große Hoffnungen in mir. Ich kam in diesem Zeitpunkt ebenso mit mehreren Menschenfreunden von höheren Ständen, die in dieser Rücksicht mit mir von meinen Bestrebungen träumerische Hoffnungen nährten, in nähere Bekanntschaft. Diese Hoffnungen steigerten sich in mir etwas später im höchsten Grad, als ich mit dem Grafen von Hohenwart[47] in Florenz, und durch ihn mit dem Großherzog Leopold[48], nachherigem römischen Kaiser, bekannt wurde. Dieser nahm ein ganz außerordentliches Interesse an meinen Ansichten für die Volksbildung und selber an den in meiner Hand und auf meinem Gut gescheiterten Versuchen. Meine Briefe wurden auf seinen Befehl immediat an Se. Kais. Königl. Hoheit selbst adressiert und regelmäßig vom Herrn Grafen von Hohenwart an mich beantwortet[49]. Meine Aussichten zu einer praktischen Anstellung für meine Zwecke waren groß und schienen mir nicht mehr zu fehlen. Ich sollte eben meinen definitiven Plan der Ausführung einer Anstalt nach meinen Ansichten an den Großherzog einsenden, als das Schicksal ihn auf den kaiserlichen Thron versetzte, womit dieses Verhältnis seine Endschaft erreichte.

Merkwürdig ist in ökonomischer Hinsicht für mich der Umstand: Mehrere Personen aus meinem Vaterlande, die nach Florenz reisten, versicherten mich, man habe ihnen daselbst bestimmt gesagt, der Großherzog habe mir eine große goldene Medaille mit seinem Bildnisse zugesandt. Ich habe sie aber sicher nicht erhalten. Es begegnet indes an den Höfen guter, wohlwollender und zutrauensvoller Fürsten nicht selten etwas von dieser Art. Dieses Mißlingen aller meiner diesfälligen Hoffnungen machte mich auch in diesem Zeitpunkt sehr leidend. Doch die Zeit meines Leidens ist vorüber. Ich klage nicht mehr, im Gegenteil, ich erkenne die Ursache meiner unglücklichen Schicksale mit Wehmut in mir selbst. Aber ich erkenne auch den Zusammenhang des Einflusses dieser Schicksale auf den ganzen Umfang der Bildungsmittel zu dem wenn auch noch so unvollkommenen Grad der Ansichten und Grundsätze der Idee der Elementarbildung, zu welchem Gottes ob mir waltende Vorsehung mich in Übereinstimmung mit mir selbst, beides, sowohl durch den lebendigsten Drang meiner Wünsche und meiner Neigungen als durch denjenigen meiner Not hinführte. Diese Ansichten und Grundsätze sind die einzige Frucht meiner Lebensbestrebungen, sie sind der einzige Trost und die einzigen Freuden meines hinschwindenden Erdenlebens; sie sind das Einzige, was meine ermattete Tatkraft auf Erden, noch wie in meinem Jünglingsalter, mit Feuer und Flamme ergreift, wenn und wo ich die Möglichkeit, darin einen Schritt weiter zu kommen, vor meinen Augen sehe. Dieses Feuer und diese Flamme wird auch nicht in mir erlöschen, bis ich meine Augen schließe. Ich erkenne mit innerer Erhebung meines Herzens: Weniger Widerwärtigkeiten und ein glücklicheres Schicksal hätten diese Flamme, die meinen ursprünglichen Bestrebungen zum Grunde liegt, nicht in diesem Grad lebendig erhalten. Ich tröste mich also darüber vollkommen, daß auch in diesem Zeitpunkt mein ökonomischer Zustand sich auf eine sehr drückende Weise verschlimmerte.

Probleme mit dem Neuhof

Der Besitz meines Landguts erhöhte diesen Druck von Jahr zu Jahr immer mehr. Es kostete mich jährlich große Summen und trug mir eigentlich so viel als nichts ein. Ich bin nicht zum Landwirt geboren, und man kann unmöglich schlechter dazu erzogen werden, als ich dazu erzogen worden bin. Meine Frau war es ebensowenig, aber wenn wir es auch gewesen wären, so entriß mir meine Armut die Mittel zu, ich will nicht sagen, großen Verbesserungen, sondern nur zur Erhaltung desselben in einer niederen gemeinen Abträglichkeit. Ich mußte gar oft noch das Heu und Stroh, das darauf wuchs, verkaufen, um den dringenden Notbedürfnissen jedes gegenwärtigen Augenblicks abzuhelfen, und so wie vom Anfang, seit dem ich das Gut besaß, mein Zutrauen von meinen Umgebungen mißbraucht wurde, so wurde meine Not von denselben jetzt noch doppelt mißbraucht. Mein Freund Battier[50] sah den ganzen Umfang meiner Lage, meiner Bedrängnisse und des Mißbrauchs, den meine Umgebungen jetzt auch noch von diesen machten, und wollte mir mit treuem Freundesherzen darin helfen. Er schlug mir vor, meinen mich immer mehr drückenden und aussaugenden Hof um jeden Preis zu verkaufen, und bot mir an, wenn auch derselbe noch so wenig gelte, so wolle er so viel hinzuschießen, daß ich ein Kapital von 1000 Louisdor für meine Familie in sichere Hand anlegen und, von dem Zins desselben unterstützt, mich einem stillen, ruhigen Schriftstellerleben überlassen könne. Dieser Vorschlag schien einerseits von einer Natur, daß ich ihn dankbar hätte annehmen sollen. Aber da auf der anderen Seite alle Güter um meinen Hof herum schon damals sehr beträchtlich in ihrem Wert stiegen und ich mit vollkommener Sicherheit voraus sah, auch der Preis der meinigen werde in sehr kurzer Zeit in diesem Grad und so weit steigen, daß der diesfalls zu hoffende Vorteil bestimmt diejenige Summe weit übertreffen werde, die Battier bei der Annahme des von ihm gemachten Vorschlags mir nachschießen zu müssen in den Fall gekommen wäre, so wollte ich durchaus nicht an meinem besitzenden Eigentum durch Annahme seiner Wohltätigkeit mehr verlieren, als ich bei Erhaltung desselben schon wirklich in meiner Hand besaß. Meine Frau und ich entschlossen uns fest, lieber im Besitz des Hofs im Drang aller fortdauernden Beklemmungen zu leben, als durch Annahme dieser Wohltätigkeit im Grunde eigentumshalber noch hinter den Zustand des Realvermögens zurückgesetzt zu werden, das wir wirklich besaßen. Wir wollten durchaus nicht, um jährlich ein größeres Einkommen zu haben, die sichere Aussicht, unser Kapitaleigentum, von Jahr zu Jahr ohne alles Verhältnis stärker steigen zu sehen, verlieren und zogen die Fortdauer unserer gegenwärtigen Not der Erlösung aus derselben um diesen Preis vor. Wir hatten auch, von einer wichtigen Seite betrachtet, ganz recht. Mein Sohnessohn[51] genießt jetzt die Folgen dieses Entschlusses und zugleich ist auch die Richtigkeit der großen ökonomischen Folgen, die mein ursprünglich projektierter, sehr großer Güterankauf, freilich unter anderen Händen, gehabt hätte, jetzt vollkommen erwiesen. Aber damals hielt außer mir beinahe auch kein Mensch eine so außerordentliche Erhöhung des Güterwerts in diesen Gegenden möglich.

