Liebe und ihre Bedeutung für die Erziehung in der Pädagogik Johann Heinrich Pestalozzis und Janusz Korczaks
Sigrid Tschöpe-Scheffler
Frankfurt am Main : Haag und Herchen, 1990 : VII, 312 S.
Tschöpe-Scheffler beschäftigt sich in ihrem Buch mit erziehungstheoretischen und -praktischen Fragen im Leben und Werk von J. H. Pestalozzi und Janusz Korczak, also zwei der bedeutendsten Pädagogen der Neuzeit. Zur Beantwortung verschiedener Fragen zieht sie sowohl das umfangreiche Werk Pestalozzis und Korczaks als auch viele bisher in deutscher Sprache unveröffentlichte polnische Texte Korczaks heran. Dabei handelt es sich um Fragen wie: "Entspricht die Haltung der "sehenden Liebe" bei Pestalozzi den Inhalten einer "Pädagogik der Achtung" bei Korczak? Welche Bedeutung haben Liebe beziehungsweise Liebesmangel für den Erziehungsprozeß? Wodurch erweist sich "sehende Liebe"? Gibt es Verhaltensweisen der Annäherung an die Liebe, die pädagogisch-methodisch einsetzbar sind? Ist die "Achtung" als Haltung dem Kind gegenüber eine Vorbestimmung für das "Ereignis der Liebe" - oder impliziert die richtig verstandene Liebe die Achtung?"
Inhaltliche Schwerpunkte legt Tschöpe-Scheffler in ihrem Buch erstens auf die "Darstellung der Entwicklung des Liebesverständnisses bei J. H. Pestalozzi: von der "unschuldigen Liebe" über das Verständnis von "Sittlichkeit statt Liebe" zur "sehenden Liebe" und zweitens auf die Überleitung zu Korczaks Verständnis von Achtung und Liebe.
Im ersten Teil (Liebe im Anschluß an anthropologische und pädagogische Schriften Johann Heinrich Pestalozzis) stellt die Autorin anthropologische und pädagogische Grundlagen aus Pestalozzis Lebenswerk nach Lebensperioden geordnet ausführlich dar. Sie weist dabei nach, daß der individuelle Entwicklungsprozeß Pestalozzis sein sich wandelndes Verständnis von Liebe beeinflußte und im Zielpunkt einer "sehenden Liebe" mündete, die den Schlüsselbegriff in seiner Pädagogik darstellt.
Im zweiten Teil (Liebe und Achtung im pädagogischen Werk Janusz Korczaks) stellt Tschöpe-Scheffler eben diesen Schlüsselbegriff dem Korczakschen Verständnis von Liebe und Achtung gegenüber. Sie zeigt hierbei auf, daß sich Korczaks Liebesverständnis aus einer dialogischen Haltung zum Leben, zu Gott und zum Mitmenschen entwickelte.
"Die große Leistung der Arbeit liegt in dem überzeugenden Nachweis, daß sich die beiden Pädagogen Pestalozzi und Korczak in der Einschätzung von Liebe im intentionalen Erziehungsprozeß wesentlich unterscheiden und daß trotz der großen existentiellen und psychologischen Bedeutung von erfahrbarer Liebe diese nicht als "pädagogische" Liebe planmäßig eingesetzt und damit methodisiert werden kann; daß statt dessen mit Korczak ein "Recht des Kindes auf Achtung" anerkannt und als wesentliches Bestimmungsmoment für das pädagogische Verhältnis vom Erzieher Achtung gegenüber jedem Kind gefordert werden muß".
Am Ende des Buches hat Tschöpe-Scheffler eine lange Liste Primär- und Sekundärliteratur zu den jeweiligen Teilen sowie eine Liste der allgemeinen Literatur zusammengestellt.
Biographische Angaben zur Autorin:
Sigrid Tschöpe-Scheffler wurde 1951 geboren. Sie ist Sozialpädagogin (FH) und Diplom-Pädagogin und war und ist zum Teil auch noch immer in verschiedenen Bereichen der Kinder-, Jugend- und Erwachsenenarbeit tätig. Außerdem übt sie eine Tätigkeit als Dozentin für Pädagogik und Psychologie an einer Berufsfachschule in Düsseldorf aus und referiert auf Fortbildungsveranstaltungen für Erzieherinnen.
(SH)