Pestalozzi schreibt einen Roman : Familienrat in Bonnal
Paul Rom
In: Zeitschrift für Individualpsychologie, 5. Jg., S. 92-98
SW: Familienrat ; Lienhard und Gertrud ; Individualpsychologie
Zwei Jahrzehnte nach Rousseaus "Emile" veröffentlichte Pestalozzi "Lienhard und Gertrud". Er wollte dem "Volk ... wichtige Wahrheiten auf eine Art ... sagen, die ihm in den Kopf und ans Herz gehen sollte" (S. 92). Das Buch stellt auch "wertvolle Möglichkeiten der Familienerziehung dar" (S. 92).
Die Familie von Lienhard und seiner Frau Gertrud wird beschrieben. Mit Hilfe des Junkers Arner gelingt es Gertrud ihren Mann vom Trinken zu befreien.
Gertrud "verwandelt das gemeinsame Gebet mit den Kindern am Samstag Abend in einen wirklich erzieherischen Vorgang, ..."(S. 92). Heute würde man "Familienrat", "Begegnung", "Gespräch" oder "Bewußtseinserweiterung" dazu sagen (vgl. S. 92). Die Mutter ermahnt die Kinder, die Armen nicht zu vergessen und ihnen etwas abzugeben. Der Dialog wird wiedergegeben. Die Mutter fragt die Kinder, wem sie etwas geben können. Es wird beschrieben, wie die Kinder auf verschiedene Arten jeweils einem anderen Kind etwas abgeben. Nach Ansicht des Autors gelingt es Pestalozzi, Lebenshaltung und Lebenstil der Kinder anhand einfacher Gespräche deutlich zu machen.(S. 95).
Der Autor zitiert Dialoge aus "Lienhard und Gertrud". Er schreibt aus individaulpsychologischer Sicht und bezeichnet Pestalozzi als "genialen Menschenkenner" (S. 97).
Der Autor beschreibt wie Adler (der Begründer der Individualpsychologie) "den Grundsatz und die Bedeutung des demokratischen ‘Familienrats’ vermittelt" (S. 97). Er hielt die gemeinsamen Mahlzeiten innerhalb der Familie für sehr wichtig, um Familienrat zu halten. Der Autor nennt Rolf Dreikurs und Vicki Stolz, die das Buch "Kinder fordern uns heraus" verfaßt haben. Er beschreibt, wie die Dreikurs-Anhänger den Familienrat definieren. Auch bei Krisen könne der Familienrat nützlich sein. Es gebe eine Tradition des Familienrates von Pestalozzi über Adler und Dreikurs bis zur heutigen Zeit.
Der Artikel enhält Literatur und Anmerkungen.
(FR)