Battier hielt meinen Entschluß, seine Anerbietungen nicht anzunehmen, für einen unvernünftigen Eigensinn und war zu dieser Ansicht vorzüglich durch folgenden Umstand hingelenkt und darin gestärkt. Ein reicher, aargauischer Baumwollenhändler[52], dem er den Auftrag gab, über den Zustand des Hofs und seinen Wert sichere Informationen zu nehmen, mag sehr bald gesehen haben, daß der Ankauf desselben für einen toten Pfennig eine gute Spekulation hätte werden können, und ließ sich durch Bauern, deren Besitzungen an meine Güter anstießen und die sie durch ihre Verschreiung auch wieder um einen wohlfeilen Preis zurückkaufen zu können hofften, kanzleiische Zeugnisse von dem Unwert derselben geben, die sich alle sehr bereitwillig hierfür zeigten. Natürlicherweise stieg der Zustand meiner Not nach diesem Vorfall noch mehr und dauerte in immer steigendem Wachstum bis auf den Zeitpunkt der schweizerischen Revolution fort.

Pestalozzis Bestreben, Schulmeister zu werden

Ich hatte inzwischen immer noch einige Freunde, die mein Tun und Leben von ökonomischer Seite zwar wie alle Welt mißbilligten, aber besonders seit der Erscheinung von „Lienhard und Gertrud“ in Rücksicht auf meine pädagogischen und menschenfreundlichen Ansichten eine große Aufmerksamkeit auf mich warfen und auch mit mir über meine damaligen Ansichten, von den Fundamenten des wahren bürgerlichen Wohlstands und den diesfälligen Zeitbedürfnissen meines Vaterlandes zwar nichts weniger als allgemein, aber doch vielseitig gleich dachten. Verschiedene von diesen hatten bei der schweizerischen Revolution großes Volkszutrauen und folglich Einfluß in die damaligen Regierungsmaßregeln. Sie säumten auch nicht, meiner ökonomischen Not abhelfen zu wollen, und boten mir zu diesem Endzweck mit freundschaftlicher Teilnahme Handbietung zu einträglichen und politischen Stellen, wozu sie mir unter den damals obwaltenden Umständen gar leicht hätten helfen können. Aber glücklicherweise erinnerte ich mich in diesem Zeitpunkt des Worts meines gestorbenen Freundes, daß ich bei meinem Charakter auf jeder bürgerlich gefährlichen Laufbahn ohne einen kaltblütigen, gewandten und in seiner treuen Anhänglichkeit sicheren Geschäftsmann alles gefahren würde, und wies die mir diesfalls geschehenen Anträge mit Standhaftigkeit von der Hand. Ich sagte dem Manne, der in dieser Epoche in der Schweiz die erste Rolle spielte[53], da er mir seinen ganzen Einfluß zu einer solchen Laufbahn anbot, zur Antwort: „Ich will Schulmeister werden.“ Und ich fand hierfür schnell eine so passende Handbietung, daß ich nie eine solche hoffen zu dürfen geglaubt hätte. Einige meiner alten Freunde munterten mich sehr auf, meinem Vorsatz getreu zu sein, und meine Aufmerksamkeit und Tätigkeit für das Volkswohl gänzlich nur auf die Erziehung zu beschränken, boten mir aber auch ihre Hilfe für diesen Zweck mit dem ausgezeichnetsten Wohlwollen und Zutrauen beinahe unbedingt an.

