Johannes Ramsauer und Pestalozzi
Helene Ramsauer
In: Oldenburger Jahrbuch, Bd. 83 (1983) 49-86
SW: Ramsauer, Johannnes (1780-1848)
Helene Ramsauer beschreibt das Leben Johannes Ramsauers (1780-1848) und zeigt seine Beziehung zu Pestalozzi. Er wanderte am 4.Februar 1800 aus der Ostschweiz (Herisau) aus zusammen mit anderen Kindern, die wegen Teuerung und Arbeitslosigkeit auswanderten. Er kam nach Oberburg südlich von Burgdorf. Dort wurde er von Frau von Werth aufgenommen, die ihn in die Schule zu Pestalozzi nach Burgdorf schickte. (Ramsauer gehörte zu den ersten Internatsschülern im neueröffneten Institut im Schloß Burgdorf.) „Seinen Aufenthalt im Institut in Burgdorf (1800-1804) schildert er unter Angabe der Stufen, die er dort durchlief: als Schüler, als Tischdecker, als Unterlehrer.(Da er unentgeltlich aufgenommen wurde, mußte er Dienste leisten...)“(S. 50). Er war von Pestalozzi beeindruckt. Er genoß keinen zusammenhängenden Unterricht, lernte aber als früher Autodidakt. Er wurde früh „Unterlehrer“. Trotz der frühen Belastung genoß er das Leben im Institut. Er wurde dann nach Yverdon mitgenommen. Dort vermerkt er ein hektisches Treiben. „Der frühere Charakter eines Familienleben sei dahin gewesen.“ (S. 52)- Ramsauer spätere Reflexion aus dem Jahr 1838 „die Erkenntnis, ‘daß der Mensch aus sich selbst nicht sei, daß er alles allein Gott zu danken habe’, habe damals gefehlt“ (S.52). Er tadelt leeres Moralisieren an Pestalozzis Religionsunterricht. „Ramsauer mißversteht hier Pestalozzi, der mit seiner später als „Elementarbildung“ bezeichneten „Methode“ die Entfaltung aller im Kinde wachsenden guten Anlagen entwickelt sehen wollte und nun mit seiner Schar junger Lehrer und Eleven jedem die Freiheit ließ, seine eigenen Fähigkeiten methodisch zu entwickeln, und für einzelne Fächer dadurch hervorragende Didaktiker schuf.“ (S.52). „Ramsauer erwähnt die preußischen Eleven in seiner ‘kurzen Skizze’ nicht, wohl aber in den ‘Memorabilien’ von 1846 ...“ (S.52). Ramsauer stellt fest, daß Pestalozzis Ideen in Deutschland angesehener waren als in der Schweiz. (Die preußischen Eleven kamen als Hörer nach Yverdon, und wetteiferten mit den schon dort Arbeitenden.) Ramsauer freundete sich mit vielen Eleven an. „Von der bekannten ‘Tagsatzungskommission’, der fünftägigen Prüfung in Yverdon im November 1809 ... erwähnt Ramsauer in den zwei kleinen Memoirenbändchen nichts...“ (S.54). Er hatte zu viel zu tun. Im Dezember 1814 stellte Niederer eine Liste auf, in der er Ramsauer charakterisiert. Er sei „sittlicher Tatkraft empfänglich“. Pestalozzi arbeitete unentwegt, um seine Methode verständlich und einsichtig zu machen. Ramsauer hielt ihn für weltfremd, übersah aber seinen politischen Weitblick. Bei dem Lehrerstreit zwischen Schmid und Niederer war Ramsauer auf Niederers Seite. Er suchte dann aber eine Arbeitsstelle. 1816 ging er nach Würzburg. Dort wollte man unter Fritz Kapp eine Institutsgründung in Pestalozzis Sinne versuchen. In Würzburg hatte er 22 Zöglinge. Er fühlte sich in Würzburg heiterer und freier, aber er sorgte sich wegen des Streits um Pestalozzis Institut. Er unterhielt einen lebhaften Briefwechsel mit Niederer. Die Schüler wollte er zum Aufpassen, Denken und Selbständig-Wollen führen. Später nahm er die von der Württemberger Königin angebotene Stellung in Stuttgart an. In Stuttgart war er von 1817 bis 1819. Er hatte dort eine doppelte Aufgabe: Vorsteher und Lehrer einer Elementarschule zu sein und als Lehrer der Prinzen Alexander und Peter von Oldenburg zu fungieren.1818 wurde er von der Königin an das Katharinenstift berufen. In einem Brief an Pestalozzi berichtet er von acht neuen Subskribenten für Pestalozzis Gesamtwerke. 1818 wird auch sein erstes Kind Carl geboren. Pestalozzi und Egger werden Paten. „In Ramsauers Tagebuch findet sich eine vorzügliche Darstellung der Pestalozzi-Methode ...“(S. 62). Nach dem plötzlichen Tod der Königin unterrichtet er zunächst weiterhin die Prinzen und kümmert sich auch in seiner Freizeit um sie. 1820 gingen die beiden Prinzen nach Oldenburg zu ihrem Großvater. Ramsauer wurde als Lehrer übernommen. Von 1820 bis 1848 lebte er nun in Oldenburg. (Er war allerdings nicht der erste Pestalozzischüler, der nach Oldenburg gelangte. Fünfzehn Jahre vor ihm war Wilhelm von Türk nach Oldenburg gekommen. (Vgl. S. 64). Neben der Unterrichtstätigkeit gründete er eine kleine Privatschule. „Die beiden Prinzen blieben bis 1829 seine Schüler.“ Später unterrichtete er andere Fürstenkinder. Der Kontakt mit der Schweiz blieb gewahrt. „1826 reiste Ramsauer über Holland den Rhein aufwärts in die Schweiz und sah mit Wehmut Yverdon, das ihm verödet vorkam“ (S. 65). Er wünschte, daß Pestalozzi sein Buch „meine Lebensgeschichte“ nie geschrieben hätte. In Ramsauers Randnotizen sieht man, daß er meistens anderer Meinung war. Während der Zeit in Oldenburg „hatte Ramsauer am meisten Kontakt mit Karl Justus Blochmann, der in Dresden ein bekanntes Institut ausbaute.“ (S. 75). Die Autorin beschreibt den Briefwechsel, in dem es unter anderem um ehemalige Schüler und Lehrer aus Yverdon, um Raumsauers Buch „Formen-, Maß- und Körperlehre“ um Pestalozzis Christlichkeit und um Ramsauers „Buch der Mütter“ geht.
In einem Anhang sind „Handschriftliche Quellendokumente“ und „gedruckte Literatur“ verzeichnet.
(FR)