Die hermeneutische Bedeutung der Sinne in der Pädagogik
Helmut Danner
In: Bildung und Erziehung 41 (1988), 3, S. 305-316
SW: Sinne
Summary: Human senses and experience as well as language are related to each other by interdependence. Therefore, senses have an important meaning for understanding. This is true only when the senses are not understood in a scientific way but as ‘modi’ opening different ‘worlds’ to the human being. For Pestalozzi, education has to start with sensitive experience; this has to be structured and interpreted by language; but for the child that will only happen through the educational love of an adult. (Dieser Abstract wurde aus dem Artikel übernommen.)
Übersetzung (von F. Rathgeb):Die menschlichen Sinne und die menschliche Erfahrung sowie die Sprache sind voneinander abhängig. Deshalb haben die Sinne eine wichtige Bedeutung für das Verstehen. Das ist nur wahr wenn die Sinne nicht wissenschaftlich verstanden werden, sondern als „Modi“, die dem Menschen verschiedene „Welten“ öffnen. Für Pestalozzi muß Erziehung mit sinnlicher Erfahrung beginnen; diese muß durch Sprache strukturiert und interpretiert werden; doch für das Kind geschieht es nur durch die Erziehung eines Erwachsenen.
Inhalt: Der hermeneutische Kontext der SinneAbgrenzung zur naturwissenschaftlichen Betrachtungsweise der Sinne
Ein Beispiel: Interpretation von Tonscherben Das Zusammenspiel von Sinnen und Erfahrung und die Rolle der Sinne im Verstehen
Die Bedeutung der Sinne im Bildungsprozeß nach Pestalozzi
Der Zusammenhang von sinnlicher Erfahrung, Sprache und Liebe
Der Ausgang bei den Sinnen
Die Leistung der Sprache
Die existentielle Vermittlung von Sinneserfahrung und Sprache durch den engagierten Erwachsenen
Zusammenfassung "Die hermeneutische Bedeutung der Sinne in der Pädagogik zeigt sich dann deutlich, wenn wir mit Pestalozzi "Pädagogik" in ihrer Substanz zu verstehen suchen, nämlich den Bildungsvorgang in konkreter Situation. Für den konkreten Bildungsprozeß nennt Pestalozzi drei Bedingungen: Sinne, Sprache und existentielles Engagement. Das Tonscherben-Beispiel zeigt, wie im Wechselspiel zwischen Sinnen und Erfahrung (bzw. Sprache i.w.S.) Sinn verstehbar wird. Auch bei Pestalozzi ging es um das Verhältnis von Sinnen und Sprache: Die "tierischen" Sinne werden durch Sprache "vermenschlicht"’; Sprache ist durch Sinnlichkeit ("Anschauungskraft") fundiert. Damit geschieht aber nach Pestalozzi noch nicht "Bildung". Diese ist kein allein kognitiver Akt. Vielmehr ist Bildung auf das existentielle Engagement der erzieherischen Vermittlungsperson und auf deren sinnliche Präsenz angewiesen.
(FR)