Pestalozzis Aufenthalt in Stans

Man kennt meinen Ruf nach Stans[54], und meine Schilderung der wenigen, mühseligen, aber mich in mir selbst beglückenden Tage, die ich in diesem Orte zubrachte. Das Wesen meiner Bestrebungen, den Volksunterricht in seinen untersten Stufen zu vereinfachen und dadurch die wesentlichen Mittel desselben seinen Wohnstuben selber näher zu bringen, ging daselbst in einem mich zum Entzücken erhebenden Leben in mir auf. Ich stand als Armenvater im Kreise meiner Kinder. Ich hatte in eigentlicher wissenschaftlicher und Kunstbildung nichts, ich hatte nur die Vaterkraft meines Herzens, und zwar so, wie sie sich in der Eigenheit meiner Persönlichkeit beschränkt aussprach, für sie. Der Geist des häuslichen Lebens, dieses ewige Fundament aller wahren Menschenbildung, aller wahren Erziehung, entfaltete seine Segenskraft einfach und wahrhaft naturgemäß durch meine Liebe, meine Hingebung und Aufopferung. Das war in seinen Folgen nicht gering. Er erheiterte in mir selbst nicht bloß die naturgemäßen Resultate, die dieses Leben, wo es immer ist, auf die Ausbildung der vorzüglichsten Fundamente der Segnungen des häuslichen Lebens, der Liebe, des Denkens und Arbeitens, hat. Dieses Leben tat mehr, es setzte die speziellen Ansichten meiner Bestrebungen, den ganzen Umfang der Unterrichtsmittel des Volks zu vereinfachen und sie dadurch dem Innern der Wohnstube desselben näherzubringen, in ihren ersten Anfangspunkten tatsächlich in ein entscheidendes Licht. Noch war der Begriff von der Elementarbildung und von einer aus ihr notwendig hervorgehenden naturgemäßen Erziehungs- und Unterrichtsmethode von mir und in meinen Umgebungen nicht ausgesprochen; aber ein wesentliches Resultat ihrer Kraft zeigte sich tatsächlich in unserer Mitte. Kinder lehrten Kinder; Kinder lernten gerne von Kindern, und vorgerücktere Kinder zeigten minder vorgerückten gerne und gut, was sie mehr wußten und besser konnten als sie. Wenn eines auch noch so klein war, wenn es auch nur einige Buchstaben mehr kannte, so setzte es sich zwischen zwei andere, umhalste sie mit beiden Händen, und zeigte ihnen mit Schwester- und Bruderliebe, was es mehr konnte als sie. - Damals sprach auch noch kein Mensch von einem Enseignement mutuel; aber sein wahrer ursprünglicher Geist entfaltete sich an meiner Seite und unter meinen Kindern in seinen zartesten Elementen.

Übergang zur eigentlichen pädagogischen Epoche Pestalozzis

Diese höchsten Segenstage gingen schnell vorüber. Die Wendung des Kriegs vertrieb mich von Stans, das der Eigenheit meiner Kräfte, meiner Schwäche und meiner Zwecke eine so vorzüglich passende Laufbahn anbot. Ich war tief in mir selber erschüttert und hatte wohl recht, obgleich ich noch nicht wußte und nicht ahnte, warum. Mir stand jetzt immediat nach meiner Entfernung von Stans die eigentliche zwanzigjährige Epoche bevor, in der ich in Burgdorf die Idee der Elementarbildung mit einigem Bewußtsein ihrer weitführenden Tiefe und ihres weitführenden Umfangs ins Auge zu fassen anfing und unvorbereitet und unreif sehr bald mein Scherflein zu ihrer praktischen Ausführung beizutragen suchte.

Diese Epoche ist nun vorüber, und ich habe in den ersten Bögen der gegenwärtigen Schrift den Geist dieser hohen Idee, so viel meine zwanzigjährigen Versuche und Erfahrungen dieselbe in mir selbst haben erheitern mögen, meiner Zeitwelt, ich muß fast sagen, mit enthusiastischer Belebung meiner Gefühle darzulegen und die großen, segensreichen Resultate, die bei ihrer sorgfältig begründeten Einführung nach meinem Urteil notwendig aus ihr hervor gehen mußten, umständlich[55] in die Augen fallen zu machen, aber, zugleich auch unverholen die Ursachen des großen, vielseitigen Mißlingens meiner diesfälligen Bestrebungen, die sowohl in mir selbst als in meinen Umgebungen und in den Zeitumständen lagen, mit unbefangener Wahrheitsliebe darzulegen gesucht.

Aber ich bin weit entfernt, zu glauben, daß ich der diesfälligen Aufgabe schon wirklich ein Genüge geleistet. Nein, nein; die Frage aber: „Pestalozzi, wenn alles wäre, wie du gesagt hast, warum bist du denn mit deinen Bestrebungen nicht weiter vorgerückt, als dieses wirklich geschehen?“ ist bei fernem nicht beantwortet. Ich habe zwar bis jetzt den Einfluß, den mein individueller Charakter und meine Jugenderziehung auf meine Lebensbestrebungen haben mußten, darzulegen gesucht, aber ebenso notwendig ist es jetzt auch, durch die Geschichte meiner diesfälligen zwanzigjährigen Versuche den Einfluß darzulegen, den die Umstände, Lagen und Verhältnisse, unter denen diese Versuche stattfanden, auf das Mißlingen derselben hatten. Und es liegt meinem Herzen nahe, daß dieses letzte, eben wie das erste, mit Gewissenhaftigkeit und Offenherzigkeit geschehe, damit weder die Folgen, die die Eigenheiten und Schwächen meiner Individualität auf dieses Mißlingen hatten noch die Fehler und Mißgriffe, die in den zwanzig Jahre dauernden Versuchen ihrer praktischen Ausführung ihrem guten Erfolg so nachteilig waren, dahin wirken können, den wahren Wert und die Wichtigkeit meiner jetzt zur Lieblingsidee gewordenen Ansicht der Elementarbildung in den Augen des Publikums zu schwächen oder gar verschwinden zu machen. Ich stehe also, nachdem ich die Geschichte meiner Jugendjahre und meiner Jugenderziehung dargelegt, auf dem Punkt, zu zeigen, wie die praktische Laufbahn meiner diesfälligen Bestrebungen sich in Burgdorf in einem blinden und kühnen Hochflug gestaltete und in Iferten von den Folgen dieses fundamentlosen Hochflugs, sich immer mehr verirrend, mich hundert und hundertmal an den Rand des äußersten Verderbens hinführte, aber dabei dennoch meine Überzeugung von den Segensfolgen dieser hohen Idee in mir selber nichts weniger als schwächte, sondern vielmehr immer stärkte und durch tausenderlei Erfahrungen auf die tiefere Erkenntnis sowohl ihres Wesens als ihrer Ausführungsmittel bildend auf mich einwirkte.

