Ja und Nein : Pestalozzis Stellung zur Französischen Revolution
Jürgen Oelkers
In: Zeitschrift für Pädagogik / Beihefte. - Weinheim. - 24 (1990), S. 243-254
ISBN 3-407-41124-3
SW: Ja oder Nein? ; Französische Revolution
„Was ein zeitgenössischer Beobachter die leitenden Ideen der Revolution nannte ... traf auf Pestalozzi nur scheinbar zu." (S. 243). Pestalozzi habe unter helvetischen Voraussetzungen geschrieben. Pestalozzi argumentiere in „Ja oder Nein?", daß die Revolution unvermeidbar war. Die zentrale Frage sei „wie die gesetzliche Freiheit des Volkes vor jedem denkbaren Mißbrauch vor Herrschaft geschützt werden kann" (S. 245). Nach Oelkers’ Meinung ist Pestalozzi ein gläubger Moralist, kein Revolutionär. Pestalozzi hält den Menschen nicht für nur gut, er hat die Idee des „verdorbenen Naturmenschen" (S. 246). „In der Revolutionsphilosophie dominiert eine ganz andere, optimistische Anthropologie ..."(S. 246). Der Erneuerungsanspruch der Revolution sei ein radikal moralischer. „Den Terror oder ‘Machiavellismus’ ... hatte Pestalozzi vor Augen, als er in „Ja oder Nein?" seine Stellungnahme zur Revolution formulierte." (S. 248). Er stimmte der Philosophie der Revolution nicht zu. Dennoch habe er Revolutionsliteratur verfaßt und sich politisch engagiert. Zum Beispiel schrieb er die Schriften zur Stäfner Volksbewegung und Kommentare zur helvetischen Republik. „Anders als Robespierre oder Marat hatte Pestalozzi immer Abstand zum Geschehen". (S. 249). Er war nur Beobachter. Pestalozzi meinte: „Der Mensch ist von Natur aus weder frei noch gut, er ist darum auch nicht unbegrenzt erziehbar" (S. 250). „Sittlichkeit ist keine einfache Funktion der guten Natur oder der gerechten Gesellschaft." (S.250). Nach Pestalozzi kann die Tugend „nur individuell und immer nur gegen die Natur und die Gesellschaft erworben werden" (S. 250). „Pestalozzi widerspricht der Vorstellung, Natur und Gesellschaft, verstanden als Zustände, seinen „gut" oder „gut" zu machen." (S. 251). „Darum ist das letzte Wort Pestalozzis zur Revolution ein pädagogisches: Die ‘Kunst der Elementarbildung’, so heißt es im ‘Schwanengesang’ von 1825, entfaltet die menschlichen Kräfte auch unter den verschiedensten Umständen, unter denen sich das Kind befindet, nach ewigen, unveränderlichen Gesetzen ..." (S. 252).
Der Artikel enthält zahlreiche Literaturangaben.
(FR)