Die Liberalen und die Bildungsfrage : Schulreform, Universität, Polytechnikum

Gordon A. Craig

In: Craig, Gordon A.: Geld und Geist : Zürich im Zeitalter des Liberalismus (5. Kapitel) S. 127 - 154
SW: Liberale; Schulreform; Zürich

Das Kapitel handelt nur zum Teil von Pestalozzi. Insgesamt geht es um die Schulreform der Liberalen. Es wird über die preußische Reformbewegung berichtet, deren eine Wurzel außer der Kantschen Ethik Pestalozzis Erziehungslehre war. Schon vor der preußischen Reform gab es in der Schweiz eine pädagogische Reformbewegung. Während der Helvetischen Republik "war die Wiederbelebung der schulischen Einrichtungen eines ihrer am energischsten verfolgten Vorhaben." (S. 129). "Die meisten der Ideen, die die Zürcher Liberalen in den Jahren nach 1830 verwirklichten, wurden während der nur fünfjährigen Lebensspanne der Helvetischen Republik formuliert." (S. 129). Die treibende Kraft hierbei war Philipp Albrecht Stapfer. Er war Minister für Kunst und Wissenschaft und war von Kant beeinflußt. Stapfer träumte von einem landesweit einheitlichen Bildungssystem und machte Pläne dafür. "Sämtliche bestehenden weiterführenden Schulen sollten nach und nach zu einheitlich gestalteten Vorbereitungsschulen für eine zu errichtende Nationaluniversität umgewandelt werden ..." (S. 129). Es wird berichtet, daß Stapfer eine Bestandsaufnahme der Elementarschulen durchführte. Stapfer war ein überzeugter Anhänger Pestalozzis. Er sorgte dafür, daß dieser zum Rektor der Kriegswaisenschule in Stans berufen wurde. Schon im 4. Teil von "Lienhard und Gertrud" (1787) hatte Pestalozzi den folgenden beiden Vorurteilen den Kampf angesagt: "der Vorstellung, die breite Masse sei zu höherer intellektueller Entwicklung unfähig, und der ... Behauptung, eine verbesserte Volksbildung werde lediglich die Autorität der Regierung und die gesellschaftliche Ordnung untergraben." (S. 130). In Stans und später in Burgdorf formulierte Pestalozzi die pädagogischen Grundsätze, die ihm europaweiten Ruhm bescherten und für das Schul- und Unterrichtswesen grundlegende Bedeutung gewinnen sollten. Pestalozzi war dagegen, Kindern Lernwissen mechanisch einzupauken. Der Unterricht sollte dagegen die Individualität des einzelnen Kindes berücksichtigen. Der Geldmangel und die kurze Lebensdauer der Helvetischen Republik verhinderten, daß die Ideen Stapfers und Pestalozzis auf breiter Front in die Praxis umgesetzt wurden. Allerdings überlebte die Einrichtung der Schulinspektoren, die Stapfer eingesetzt hatte. Er hatte mitgeholfen, in der Schweiz eine liberale bildungspolitische Tradition zu begründen. In der Zeit nach 1830 wurde das Volksschulwesen verbessert. Dem 1831 konstituierten Erziehungsrat gehörten J. J. Dändiker und H. Georg Nägeli an. Durch ihre Beziehung zu Pestalozzi wurde auch diese Reform indirekt von ihm beeinflußt.

Im Anhang des Buches steht ein Verzeichnis der im Text zitierten Bücher und Aufsätze.

(FR)