Burgdorf

Ich kam über mein Schicksal, das mich von Stans wegführte, innig bewegt nach Burgdorf und fand da nicht mehr den einfachen, liebevollen, meiner Individualität eigenen und mich gleichsam seligmachenden Boden, den ich daselbst hatte und für meine Zwecke segensvoll und für die Dauer benutzen zu können glaubte. Doch ich fand mich in meine Lage, ich suchte im Anfange meiner Ankunft in Burgdorf nichts anderes, nichts mehr und nichts Größeres, als in einer Winkelschule[56] dieses Orts den Faden meiner beschränkten Bestrebungen für die Vereinfachung des Volksunterrichts in seinen allgemeinen Anfangspunkten so gut als mir immer möglich, wieder anzuknüpfen. In diesem Verhältnis lernte ich Herrn Fischer[57], einen literarisch sehr gebildeten Menschenfreund kennen, dem die Regierung das landvögtliche Schloß in dieser Stadt zur Errichtung eines Schulmeisterseminariums übergeben hatte. Aber er starb, ehe er es angetreten. Die Begeisterung, die ich vom Augenblicke an in der Erziehungslaufbahn in Stans zeigte und worüber meine vom Gurnigel[58] aus geschriebenen Briefe Licht geben, sowie mein früheres enthusiastisches Streben nach einer pädagogischen Laufbahn, die mehrere Glieder der Regierung kannten, veranlaßte dieselben, meinen diesfälligen Eifer zu belohnen. Sie übergab mir das Schloß, meine pädagogischen Absichten und Versuche in Verbindung einer Erziehungsanstalt, die ich darin etablieren sollte, fortzusetzen, und bot mir dafür ganz außerordentliche Vorteile und Handbietungen an. Aber der Boden, den ich jetzt betrat und durch die Annahme des Schlosses betreten mußte, war bei den Eigenheiten, Lücken und Schwächen, die für die große, selber literarisch weitführende, pädagogische Unternehmung in mir liegen, in dem Grad mißlich und ungünstig, als derjenige, den ich mit Stans verlassen mußte, passend und günstig dafür war[59]. Ich mußte mich in demselben so viel als notwendig schnell in mir selber verlieren und konnte nur spät, sehr spät wieder dahin kommen, mich in Rücksicht auf die ursprünglichen Endzwecke meiner Lebensbestrebungen wieder mit mir selbst in Übereinstimmung zu bringen. Ich bin der Helvetischen Regierung für ihre Sorgfalt für mich und für ihr Zutrauen herzlichen Dank schuldig; aber sie hatte in ihrer diesfälligen Gunstbezeugung so Unrecht als ich in der Annahme derselben.

Was ich oben in der Beschreibung meiner Eigenheiten und meines jugendlichen Lebensgangs gesagt habe, beweist hinlänglich, in welchem Grad mir beinahe alles, vorzüglich aber die wissenschaftlichen Kenntnisse und Fertigkeiten mangelten, die zu einem genugtuenden und ehrenhaften Vorsteher einer Erziehungsanstalt, wie diejenige war, die mir jetzt gleichsam wie ein Deus ex machina in die Hände fiel, wesentlich notwendig gewesen wären. Ich fühlte zwar gar wohl, in welchem Grad mir vieles, sehr vieles hierfür mangelte; aber die Ehrenhaftigkeit meines Rufs schmeichelte mir armem Neuling in der Weltehre in einem Grad, daß ich mich selbst nicht mehr kannte und kaum daran dachte, was es brauche, eine Ehre, die das bloße Glück einem darwirft, in die Dauer zu erhalten und in die Länge ihrer würdig dastehen zu können. Ich überließ mich kindisch der eitlen Hoffnung, was ich nicht könne, darin können und werden mir unter den günstigen Umständen, in denen ich mich in meiner Stellung befand, andere gerne und wohl helfen. Das aber ist in jedem Fall ein böser Trost. Wer sich, weil er in einer Sache, die er als Pflichtstelle erkennt und übernommen, nicht selber helfen kann, einen Gehilfen suchen muß, der das für ihn tue, was er selber tun sollte und nicht selber kann, der macht sich sicher sehr bald zum Knecht seines angestellten Gehilfen, der ihm, so wie die Welt ist, in tausend Fällen gegen einen nur so weit hilft, als er seinen Vorteil dabei findet, und hingegen auch wieder so weit enthilft, als er sich selber dadurch Nachteil und Schaden zu verhüten imstande ist oder auch nur verhüten zu können vermeint. Ich habe es erfahren; aber zu spät. Das ganze Unglück meiner letzten zwanzig Jahre hat seinen Ursprung in Umständen, die die Verspätung dieser Erkenntnis in mir verursachten.[60]

