Die Aktualität des pädagogischen Denkens Pestalozzis. Ausgewählte Themenbereiche.
Hermann Potschka
In: Schulmagazin 5 bis 10, 10/1996, S. 59-62.
Innerhalb der Rubrik "Lehrerfortbildung" will Hermann Potschka die Aktualiät des pädagogischen Denkens Pestalozzis an ausgewählten Themenbereichen aufzeigen. Potschka beginnt mit Pestalozzis Aussagen zur Rolle der Mutter, in denen er die Vorwegnahme heutiger Erkenntnisse der Entwicklungspsychologie erkennt. In einem zweiten Themenkreis geht der Autor auf Pestalozzis Aussagen zum Vertrauen als der entscheidenden Grundlage für jedes pädagogische Verhältnis und als Basis jedes erzieherischen Wirkens ein. Der dritte Themenkreis betrifft die menschliche Selbsttätigkeit. Während Pestalozzis frühe Unterrichts- und Methodenkonzeption wegen ihres abstrakt-analytischen Charakters nicht mit dem heutigen Verständnis von kindangemessenem Lernen in Verbindung gebracht werden kann, sind Pestalozzis Aussagen zu Selbsttrieb und Selbsttätigkeit vielfach modifiziert und abgewandelt bis heute in fast alle erfahrungs- und handlungsorientierte Unterrichts- und Lernkonzepte eingegangen. Im vierten Themenkreis beschreibt Potschka Pestalozzis Sicht der Sprache. Zwar erfolgt der unmittelbare Zugang zur Welt über die Anschauung, aber über die Sprache kann der Mensch seine Welterkenntnis über alle Begrenzungen der Anschauung hinaus erweitern, wozu Potschka auf seine umfassende Darstellung zu Bedeutung der Sprache bei Pestalozzi verweist: "Sprache und Bildung bei Johann Heinrich Pestalozzi." (Bad Heilbrunn: Klinkhardt 1984. 264 S.). Der fünfte Themenkreis "Erziehung zur Mitmenschlichkeit" geht von den "Nachforschungen" aus und legt die drei existentiellen Zustandsformen des Menschseins, den Naturzustand, den gesellschaftlichen Zustand und den sittlichen Zustand der Argumentation zugrunde. Pädagogisches Leitziel muß dabei die Hinführung des Menschen zur sittlichen Selbstbestimmung sein. Diese Selbstbestimmung darf sich aber nicht in einem egoistisch-emanzipatorischen Akt erschöpfen, sondern muß bedeuten, das eigene Ich in die Verantwortung für die Mitwelt einzubringen. Dieser "Geist" der Mitmenschlichkeit ist dann entscheidend für die Konstituierung eines politischen Bewußtseins und muß zur Grundlage eines auf Rechtlichkeit und Gesetzlichkeit bauenden humanen Staates werden.
Potschka belegt seine Aussagen mit Zitaten Pestalozzis, gibt aber nur eine bescheidene Literaturliste und setzt sich nicht mit neueren kritischen Rezeptionspositionen auseinander.