Rückblick auf seine Institute und Gründe des Scheitern

Es ist jetzt überstanden[61], und so wie ich gegenwärtig, nach vollendeter einstweiliger Auflösung meiner Anstalten[62] in Iferten, mit Demut, Ergebung und Glauben einen physischen, häuslichen und bürgerlichen Ruhepunkt auf dem Gute meines Sohnsohns im Aargau gesucht habe, so suche ich in literarischer und pädagogischer Hinsicht auch einen Ruhepunkt und frage mich in eben dieser Stimmung: Ist dann der Zweck meines Lebens wirklich verloren gegangen? Ich fasse den Umfang und die Natur meiner Lebensbestrebungen noch einmal ins Auge. Ich habe das Vergangene, ich habe das, was hinter mir ist, in mir selbst überwunden. Der Herr hat geholfen; er, der das zerkleckte Rohr nicht zerbricht und den glimmenden Docht nicht auslöscht, wird ferner helfen.[63] Ein Gefühl innerer Erhebung ergreift mich. Gerührt wie in der Stunde der erhebendsten Andacht spreche ich aus und danke es Gott: Der Zweck meines Lebens ist nicht verloren gegangen. Nein, meine Anstalt, wie sie in Burgdorf gleichsam aus dem Chaos hervorging und in Iferten in namenlosen Unförmlichkeiten gestaltete, ist nicht der Zweck meines Lebens. Nein, nein, beide sind in ihren auffallendsten Erscheinungen Resultate meiner Individualschwächen, durch welche das äußere meiner Lebensbestrebungen, meine vielseitigen Versuche und Anstalten sich selber untergraben und ihrem Ruin entgegengehen mußten. Meine Anstalten und alle äußere Erscheinungen ihrer Versuche sind nicht meine Lebensbestrebungen. Diese haben sich im Innern meiner selbst immer lebendig erhalten und sich auch äußerlich in hundert und hundert geratenen Resultaten ihres inneren Wesens in der ganzen Wahrheit ihrer ewig bleibenden Segensfundamente erprobt.

Das vorübergehende Stillstellen des schimmernden Truges so vieler ihrer äußeren Erscheinungen ist durchaus nicht dem inneren Unwert meiner Bestrebungen, es ist der Disharmonie meiner Kräfte zu diesen Unternehmungen und der Heterogenität des mit mir zu meinen Endzwecken verbundenen Personals sowie der gänzlichen Unpassendheit unserer Umgebungen zu unseren Bestrebungen zuzuschreiben. Alle äußeren Gestaltungen meiner Unternehmungen und Anstalten forderten den höchsten Grad der kraftvollen Regierungsfähigkeit, den je menschliche Unternehmungen erfordern konnten, und ich bin der allerunfähigste Mensch zum Regieren. Auch liegt in meiner Natur nicht die geringste Neigung dazu. Ich weiß, daß ich willenshalber zum Dienen geboren, aber dabei nichts weniger als zum Dienenkönnen erzogen und gebildet worden, und meinte bei meiner Dienstunfähigkeit durch meine Dienstbereitwilligkeit erzielen zu können, was in dieser Welt nur, wenn es, beides, zugleich wohlregiert und wohlbedient wird, erzielt werden kann. Ich muß hier wiederholen, was ich in der langen Reihe meiner Unglücksjahre hundert- und hundertmal im Stillen zu mir selber sagte: Mit dem ersten Tritt, den mein Fuß auf die Schloßtreppe von Burgdorf gesetzt, habe ich mich in mir selber verloren, indem ich eine Laufbahn betreten, in der ich äußerlich nichts anderes als unglücklich werden konnte, da ich mich durch die Annahme der Stelle, die mich in dieses Schloß führte, in eine Lage gesetzt, die die mir mangelnde Regierungskraft wesentlich und notwendig voraussetzte.

Indes war es nicht meine Regierungsunfähigkeit allein, was das momentane gänzliche Fehlschlagen meiner Versuche und endlich das gänzliche Auflösen meiner bisherigen Anstalten herbeiführte und so viel als notwendig machte; meine Dienstunfähigkeit in der Stelle, in der ich mich jetzt befand, trug ebensoviel dazu bei. Es mangelten mir in allen positiven Wissenschaften im gleichen Grad selber die ersten Anfangskenntnisse und Anfangsfertigkeiten, die zur persönlich guten Bedienung des Hauses, dem ich dienend vorstehen sollte, in irgendeinem Fache derselben notwendig gewesen wären, und ich ließ mich als Führer eines Etablissements anstellen oder vielmehr an die Wand stellen, das nicht anders als durch eine Vereinigung von Männern, die in sehr verschiedenen Wissenschaften tiefe Kenntnisse und ausgezeichnete Unterrichtsfähigkeiten besitzen, in reiner Übereinstimmung ihrer Gesinnungen und Zwecke hätte geführt werden müssen, wenn es auch nur in seinen Anfangspunkten einen guten, soliden Fuß gewinnen und wahrhaft tiefgreifende Wurzel fassen sollte. Ebenso forderte die Natur meines Etablissements, beinahe wie keines anderen, daß seine Führer alle, vom ersten bis zum letzten, ein Herz und eine Seele hätten sein sollen. Ich wußte das wohl, aber ich vermischte in meinem Träumersinne die öde Leerheit eines großen Meinungsvereins mit der Realkraft von Männern, die durch den Besitz aller nötigen Anlagen, Kenntnisse und Fertigkeiten, die das Geschäft, um dessentwillen sie sich vereinigt haben, anspricht, die Mittel einer gesicherten Ausführung desselben zum voraus in sich selbst tragen. Ich war in meiner Stellung so sehr ein Kind, daß ich Luftschlösser, die meine Traumsucht in den Wolken schaffte, als auf ewigen Felsen gebaut, und träumerische Lobreden über die Solidität dieser Schlösser als Beweise ihrer festen Begründung ansah. Ebenso sah ich im ganzen großen Zeitpunkt meiner diesfälligen Verirrungen einige Glückszufälle, die mir wie das große Los in einer Lotterie zufielen, auf eine Weise an oder ließ sie vielmehr nicht nur gebrauchen, als wenn sie für mein Leben gesicherte Ressourcen meiner Unternehmung gewesen wären, ich ließ sie sogar auf eine dieselbe tief untergrabende Weise verschwenden. Selber die grelle Heterogenität, die in den Charakteren des Personals meines Hauses stattfand, erregte im Anfang unserer Vereinigung nicht einmal die fernste Ahnung in mir, daß der Tod meiner Unternehmung früher oder später notwendig aus ihr werde hervorgehen müssen.

Doch, wer sollte es glauben! Das alles ist im Gewicht der Ursachen, welche die Erreichung meiner Hoffnungen in Iferten unmöglich machten, nicht das Allerbedeutendste. Das Allerbedeutendste in den Ursachen ihres unausweichlichen Mißlingens ist unser Unternehmen selber. Wir fingen es an, ehe wir uns auch nur im Traume dessen bewußt waren, was es sein und werden sollte, selber ehe wir wußten, was wir eigentlich wollten. Unser Unternehmen an sich, wie es in Burgdorf entkeimte, in Buchsee[64] sich zu gestalten anfing und in Iferten in abenteuerlicher Unförmlichkeit mit sich selbst kämpfend und sich selbst gegenseitig zerstörend Wurzel zu fassen schien, dieses Unternehmen war an sich in seiner planlosen Entstehung, auch unabhängend von meiner persönlichen Untüchtigkeit, unabhängend von der Heterogenität der Personen, die daran Teil nahmen, unabhängend von dem gegenseitigen Widerspruche der Mittel, durch die wir dasselbe zu erzielen suchten, selber unabhängend von dem Widerspruche, in dem es mit dem Routinegang der Erziehung und mit der Allgewalt des Zeitgeistes in Opposition stand, ein unausführbares Unding. Wenn wir alle unsere Fehler nicht gehabt hätten, wenn alle Umstände, die uns zuwider waren, nicht gewesen wären, ich sage sogar, wenn wir alle Gewalt, alle Geldmittel und alles Vertrauen besessen und uns auch in wissenschaftlicher Hinsicht nichts gemangelt hätte, was uns hierfür nach einzelnenRücksichten notwendig gewesen wäre, so hätte das Unternehmen, wie es in allen seinen Teilen zusammengekrüppelt entkeimen, wachsen, sich erhalten und zur Reifung bringen sollte, dennoch notwendig scheitern müssen. Es war ein babylonischer Turmbau, in welchem ein jeder seine eigene Sprache redete und keiner den anderen verstand.

Unstreitig waren dabei einzelne große Kräfte in unserer Mitte; aber eine Gemeinkraft für unsere Zwecke war nicht da. Es war an keine zu denken. Wenn unsere einzelnen Kräfte auch noch so groß gewesen wären, wir hätten in ihnen und durch sie zu keiner Gemeinkraft des Hauses gelangen können. Die Wahrheit muß auf jedem Blatte der Geschichte unserer Vereinigung beinahe auch dem Blinden in die Augen fallen und spricht sich in den letzten Tagen derselben als eine schrecklich gereifte Frucht der Verirrungen, deren Dasein und deren Wahrheit wir so lange nicht genugsam erkannt haben, aus. Es ist keine Gemeinkraft in der Natur denkbar, die etwas an sich Widernatürliches zur Naturgemäßheit in ihren Mitteln und Wirkungen zu umschaffen vermag, und eine in alle Weltverhältnisse zugleich naturgemäß und befriedigend eingreifende und allen Bedürfnissen des Erziehungswesens in allen Lagen gleich genugtuende, aus einem einzigen Hause und aus einer Verbindung weniger einzelner Menschen hervorgehende Erziehungsmethode ist ein wesentliches Unding[65]. Was der Menschheit in allen Verhältnissen zu dienen geeignet sein soll, muß aus allen Verhältnissen der Menschheit selber hervorgehen. Was auf Millionen Menschen segnend einwirken soll, dessen Kunstbeförderungsmittel müssen aus Resultaten von Kräften, Maßregeln und Mitteln hervorgehen, die zum voraus in gesonderten Abteilungen in und für Millionen genugsam vorbereitet vorliegen und in Übereinstimmung mit ihnen gebraucht und benutzt werden können.

Wenn wir jetzt diese unumstößlichen Fundamente jedes ins Große und Allgemeine der Volksbildung einzugreifen bestimmten Versuchs mit dem wirklichen Zustand unseres Unternehmens in seinem Ursprunge ins Auge fassen, so fällt auf, daß uns von den berührten wesentlichen Bedürfnissen einer solchen Unternehmung so viel als alles mangelte. Wir können uns nicht verhehlen, die naturgemäßen Anknüpfungspunkte des unermeßlichen Guten, das wir suchten, waren in unserer Mitte nirgends da; hingegen die Trennungspunkte und Zerreißungsmittel des wenigen Guten, das wir wirklich besaßen, waren so belebt in unserer Mitte, daß sie wohl nirgends in der Welt auf eine beunruhigendere und sich selber gegenseitig zerstörendere Weise nebeneinander gefunden werden möchten. Indes ist gleich wahr, daß mitten unter allen diesen Umständen, sowohl aus den wesentlichen Fundamenten unserer Bestrebungen als selber aus den Verirrungen und Irrwegen, auf denen wir sie zu erzielen suchten, Reize, Mittel und Resultate hervorgingen, deren die Menschennatur in ihren Kräften allgemein belebender Einfluß an sich selbst geeignet ist, Millionen Menschen in ihren Verhältnissen fähig zu machen, einzelne Teile unserer Bestrebungen und einzelne Resultate unserer Versuche mit gesegnetem Erfolg zu benutzen, die sich in unserer Mitte in ihren Segenskräften nicht naturgemäß und befriedigend entfalten konnten, indem wir widernatürlich, im Großen unvorbereitet und mittellos, erzwingen wollten, was sich nur im Kleinen vorbereiten, durch Zeit und Wartung zum gesunden Wachstum des Einzelnen und durch dieses allmählich zur Reifung und Vollendung des Ganzen erheben läßt. Inzwischen ist das Unternehmen, in dessen tausendfachen Wirbeln ich bis auf die Stunde seiner erreichten Endschaft fortschwimmen mußte, wohin mich die Gewalt des Stroms meines Lebens fortriß, durchaus nicht als das Werk meines Herzens und nicht einmal als das Werk meiner Traumsucht anzusehen. Ich träumte in meinem Leben nie, was ich unter den Umständen und Verhältnissen, an die ich angekettet war, gleich kopflos und zum Teil beinahe auch herzlos mit Händen und Füßen und noch mit etwas mehr mitmachen und mitbefördern mußte. Wahrlich, ich war auf der Galeerenbank meines Institutes selber vielseitig außer mich selbst und außer die Eigenheit der Kräfte und Anlagen, mit denen ich zum Dienst der Menschheit in meinen Umgebungen etwas Wesentliches hätte leisten können, wenigstens in gewissen Epochen, so viel als ganz hinausgeworfen und in meiner Wegwerfung dennoch drückend wider mich selbst mißbraucht.

Das Wesen meiner Bestrebungen und der Mittelpunkt meiner Kraft bestand von jeher in dem in mir auf eine seltene Weise belebten Naturtrieb, den Volksunterricht in seinen wesentlichen Teilen und vorzüglich in seinen Anfangspunkten zu vereinfachen. Diese aber mir selbst eigentümlichen Bestrebungen datieren sich gar nicht von meinem Leben in Burgdorf, sie datieren sich vom ersten jugendlichen Aufschwung der Volks- und Kinderliebe, die, verbunden mit meiner Traumsucht und Ungewandtheit in allem praktischen Tun des Lebens, das Eigentümliche meines Charakters ausmachte, aber auch das Eigentümliche meiner Schicksale durch mein ganzes Leben herbeiführte und herbeiführen mußte. Aber sie waren schon in dieser Zeit so tief belebt und mit einem diesfälligen, psychologisch begründeten und, ich möchte sagen, instinktartig höher strebenden Takt verbunden, daß ich ohne alle Anmaßung mit Bestimmtheit sagen darf: Der hohe, große Gedanke von der Idee der Elementarbildung, den ich in meinen späteren Jahren in seiner psychologischen Tiefe zu erforschen und durch die höchste Vereinfachung seiner Ausführungsmittel den Wohnstuben des Volks näher zu bringen gesucht, diese hohe Idee lag schon tief in meiner Seele entfaltet, als ich ‚Lienhard und Gertrud‘ schrieb. Ich hatte zwar das Wort  „Idee der Elementarbildung“ in diesem Zeitpunkt noch nie ausgesprochen, ich glaube nicht einmal vor meinen Ohren erschallen gehört; aber das höchste Resultat, das diese Idee im Menschengeschlecht auch in den niedersten Verhältnissen hervorzubringen vermag, lag damals schon in einem hohen Grad und mit tiefer Belebung in meiner Individualität. Gertrud ist, wie sie dasteht, ein Naturkind, in dem die Natur die wesentlichen Resultate der Elementarbildung, ohne den Genuß irgendeines ihrer Kunstmittel zu besitzen, in reiner Höhe dargestellt, und dieses bestimmt in der Eigenheit der Gestaltung, in welcher es sich in den niederen Ständen allein wahrhaft auszubilden vermag. Kurz, die Resultate der Idee der Elementarbildung lagen, da ich ihr Bild entwarf, in ihrem inneren Wesen in einem Grad der Vollendung in mir, in dem ich durch alles Nachdenken und alle Erfahrungen meiner diesfälligen Versuche bis heute wesentlich nicht weiter habe kommen können; wohl aber bin ich seither durch den Wirrwarr meiner so vielseitig unnatürlichen und unpsychologischen Erziehungs- und Unterrichtsversuche in mir selbst von dem belebten Gefühl der reinen, hohen Wahrheit dieses Jugendgemäldes der Elementarbildung abgelenkt und in großen, dieser hohen Idee gewaltsam entgegenwirkenden Irrwegen herumgetrieben worden.

Aber alle Umtriebe, die im Chaos dieser Bestrebungen stattfanden und um mich her und mit mir gespielt wurden, haben es mit allen ihren zum Teil herzzerschneidenden Folgen doch nicht vermögen, das Wesen der Anfangsbestrebungen meiner jugendlichen Jahre für die Vereinfachung des ganzen Umfangs der häuslichen Erziehungs- und Unterrichtsmittel, deren Geist ich in diesem Buche so lebendig dargelegt, in mir selber zu verdunkeln, will geschweigen auszulöschen. Ich mußte beim Scheitern der äußeren Erscheinung meiner Anstalt notwendig wieder auf dieses Ursprüngliche meiner Lebensbestrebungen zurückkommen. Es hatte durchaus nichts anderes und nichts Entgegengesetztes in mir ein mich in meinem Innersten tief ergreifendes Interesse erregt. Es konnte es auch nicht, und das um so weniger, da mitten in den Folgen, Verirrungen und Umtrieben der äußeren Erscheinung meiner Lebensbestrebungen sehr viele Resultate derselben den Wert meiner diesfälligen ursprünglichen Ansichten in ein helles und entscheidendes Licht zu setzen geeignet waren.

Es ist nicht nur unwidersprechlich, daß in der langen Dauer unserer elementarischen Bestrebungen in jeder Epoche Zöglinge aus denselben hervorgegangen, die die weitführende Kraft einzelner unserer elementarischen Mittel und Übungen außer allen Zweifel setzten, sondern daß selber die Wirkung dieser einzelnen Übungen auf das Eigentümliche und Spezielle meiner Lebensbestrebungen – auf die Vereinfachung der gewohnten, allgemeinen Unterrichtsmittel und die daraus notwendig entspringende Erhöhung und Verstärkung der Kräfte der Wohnstube – von den darüber urteilsfähigen Eltern unserer Zöglinge so viel als allgemein sowie von Männern, die in Rücksicht auf die naturgemäßen und psychologischen Fundamente allen Erziehungs- und Unterrichtswesens als kompetente Richter angesehen werden müssen, vielseitig und fortdauernd anerkannt worden ist. Genugtuende Belege dieser Ansicht mangeln in keiner Epoche unserer so lange dauernden Bestrebungen. Man frage selbst in Iferten nach, ob es nicht wahr sei, daß in den letzten Zeiten mehrere von den Töchtern, die in der Zahl- und Formlehre nach Schmids Grundsätzen[66] geführt worden, sich zu einem Grad allgemeiner pädagogischer Kraft erhoben haben, die diese Stadt bei aller anderwärtigen Mißkennung unserer Grundsätze und unseres Tuns dennoch dahin gebracht, daß das einstweilige Stillstellen unserer Töchteranstalt allgemeines Bedauern erregte. Man frage in den verschiedenen Verhältnissen, in welche die vorzüglicheren bei uns gebildeten Zöglinge eingetreten, man frage selber in der polytechnischen Schule in Paris nach, wie sich verschiedene derselben darin ausgezeichnet haben. An mehreren Orten Deutschlands, vorzüglich in Preußen, stehen Männer an der Spitze von Erziehungsanstalten, die einen großen Teil ihrer pädagogischen Kraft den elementarischen Bildungsmitteln, die sie bei uns genossen, danken.

Auch ist es eine auffallende Erscheinung, daß zwei durch einen sich in Amerika befindenden Herrn Neef[67] nach diesen Grundsätzen gebildete Zöglinge sich gegenwärtig in Paris in einer vom mathematischen Studio am meisten entfernt scheinenden Wissenschaft, in der Chemie, vorzüglich auszeichnen. Ich füge diesen Tatsachen noch diese einzige bei, daß die neulichen Bemühungen, unsere elementarischen Grundsätze und Mittel durch ein französisches Journal dem Publikum umständlich und vielseitig bekannt zu machen, in Paris und London von Personen, die in Rücksicht auf psychologische und pädagogische Ansichten und Bestrebungen unstreitig als Männer vom ersten Gewicht anerkannt werden müssen, unseren diesfälligen Zwecken auf das Fundament ihnen bekannt gewordener Belege von unseren diesfälligen Erfahrungen und Resultaten einen sehr hohen Grad von Aufmerksamkeit und Beifall geschenkt, und daß sogar Männer von eben diesem Gewicht aus Nordamerika und Brasilien zur Beförderung unserer Ansichten und Bestrebungen in ihrem Lande wirklichen Anteil an unserem Vorhaben genommen und uns dasselbe mit ihrem tätigen Einfluß zu unterstützen bestimmt versprochen. Alle diese, den Wert unserer diesfälligen Bestrebungen erheiternde Tatsachen sind sämtlich im namenlosen Wirrwarr unseres Aufenthalts in Burgdorf und Iferten erzielt worden.

Indes mußte dieser dem Wesen unseres Tuns im Allgemeinen tödliche Wirrwarr einmal sein Ende erreichen; und es ist unter diesen Umständen meine vollkommene Überzeugung, daß das einstweilige Stillstellen meiner Anstalten in Iferten wahrlich als eine glückliche Notwendigkeit, das innere Wesen meiner Bestrebungen auf ein gereinigteres Fundament zu bauen und gar nicht als ein Zeichen ihres Unwerts und der Unmöglichkeit der Erzielung ihrer segensvollen Resultate anzusehen ist. Nein, so wenig als die Natur selbst und ihr auf ewigen Fundamenten gegründeter Gang in der Entfaltung unserer Kräfte zugrunde gehen kann, so wenig kann irgendein Scherflein, das den Gang der Kunst in den Erziehungs- und Unterrichtsmitteln des Menschengeschlechts dem göttlich gegründeten Gange der Natur näher zu bringen, wahrhaft und kraftvoll geeignet ist, wie ein nichtiges Phantom wieder verschwinden, wenn es die Richtigkeit und Wichtigkeit seiner Resultate vor den Augen irgendeiner Zeitwelt, wie diese auch immer beschaffen sein mag, in dem Grad zutage gefördert und als solid und ausführbar dargestellt hat, als dieses bei einigen unserer wesentlichen elementarischen Versuche der Fall ist.